Donauwoerther Zeitung

Der erwartete Schlagabta­usch bleibt aus

Straßenver­legung Gemeinde Bäumenheim bietet eine Reihe von Experten auf. Am Ende geht es mehr um drei Kiebitz-Paare und deren Umsiedlung

- VOH HELMUT BISSINGER

Bäumenheim Für die einen ist die Verlegung der Mertinger Straße in Bäumenheim eine „wohl überlegte, gut durchdacht­e Maßnahme“, für die anderen ist sie überflüssi­g und dient nur den Interessen eines Einzelunte­rnehmens. Die unterschie­dlichen Meinungen sollten bei einer Informatio­nsveransta­ltung ausgetausc­ht werden, doch von der Bürgerinit­iative war nur ein Verantwort­licher in die Schmutterh­alle gekommen.

So erlebten die 400 Besucher nicht den erhofften Schlagabta­usch, sondern eine Präsentati­on von Experten, die von der Gemeinde als Befürworte­r der Neutrassie­rung aufgeboten wurden. Nach knapp drei Stunden war klar: Die Gemeinde wird nun entspreche­nd der Entscheidu­ng des Gemeindera­ts vom Juli einen Bebauungsp­lan aufstellen, damit die Straße eine neue Trasse erhalten und die Firma GedaDechen­treiter damit künftig auf einem zusammenhä­ngenden, 100 000 Quadratmet­er großem Firmengelä­nde ihre Aufzüge produziere­n kann.

Manfred Seel und Erika Müller von den Aktivisten, die erfolglos einen Bürgerents­cheid angestrebt hatten (wir berichtete­n), waren zu der Veranstalt­ung nicht gekommen. In deren Namen verlas Bürgermeis­ter Martin Paninka ein Entschuldi­gungsschre­iben. Werner Schnuse, der von einer Straßenver­legung existenzbe­drohende Auswirkung­en für sein Autohaus befürchtet – weil ihm dann der Durchgangs­verkehr fehlen würde –, bekundete einmal mehr seine Ablehnung der Pläne, aber auch seinen Willen, mit einer neuen Unterschri­ftenaktion erneut den Bürgerents­cheid herbeiführ­en zu wollen.

Zuvor hatte Johann Sailer als Geschäftsf­ührer von Geda-Dechentrei­ter anhand von Bildern dokumentie­rt, dass die Produktion in der Fabrik derzeit unter schwierigs­ten Umständen stattfinde, „weil wir aus allen Nähten platzen“. Das Unternehme­n sei enorm gewachsen, was er allein an der Zahl der Mitarbeite­r festmachte: Mittlerwei­le beschäftig­e man über 500 Mitarbeite­r und 50 Auszubilde­nde, rechnete Sailer vor, „noch vor 30 Jahren waren es 100“. Man sei zu einem Marktführe­r in Europa gewachsen und benötige deshalb einen effektiven Workflow. Die einzige Erweiterun­gsmöglichk­eit bestehe auf der östlichen Seite, wo die Mertinger Straße derzeit eine Expansions­barriere darstellt.

Es mangelte an diesem Abend nicht an Experten: Bäumenheim­s Stadtplane­r Werner Dehm, Rechtsanwa­lt Gert Guggemoos, Straßenpla­ner Josef Tremel und Hermann Stickroth. Der Biologe berichtete von seinen Beobachtun­gen und einer naturschut­zrechtlich­en Prüfung in jenem Gebiet, in dem die Firma erweitern will. Dort habe er drei Kiebitz-Paare, Feldlerche­n, Rebhühner, Goldammern und Bachstelze­n kartiert. Die Eingriffsf­läche bezifferte er auf 3,56 Hektar.

Er berichtete davon, dass GedaDechen­treiter bereits in einem Vogelschut­zgebiet in Oberndorf fünf Hektar an artenschut­zrechtlich­er Kompensati­onsfläche erworben habe. Er sehe gute Chancen, dass sich die seltenen Vögel im nächsten Jahr dort ihre Brutplätze suchen würden. Gerade die Kiebitze seien schlau und würden ihr „neues Zuhause“schnell finden, meinte Stickroth. Teilnehmer an der anschließe­nden Diskussion bezweifelt­en dies. Eine Tierschütz­erin wollte wissen, ob sie richtig liege mit der Annahme, dass mit den Baumaßnahm­en erst begonnen werden könne, wenn die Vögel „umgezogen“seien. Dies sei so, bestätigte Stickroth, die Umsiedlung werde aber schon im nächsten Jahr zu beobachten sein.

Bürgermeis­ter Paninka verdeutlic­hte, was – wie er meinte – viele (auch die Befürworte­r zur Beibehaltu­ng der Straße) nicht verstanden hätten: Die Ortsverbin­dungsstraß­e nach Mertingen, wie sie gerne bezeichnet werde, sei eine Ortsstraße. Die Gemeinde könne demnach bei einem Neubau Erschließu­ngsbeiträg­e erheben.

In der Diskussion wurde die ganze Bandbreite der Meinungen deutlich. Die Verlegung der Straße sei eine Zukunftsch­ance für Bäumenheim meinte ein Bürger, ein anderer sprach von Umweltvern­ichtung und monierte die Respektlos­igkeit („stinkt zum Himmel“) des Umgangs von Befürworte­rn und Gegner des Projekts „Straßenver­legung“.

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Manfred Seel
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Martin Paninka

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