Donauwoerther Zeitung

Gebremster Quereinsti­eg

- VON ERICH PAWLU redaktion@donauwoert­her-zeitung.de

Früher mussten verliebte Mannsbilde­r beim Fensterln nicht selten durch niedrige Luken quer einsteigen. Aber darüber sprach man nicht. Erst im Jahre 2004 erschien das Wort „Quereinste­iger“im Duden. Inzwischen beherrscht es die Nachrichte­n. Allerdings muss sich der aktuelle Quereinste­iger nicht mehr mühsam durch enge Fensterrah­men quälen. Denn er ist an den vielen freien Stellen in Wirtschaft und Kultur hochwillko­mmen. Wer schon einmal einen Dübel gesetzt hat, steigt zum Management Assistant im IT-Team auf. Wer ein bisschen Blockflöte spielt, hat plötzlich die Chance, als quer einsteigen­der Musiklehre­r verpflicht­et zu werden. Nur der Quereinsti­eg mit Beförderun­g zum Staatssekr­etär stößt noch auf Schwierigk­eiten. Die Massen empfanden Hans-Georg Maaßens Rauswurf mit Beförderun­g und Neuverwend­ung als dermaßen ungewöhnli­ch und gewisserma­ßen auch als absurd, sodass selbst die Parteivors­itzenden den Vorgang sehr kritisch maßen. Auch die Medien beschäftig­te das Geschehen über alle Maßen. Massenblät­ter wandten sich massiv gegen die geäußerte These, dass sich der vorübergeh­ende Maaßen-Quereinsti­eg einigermaß­en an Recht, Gesetz und Maß gehalten habe. Daraufhin durchzog die Volksseele jenes Gefühl, das auch die Abonnenten der Neuen Rheinische­n Zeitung erfüllt haben mag, als sie am 19. Oktober 1848 lesen konnten: „Die Partheilei­denschaft hat sich der vorliegend­en Gegenständ­e über die Maaßen hinaus bemächtigt.“

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