Weit mehr als nur Herd und Stall
Die Landfrauen im Donau-Ries-Kreis feiern am Sonntag 70-jähriges Bestehen ihres Zusammenschlusses. Warum sie modern sind und bei aktuellen Themen mitreden können
Landkreis Den Begriff der „Landfrau“verbindet mancher mit den Worten „Bäuerin“, „Herd“oder „Stall“, doch die Landfrauen im Bayerischen Bauernverband sind viel mehr als nur Hauswirtschafterinnen vom Land. Klar, dass vor 70 Jahren die Hauswirtschaft als Mittelpunkt der Arbeit der Landfrau zu sehen war, doch diese hat im Laufe der Zeit einen großen Wandel erlebt. Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs trafen sich Bäuerinnen, um die „Versorgung der bayerischen Bevölkerung mit Nahrungsmitteln sicherzustellen“, für die Erziehung der Kinder und um für deren Ausbildung zu sorgen.
Später, in den 50er- und 60erJahren, erleichterten Vollwaschautomaten und Küchenmaschinen die Arbeit. Dennoch war den Landfrauen die hauswirtschaftliche Berufsbildung immer ein Anliegen und sie setzten sich in den frühen 80er-Jahren für eine „Qualifizierung von Bäuerinnen“ein. Mit dem Landwirtschaftsministerium erzielten sie „ein Angebot zur Umschulung zur Bäuerin“. Zum 50. Jubiläum rief die damalige Landesbäuerin Hannelore Siegel die bayernweite Landfrauenaktion „Kindertag auf bayerischen Bauernhöfen“ins Leben, die noch heute alle zwei Jahre stattfindet. Durch eine Unterschriftenaktion für ein Unterrichtsfach „Alltagskompetenz und Lebensökonomie“in den 90ern erreichten die Frauen, dass diese Thematik verpflichtender Unterrichtsgegenstand für alle Schularten wurde.
Zu den aktuellen Themen gehört auch die Aktion „Landfrauen machen Schule“. Das Projekt, welches von der EU gefördert wird, garantiert den Kindern von der ersten bis zur vierten Klasse erlebnisorientiertes Lernen. Sie erfahren in der Schule, wie wichtig regionale, heimische Lebensmittel sind, und dürfen anschließend auf einen Bauernhof, um die Theorie in der Praxis zu erleben. Der Schwerpunkt kann zwischen sechs Themen ausgewählt werden: Fleisch, Milch(-produkte), Eier, Getreide, Obst und Gemüse.
„Uns ist es wichtig, den Kindern zu zeigen, dass es den Tieren gut geht“, sagt Susanne Löfflad aus Megesheim, stellvertretende Kreisbäuerin. Die fünfte Klasse der Realschule Maria Stern hatte sich den Hof der Landfrau angesehen und viele Fragen gestellt. „Sie waren alle sehr interessiert. Das Highlight war natürlich der Schweinestall. Die Schüler hatten alle strahlende Augen und wir freuen uns, ihnen etwas beigebracht zu haben.“Des Weiteren gibt es den „Tag der Aktivbäuerin“, zu dem sich die Landfrauen über bestimmte Themen, wie beispielsweise „Gefahren im Internet“, austauschen; den Landfrauentag; die „Gesundheitsthemen der Landfrauen“; eine Bildungsfahrt; den „Tag des offenen Hofes“; den Donau-Rieser Bauerntag; den Landfrauenchor und den Politikerfrühschoppen, zusammen mit dem Bayerischen Bauernverband.
Außerdem engagieren sich die Landfrauen im „Bäuerlichen Hilfsdienst“, einem Projekt des Bauernverbandes, der unbürokratisch Familien unterstützt, die in Not geraten sind. Die finanzielle Hilfe kommt durch Spenden und Aktionen wie Kuchenverkauf zustande. Auch sind einige der Frauen nach Kenia gereist. „Welt ohne Hunger“nennt sich diese Hilfe zur Selbsthilfe. „Dort wurde eine Frauenvertretung gegründet, was nicht ganz einfach war“, erzählt Susanne Löfflad. „Es war nicht die Regel, dass Frauen selbst etwas zu sagen haben, sondern ein Wunsch wurde dem Mann vorgetragen, der das Problem in einer Versammlung angesprochen hat. Dass die Frau selbst entscheiden kann und darf, war vielen der Kenianerinnen neu.“Das KeniaProjekt ist auch Thema der Festansprache von Christine Singer, der stellvertretenden Landesbäuerin am Jubiläumstag.
Wie wird man eigentlich Landfrau? „Die Liebe zur Berufung“, schwärmt Löfflad. „Vor 20 Jahren habe ich meinen Mann kennengelernt, der bereits im Bayerischen Bauernverband war. Wir haben einen kleinen, landwirtschaftlichen Betrieb und gehen auf die diversen Veranstaltungen. Man muss sich schon dazu berufen fühlen, Landfrau zu sein.“Insgesamt gibt es 123 Ortsverbände und mit über 6700 ehrenamtlich engagierten Frauen gehört der Frauenverband zu den größten in Bayern. Was Susanne Löfflad an den Landfrauen liebt? „Es ist immer wieder toll, starke Frauen kennenzulernen, etwas zu bewegen, und wir sind einfach ein super Team!“
OInfo
Die Veranstaltung „70 Jahre BBVLandfrauen“, zusammen mit einem Erntedankfest, findet am Sonntag, 7. Oktober, um 19 Uhr in Wemding statt, beginnend mit einer ökumenischen Andacht zum Erntedankfest in der Wallfahrtskirche Maria Brünnlein, und anschließend im Gasthaus Zur Wallfahrt. Musikalisch umrahmt wird der Abend durch den Landfrauenchor.