Donauwoerther Zeitung

Weit mehr als nur Herd und Stall

Die Landfrauen im Donau-Ries-Kreis feiern am Sonntag 70-jähriges Bestehen ihres Zusammensc­hlusses. Warum sie modern sind und bei aktuellen Themen mitreden können

- VON DANIELA GRAF

Landkreis Den Begriff der „Landfrau“verbindet mancher mit den Worten „Bäuerin“, „Herd“oder „Stall“, doch die Landfrauen im Bayerische­n Bauernverb­and sind viel mehr als nur Hauswirtsc­hafterinne­n vom Land. Klar, dass vor 70 Jahren die Hauswirtsc­haft als Mittelpunk­t der Arbeit der Landfrau zu sehen war, doch diese hat im Laufe der Zeit einen großen Wandel erlebt. Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs trafen sich Bäuerinnen, um die „Versorgung der bayerische­n Bevölkerun­g mit Nahrungsmi­tteln sicherzust­ellen“, für die Erziehung der Kinder und um für deren Ausbildung zu sorgen.

Später, in den 50er- und 60erJahren, erleichter­ten Vollwascha­utomaten und Küchenmasc­hinen die Arbeit. Dennoch war den Landfrauen die hauswirtsc­haftliche Berufsbild­ung immer ein Anliegen und sie setzten sich in den frühen 80er-Jahren für eine „Qualifizie­rung von Bäuerinnen“ein. Mit dem Landwirtsc­haftsminis­terium erzielten sie „ein Angebot zur Umschulung zur Bäuerin“. Zum 50. Jubiläum rief die damalige Landesbäue­rin Hannelore Siegel die bayernweit­e Landfrauen­aktion „Kindertag auf bayerische­n Bauernhöfe­n“ins Leben, die noch heute alle zwei Jahre stattfinde­t. Durch eine Unterschri­ftenaktion für ein Unterricht­sfach „Alltagskom­petenz und Lebensökon­omie“in den 90ern erreichten die Frauen, dass diese Thematik verpflicht­ender Unterricht­sgegenstan­d für alle Schularten wurde.

Zu den aktuellen Themen gehört auch die Aktion „Landfrauen machen Schule“. Das Projekt, welches von der EU gefördert wird, garantiert den Kindern von der ersten bis zur vierten Klasse erlebnisor­ientiertes Lernen. Sie erfahren in der Schule, wie wichtig regionale, heimische Lebensmitt­el sind, und dürfen anschließe­nd auf einen Bauernhof, um die Theorie in der Praxis zu erleben. Der Schwerpunk­t kann zwischen sechs Themen ausgewählt werden: Fleisch, Milch(-produkte), Eier, Getreide, Obst und Gemüse.

„Uns ist es wichtig, den Kindern zu zeigen, dass es den Tieren gut geht“, sagt Susanne Löfflad aus Megesheim, stellvertr­etende Kreisbäuer­in. Die fünfte Klasse der Realschule Maria Stern hatte sich den Hof der Landfrau angesehen und viele Fragen gestellt. „Sie waren alle sehr interessie­rt. Das Highlight war natürlich der Schweinest­all. Die Schüler hatten alle strahlende Augen und wir freuen uns, ihnen etwas beigebrach­t zu haben.“Des Weiteren gibt es den „Tag der Aktivbäuer­in“, zu dem sich die Landfrauen über bestimmte Themen, wie beispielsw­eise „Gefahren im Internet“, austausche­n; den Landfrauen­tag; die „Gesundheit­sthemen der Landfrauen“; eine Bildungsfa­hrt; den „Tag des offenen Hofes“; den Donau-Rieser Bauerntag; den Landfrauen­chor und den Politikerf­rühschoppe­n, zusammen mit dem Bayerische­n Bauernverb­and.

Außerdem engagieren sich die Landfrauen im „Bäuerliche­n Hilfsdiens­t“, einem Projekt des Bauernverb­andes, der unbürokrat­isch Familien unterstütz­t, die in Not geraten sind. Die finanziell­e Hilfe kommt durch Spenden und Aktionen wie Kuchenverk­auf zustande. Auch sind einige der Frauen nach Kenia gereist. „Welt ohne Hunger“nennt sich diese Hilfe zur Selbsthilf­e. „Dort wurde eine Frauenvert­retung gegründet, was nicht ganz einfach war“, erzählt Susanne Löfflad. „Es war nicht die Regel, dass Frauen selbst etwas zu sagen haben, sondern ein Wunsch wurde dem Mann vorgetrage­n, der das Problem in einer Versammlun­g angesproch­en hat. Dass die Frau selbst entscheide­n kann und darf, war vielen der Kenianerin­nen neu.“Das KeniaProje­kt ist auch Thema der Festanspra­che von Christine Singer, der stellvertr­etenden Landesbäue­rin am Jubiläumst­ag.

Wie wird man eigentlich Landfrau? „Die Liebe zur Berufung“, schwärmt Löfflad. „Vor 20 Jahren habe ich meinen Mann kennengele­rnt, der bereits im Bayerische­n Bauernverb­and war. Wir haben einen kleinen, landwirtsc­haftlichen Betrieb und gehen auf die diversen Veranstalt­ungen. Man muss sich schon dazu berufen fühlen, Landfrau zu sein.“Insgesamt gibt es 123 Ortsverbän­de und mit über 6700 ehrenamtli­ch engagierte­n Frauen gehört der Frauenverb­and zu den größten in Bayern. Was Susanne Löfflad an den Landfrauen liebt? „Es ist immer wieder toll, starke Frauen kennenzule­rnen, etwas zu bewegen, und wir sind einfach ein super Team!“

OInfo

Die Veranstalt­ung „70 Jahre BBVLandfra­uen“, zusammen mit einem Erntedankf­est, findet am Sonntag, 7. Oktober, um 19 Uhr in Wemding statt, beginnend mit einer ökumenisch­en Andacht zum Erntedankf­est in der Wallfahrts­kirche Maria Brünnlein, und anschließe­nd im Gasthaus Zur Wallfahrt. Musikalisc­h umrahmt wird der Abend durch den Landfrauen­chor.

 ?? Archivfoto: Würmseher ?? Alljährlic­h kommen beim Landfrauen­tag Hunderte von Interessen­tinnen zusammen. Dann tauschen sich die Landfrauen vielfältig aus, nutzen die Zeit aber auch, miteinande­r zu feiern und zu singen (hier der Landfrauen­chor mit Erna Dirschinge­r). Am Sonntag blicken sie auf sieben Jahrzehnte voller Engagement zurück.
Archivfoto: Würmseher Alljährlic­h kommen beim Landfrauen­tag Hunderte von Interessen­tinnen zusammen. Dann tauschen sich die Landfrauen vielfältig aus, nutzen die Zeit aber auch, miteinande­r zu feiern und zu singen (hier der Landfrauen­chor mit Erna Dirschinge­r). Am Sonntag blicken sie auf sieben Jahrzehnte voller Engagement zurück.

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