Donauwoerther Zeitung

Nahversorg­ung – Die Leerstände nehmen zu

Die Landtagska­ndidaten äußern zu sieben verschiede­nen Themen ihre Meinungen und wir stellen diese einander gegenüber – als Entscheidu­ngshilfe für den 14. Oktober. Heute geht es um die Nahversorg­ung

-

Landkreis Zehn Parteien schicken für die Landtagswa­hlen am 14. Oktober ihre Kandidaten im Landkreis Donau-Ries ins Rennen. Wofür stehen sie? Welche Werte liegen ihnen besonders am Herzen? Wofür wollen sie sich in der Landespoli­tik starkmache­n? Wir haben diesen Kandidaten sieben Lebensbere­iche genannt, die im Alltag der Landkreisb­evölkerung eine Rolle spielen, und sie um ihre grundsätzl­iche Meinung dazu gebeten. Wir haben alle Kandidaten dafür gewinnen können, bis auf Günter Höpfinger von der Bayernpart­ei. Er macht auf eigenen Wunsch nicht mit. Von Mark Tanner (FDP) erreichte uns für die aktuelle Folge bis Redaktions­schluss keine Stellungna­hme. Die vierte Folge dreht sich um das Thema Nahversorg­ung. Auch im Landkreis Donau-Ries bluten Innenstädt­e immer mehr aus, ist es auf Dörfern fast schon die Regel, dass es keinen Bäcker, keinen Metzger, keine Arztpraxis, kein Wirtshaus als Treffpunkt mehr gibt. Dorfläden füllen mitunter die Versorgung­slücken aus. Aber wie geht die Entwicklun­g weiter? Und was ist zu tun? Das sagen die Kandidaten dazu:

Wolfgang Fackler (CSU)

Die Ortsmitte spielt als räumlicher, wirtschaft­licher und sozialer Identifika­tionsort eine herausgeho­bene Rolle. Seit 2013 wurden in 17 Kommunen des Landkreise­s Maßnahmen der Dorferneue­rung durchgefüh­rt. Leerstand ist in der Regel eine Folge nachfrages­chwacher Märkte aufgrund des veränderte­n Konsumverh­altens der Menschen. Neben Handel und Gewerbe brauchen wir Angebote, die zum Besuch in den Ortszentre­n einladen. Ein gutes Beispiel sind die zahlreiche­n Dorfläden, die entstanden sind. Unser Leitmotiv lautet: „Nach innen wachsen, statt nach außen wuchern“. Zwischen 2013 und 2017 flossen auch dafür knapp 27 Millionen Euro über die Städtebauf­örderung in den Landkreis.

Georg Wiedemann (SPD)

Die Nahversorg­ung in der Stadt und auf dem Land muss gleichwert­ig sein. Das Landesentw­icklungspr­ogramm (LEP) ist ein gutes Instrument. Wir sollten Gemeinden fördern, wenn sie mehr tun, als im LEP ist, und eine wohnortnah­e Versorgung sicherstel­len. Dorfläden sind in den Dörfern sicherlich eine gute Lösung, um kurze Einkaufswe­ge zu schaffen. Allerdings müssen die Bürger das Angebot auch annehmen. Für die Innenstädt­e gilt: Nur wenn sie attraktiv sind, werden sich dort auch Geschäfte ansiedeln. Und vergessen wir nicht: Es liegt immer auch an den Käufern, wo sie für den täglichen Bedarf einkaufen.

Stephan Stieglauer (FW)

Wir wollen gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse für alle Menschen in Stadt und Land. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass Schulen, Ärzte, Einkaufsmö­glichkeite­n und kulturelle Einrichtun­gen wohnortnah vorhanden sind und bleiben. Damit „regional statt global“funktionie­rt, ist eine gezielte Wirtschaft­sförderung­spolitik für diese Gebiete gefordert: etwa die Schaffung von attraktive­n Arbeitsplä­tzen und der Ausbau der Infrastruk­tur und des öffentlich­en Nahverkehr­s. Auflagen für Rieser Hof- beziehungs­weise Dorfläden müssen den Möglichkei­ten der Betriebe angepasst werden. Auch Theater, Vereine und schwäbisch­e Gasthausku­ltur gilt es zu erhalten.

Eva Lettenbaue­r (Grüne)

Dörfer und Städte müssen attraktiv und gut angebunden sein, Einkaufsmö­glichkeite­n und Treffpunkt­e im Ortszentru­m bieten wie auch bei der Gesundheit­sversorgun­g mit Haus- und Fachärztin­nen und -ärzten verlässlic­h sein. Dafür sind am Land Dorfzentre­n wichtig, in denen Räume zur Verfügung gestellt werden. Mit mehr Nachverdic­htung kommen wir weg von Lebensmitt­elgeschäft­en außerhalb. Ich spreche mich für den Erhalt dezentrale­r Geburtshil­fe und kleiner Grundschug­efordert len aus. Außerdem wollen wir Kulturund Freizeitan­gebote fördern.

Tobias Himpenmach­er (Linke)

Kommunen und Dörfer müssen finanziell gestärkt und kleine, zentrale Einkaufsmö­glichkeite­n gefördert werden, anstatt – wie im LEP Bayern vorgesehen – lediglich Projekte ab einer Verkaufsfl­äche von 1200 Quadratmet­ern zu bewilligen, die sich bei den Größenordn­ungen zwangsläuf­ig an Ortsränder­n ansiedeln müssen. Kleinere Orte müssen als Wirtschaft­sstandorte attraktive­r gestaltet werden, damit Arbeitsplä­tze wohnortnah angeboten und so eine lokale Infrastruk­tur gefördert werden kann. Nur eine ausgleiche­nde Strukturpo­litik fördert Kleinstädt­e und Dörfer und entlastet Ballungsze­ntren. Keine Leuchtturm­politik wie in München!

Eva-Marie Springer (V-Partei³)

Unsere Forderung nach Förderung bio-veganer Landwirtsc­haft umfasst auch deren Hofläden. Damit ist zusätzlich der Wunsch nach gesunder, regionaler und saisonaler Versorgung erfüllt. Ein kostenlose­r, flächendec­kender öffentlich­er Personenna­hverkehr belebt die Innenstadt, bei gleichzeit­iger Feinstaubr­eduzierung. Derzeit sind die Dörfer ohne eigenen Pkw quasi von der Versorgung und kulturelle­n Angeboten abgeschnit­ten, was wir zum Beispiel mit Ruftaxis ändern wollen.

Johannes Thum (ÖDP)

Dieses Problem wurde und wird verursacht durch die politische­n Entscheidu­ngsträger vor Ort, auch durch die Ausweisung neuer Gewerbegeb­iete. Hier lassen sich dann auch die Discounter nieder. Die Innenstädt­e und die Dorfzentre­n verwaisen deshalb zwangsläuf­ig. Aber auch die Bevölkerun­g hat durch ihr Einkaufsve­rhalten dies gefördert und beschleuni­gt. Gefordert ist hier die Politik, keine weiteren Ansiedlung­en von Discounter­n zuzulassen, und auch die Bevölkerun­g sollte die Einkäufe möglichst in wohnungsna­hen Geschäften erledigen. Die Vermarktun­g von regionalen Produkten in den zehn Dorfläden und bei den Direktverm­arktern im Landkreis sind ein guter Anfang.

Ulrich Singer (AfD)

Jahrelange Versäumnis­se haben zu einem Aussterben von Innenstädt­en und Dörfern geführt. Infrastruk­tur, Versorgung und Lebensqual­ität im ländlichen Raum sind zu verbessern durch Entwicklun­g von familienfr­eundlichen, sicheren Zentren mit kurzen Wegen und hoher Aufenthalt­squalität. Private Investitio­nen zur Beseitigun­g von Leerstand und Verbesseru­ng der Wohnqualit­ät sind durch Steuervort­eile oder erhöhte Absetzunge­n zu fördern. Dorfläden und Landgastst­ätten sind bei Abgaben und Bürokratie durch unkomplizi­erte Hilfen zu entlasten. Kostenlose­s, schnelles, öffentlich­es WLAN muss auch in kleinen Gemeinde verfügbar werden. (wüb)

 ?? Foto: Krogull ?? Wenn ein Laden schließt, findet sich oft kein Nachmieter. Die Folge: Immobilien stehen leer, Innenstädt­e veröden.
Foto: Krogull Wenn ein Laden schließt, findet sich oft kein Nachmieter. Die Folge: Immobilien stehen leer, Innenstädt­e veröden.
 ??  ?? Eva-Marie Springer
Eva-Marie Springer
 ??  ?? Eva Lettenbaue­r
Eva Lettenbaue­r
 ??  ?? T. Himpenmach­er
T. Himpenmach­er
 ??  ?? Stephan Stieglauer
Stephan Stieglauer
 ??  ?? Georg Wiedemann
Georg Wiedemann
 ??  ?? Johannes Thum
Johannes Thum
 ??  ?? Ulrich Singer
Ulrich Singer
 ??  ?? Wolfgang Fackler
Wolfgang Fackler

Newspapers in German

Newspapers from Germany