„Wir wollen die Jugend mit ins Boot holen“
Ein Treffen in lockerer Runde noch im Herbst soll der Anfang sein. Aber die Vorstellungen gehen noch weiter
Rain Noch in diesem Herbst will sich die Stadt Rain intensiv mit Jugendlichen zusammensetzen, um deren Wünsche und Ziele zu ermitteln. Welche Themen interessieren sie? Besteht der Bedarf nach einem festen Treffpunkt? Wie sehen sie ihre Stadt? – Antworten auf Fragen wie diese und andere mehr sollen in lockerer Runde und cooler Atmosphäre eingesammelt werden. Kleine Workshops – unter Moderation eines Jugendpflegers – sollen beitragen, an diesem Abend miteinander ins Gespräch zu kommen und Kontakte zu knüpfen. Es könnte im Idealfall der Beginn einer Zukunftswerkstatt werden, die die Richtung für weitere Entwicklungen vorgibt. So stellt es sich der Stadtrat vor und ganz besonders ein Arbeitskreis aus diesem Gremium, der seit Juli mit viel Enthusiasmus nicht öffentlich daran arbeitet, der Stadt ein (auch) jüngeres Image zu geben.
„Unsere Jugend ist ein knapp bemessenes und wertvolles Gut. Die Jugendund Zukunftsfreundlichkeit einer Kommune sind ein wichtiger Standortfaktor.“So formulierte es die Kommunale Jugendpflegerin Martina Drogosch vom Landratsamt. Sie stellte dem Rainer Stadtrat in dessen Sitzung am Dienstag Erkenntnisse und Möglichkeiten vor, wie man junge Menschen am Ort binden kann und warum das so bedeutend für eine Kommune ist. „Es gibt schon viele Dinge in Rain“, bewertete sie den Istzustand. „Man kann es aber noch professioneller angehen und kann junge Menschen mit offener Jugendarbeit begleiten.“Dazu sei es wichtig, bei den Interessen der Jugendlichen anzusetzen, deren Entwicklung zu fördern, Benachteiligungen abzubauen und positive Lebensbedingungen zu unterstützen.
Martina Drogosch hat die Jugendlichen zwischen elf und 18 Jahren im ganzen Landkreis befragt und insgesamt 1608 Fragebögen zurückbekommen. Davon stammen 98 aus Rain, was sie als eine repräsentative Zahl einstuft. Allerdings war diese Umfrage bereits im Jahr 2014.
Damals kam heraus, dass sich Jugendliche aus Rain mit ihren Freunden hauptsächlich im Elternhaus treffen, an öffentlichen Plätzen und in Vereinen, denn Jugendräume sind nicht vorhanden. Auch schulische Räume werden zunehmend stärker frequentiert, da sich das Leben immer mehr in der Schule abspielt.
„Wie sind die Möglichkeiten, in der Gemeinde deine Freizeit zu verbringen?“lautete eine weitere Frage. Das Ergebnis zeigt, dass 52 Prozent der Jugendlichen in Rain eher nicht zufrieden sind.
Auch wünschen sie sich mehr Mitwirkungsmöglichkeiten. Laut Martina Drogosch ist das für 13,5 Prozent sehr wichtig, für 38,5 Prozent wichtig, 26 Prozent sind unentschlossen, für 14,6 Prozent ist Mitwirkung weniger wichtig und für 7,3 Prozent überhaupt nicht wichtig. Im Schnitt wünschen sich also etwa 65 Prozent der Jugendlichen mehr Einflussnahme. „Jetzt ist es wichtig, die Jugendlichen mit ins Boot zu holen“, appellierte Martina Drogosch.
Ein offener Jugendtreff ist nach Ihrer Erfahrung ein wichtiger Bestandteil der sozialen Infrastruktur. Nicht in Konkurrenz zur sehr positiven und interessanten Jugendarbeit in Vereinen, sondern als Ergänzung. Eine Kommune muss sich dabei über mögliche Trägerschaften im Klaren werden, über das Anstellungsverhältnis von Fachpersonal und über Kooperations- und Zweckvereinbarungen. Martina Drogosch ermutigte den Rainer Stadtrat, indem sie finanzielle Förderung des Landkreises in Aussicht stellte, wie auch fachliche Begleitung mit Rat und Tat.
Zweiter Bürgermeister Leo Meier räumte ein: „Wir haben vieles versucht, aber ich gebe zu, es gibt noch ein bisschen was zu tun bei uns.“Auch Claudia Marb erklärte: „Wir haben uns bemüht, ein Jugendforum auf die Beine zu stellen, aber vielleicht nicht nachhaltig genug.“
Dafür scheint jetzt ein Ruck durch den Stadtrat zu gehen, dessen neuer Arbeitskreis für die Jugendarbeit viel Elan ausstrahlt. „Die Jugendlichen sind uns wichtig“, so Marb. „Und wir sind auf dem Weg.“Karl Rehm bekräftigte: „Wir wollen die Jugendlichen dort abholen, wo sie stehen, ihre Meinungen erfragen und Aktivitäten anregen. Wir wollen keine einmaligen Aktionen, sondern Nachhaltigkeit. In unserer langsam überalternden Gesellschaft werden Jugendliche immer wichtiger. Deshalb nehmen wir als Kommunalpolitiker die Herausforderung an.“
Auch Ruth Thrä-Mayr unterstützte diesen Weg im Namen der WVRST ausdrücklich – mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit. Man wolle die Jugend mit ins Boot holen. Dritter Bürgermeister Hans Hafner sah die Jugendarbeit in der Vergangenheit vor allem an kleineren Projekten festgemacht. Jetzt aber müsse man einen Schritt weiter gehen: „Vielleicht gelingt es uns, einen Jugendtreff anzugehen.“
Leo Meier indes dämpfte die Erwartungen ein wenig. Einerseits äußerte er ein klares Bekenntnis zur Jugend, andererseits aber stellte er klar: „Ich selbst bin als Kind öfter mal an meine Grenzen gestoßen und hoffe, das gibt es auch heute noch. Es wird jedenfalls kein Wunschkonzert geben.“