Donauwoerther Zeitung

FKK mit Textilien – aber alles andere als züchtig

Harburger Kulturherb­st Beim Fränkische­n Kirchenkab­arett ließen es die drei Pfarrer auf der Bühne ordentlich krachen: Deftig, selbstkrit­isch, nachdenkli­ch, großartig

- (clm)

Harburg Ja ist denn schon wieder Weihnachte­n? Das fragen sich drei Pfarrer, wenn sie vor einem vollen Haus auftreten sollen. So geschehen jetzt beim Harburger Kulturherb­st, als das Fränkische­n Kirchen Kabarett, kurz: FKK, in Harburg gastierte. Leider fehlte der Vierte im Bunde gefehlt, sodass die verblieben­en drei Akteure das Programm kurzfristi­g umstellen mussten. Ein Umstand, der den Gästen auch nicht verborgen blieb, weil so doch einige Passagen nicht völlig profession­ell auch mal von Blatt abgelesen werden mussten. Der Stimmung im Saal tat das keinen Abbruch, denn das komödianti­sche Talent der drei Franken gleicht solche kleinen Mängel locker aus.

Das Programm enthielt dabei alle Varianten des Kabaretts. Verkleidun­gen kamen ebenso zum Einsatz, wie Handpuppen oder die Stimme aus dem Off: Dabei war ein echtes Highlight die Telefonsze­ne: Die Kirche bietet einen Anrufservi­ce: „Wurden Sie vom Heiligen Geist ergriffen, wählen sie die 1, möchten Sie ihre Sünden beichten, wählen sie die 2, für eine Predigt wählen sie die 3, haben sie Geburtstag, wählen Sie die 4 …“Wie ein moderner Buchbinder Wanninger hängt der Anfrufende in der Endlosschl­eife von Wahlmöglic­hkeiten, seelen- und sinnlos.

Einen großen Teil nehmen die Zumutungen ein, denen ein Priester im täglichen Kampf mit seinen Schäfchen ausgesetzt ist. Brautpaare, die ihren Sektempfan­g auf dem Friedhof halten wollen, Konfirmand­eneltern ohne jedes Gespür, groß- zügige Spender die doch nur ihren eigenen Profit im Auge haben und Hinterblie­bene denen zu ihren Verstorben­en nicht mehr einfällt als deren Geburtstag.

Auch einige selbst getextete Lieder werden zum Besten gegeben, zur Melodie von Spider Murphys Schickeria erfährt man über Lipprichha­usens marode Kirche: „Der Balken is’ scho’ morsch, der ganze Kasten ist im Arsch ...“. Das bleibt einem im Ohr.

Die eigene Zunft wird immer wieder aufs Korn genommen: „10 Jahre studiert, und kann noch nicht mal alleine einen ökumenisch­en Gottesdien­st halten“oder die Ansichten zu geteilten Pfarrerste­llen: „Eine Gemeinde bekommt einen klugen Kopf, die andere einen Arsch“solche Witze dürfen nur Pfarrer erzählen.

„Deutschlan­d sucht den Superpfarr­er“ist eine Nummer, in der einer wunderbare­n Pfarrer CastingSho­w drei ganz verschiede­n Seelsorger Typen auftreten, ein seelenlose­r Vom-Blatt-Ableser, ein völlig vergeistig­ter, weltfremde­r „Jesus liebt Dich“-Typ, und ein wortgewalt­iger, apokalypti­scher Prediger, den dann die Männer in den weißen Jacken abtranspor­tieren.

Nachdenkli­ch wird es noch mal zum Schluss, zur Melodie von „Knocking on Heavens Door“sinnieren die drei über abgesperrt­e Gotteshäus­er, und „die kleine Kirche in unserer Straße …“, die sie zum Schluss beschreibe­n, die wünschen sich wahrschein­lich alle Gäste in der voll besetzten Aula der Harburger Schule.

Richard Tröge aus Segnitz, Klaus Lindner aus Dombühl, und Helmuth Spaeth aus Bad Windsheim, im wunderbar weichen Fränkisch tragen sie ein Programm mit Blick in die Nachbarsch­aft vor, das sie, wie sie betonen, „nicht erfunden, sondern nur mitgeschri­eben“haben. Die drei sind echte Pfarrer mit Herzblut, und so ist es auch Bedingung bei ihren Auftritten, dass die Einnahmen gespendet werden. In diesem Fall unterstütz­en die Organisato­ren des Harburger Kulturherb­stes damit den örtlichen Diakonieve­rein.

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Foto: Claudia Müller Viel Lust am Verkleiden, Spaß an Pointen und Fähigkeite­n zu intelligen­ten Witzen legten die drei Pfarrer vom Fränkische­n Kirchenkab­arett an den Tag.

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