Donauwoerther Zeitung

Stürzt Italien Europa in die Krise?

Finanzen Die Regierung in Rom weigert sich, weniger Schulden zu machen. Wirtschaft­sexperten und Politiker sind entsetzt. Düstere Erinnerung­en werden wach

- VON STEFAN STAHL

Augsburg Italien setzt die Politik des Schuldenma­chens fort und weckt Ängste, das Land könnte die Eurogemein­schaft wie einst Griechenla­nd in eine Krise stürzen. Die EUKommissi­on hatte der populistis­chen Regierung in Rom mitgeteilt, der Haushaltsp­lan sei nicht mit den Kriterien des Stabilität­s- und Wachstumsp­akts vereinbar. Die Verantwort­lichen in Brüssel zeigen sich alarmiert über das Vorhaben der Mächtigen in Rom, ein Defizit der Wirtschaft­sleistung von 2,4 Prozent für 2019 anzupeilen. Denn die Vorgänger-Regierung hatte noch einen viel geringeren Wert von 0,8 Prozent zugesagt. Zwar würde Italien damit die von den Eurostaate­n vereinbart­e berühmte Grenze von 3,0 Prozent einhalten, aber die Gesamtvers­chuldung des Landes liegt bei rund 130 Prozent statt maximal 60 Prozent der Wirtschaft­sleistung. Das ist der zweithöchs­te Wert in der Eurozone nach Griechenla­nd.

Deshalb steht Italien unter besonderer Beobachtun­g der EU und hatte in der Vergangenh­eit Besserung Doch davon will die Koalition aus europakrit­ischer Fünf-Sterne-Bewegung und fremdenfei­ndlicher Lega nun nichts mehr wissen.

Renommiert­e Wirtschaft­sprofessor­en reagierten gegenüber unserer Zeitung entsetzt auf die Schuldenpo­litik Roms. So sagte der frühere Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn: „Italien kommt aus seiner Krise einfach nicht heraus.“Der bekanntest­e deutsche Ökonom fügte hinzu: „Entweder kriegt das Land jetzt ganz viel, zunächst als Schulden kaschierte­s Geld, oder es geht aus dem Euro heraus.“Sinn glaubt, dies sei die gar nicht mehr so heimliche Devise der Regierung in Rom. Für die anderen EU-Länder wird das nach Einschätzu­ng des Volkswirts sehr unangenehm: „Aber es macht auch keinen Sinn, die Augen weiter vor der Wirklichke­it zu verschließ­en, wie das uns die Europäisch­e Zentralban­k und die deutsche Regierung jahrelang empfohlen haben.“Was die Geduld der anderen EUStaaten mit Italien betrifft, glaubt Sinn: „Die Politik des Aussitzens kommt allmählich an ihr Ende.“

Ein weiterer von unserer Zeitung befragter Ökonom hegt die Hoffnung, dass die italienisc­he Regierung doch noch zur Vernunft kommt. Professor Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, setzt darauf, dass „die Spieler an den Kapitalmär­kten die Regierung in Rom zur Haushaltsd­isziplin zwingen und die Politiker somit zur Einsicht kommen“. Und das könnte so funktionie­ren: Schon durch die Ankündigun­g kostspieli­ger Pläne, Bürgern in Italien eine Art Grundeinko­mmen zu gewähren und rund 400000 Menschen einen vorgezogen­en Ruhestand zu ermögliche­n, ist es für Italien teurer geworden, sich an den Kapitalmär­kten zu refinanzie­ren. Die lockere Haushaltsp­olitik macht es also für die Regelobt. gierung kostspieli­ger, neue Schulden aufzunehme­n. Das wiederum – und darauf setzt der Experte Hüther – könnte die Populisten in Rom letztlich doch zum Einlenken zwingen. Damit müssten sie aber – wie von der EU gefordert – mehr Haushaltsd­isziplin wahren.

Der Europa-Abgeordnet­e Markus Ferber zeigte sich jedoch im Gespräch mit unserer Zeitung „eher pessimisti­sch“, was die Lernfähigk­eit der Politiker in Rom betrifft: „Es besteht die Gefahr einer größeren Schieflage. Seit Jahrzehnte­n haben wir Probleme mit Italien.“Die derzeitige Situation bewertet er als brandgefäh­rlich, schließlic­h sei Italien anders als Griechenla­nd zu groß, um über einen längeren Zeitpunkt finanziert und gerettet zu werden. Ferber glaubt deshalb: „Es ist richtig, dass die EU Italien die Gelb-Rote Karte gezeigt hat. Kommt die Regierung nicht zur Einsicht, muss die Rote Karte folgen.“Der CSU-Politiker hofft, „dass Italien nicht das neue Griechenla­nd wird“.

Mit den Auswirkung­en der italienisc­hen Schulden-Pläne beschäftig­en wir uns im Kommentar.

„Italien kommt aus seiner Krise einfach nicht heraus.“Der frühere Ifo-Chef

Hans-Werner Sinn

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany