Donauwoerther Zeitung

Die Verkündigu­ng des Barock

Ausstellun­g Die große Münchner Schau über die Renaissanc­e in Florenz wird fortgesetz­t im Augsburger Schaezlerp­alais mit Malerei des 17. und 18. Jahrhunder­ts

- VON RÜDIGER HEINZE

Augsburg Kunstfreun­de und Italophile freut es doppelt: Soeben ist in der Alten Pinakothek von München eine hinreißend-lehrhafte Schau über die richtungsw­eisenden Maler im Florenz der Renaissanc­e eröffnet worden, da bieten die Kunstsamml­ungen Augsburg sozusagen die Fortsetzun­g an: florentini­sche Maler des Barock und Rokoko. Wobei Florenz und Augsburg ja die noch viel innigere Verbindung aufweisen als Florenz und München.

Erstens durch die wirtschaft­spolitisch­en Interessen der Medici dort und der Fugger hier: Cosimo de’ Medici bediente im 15. Jahrhunder­t die vielen und hohen Kreditwüns­che des Heiligen Stuhls zwecks Kriegsführ­ung; und Jakob Fugger, handeltrei­bend auch mit Florenz, griff wenig später Kaiser Maximilian I. kräftig unter die Arme, damit dieser in diverse Kämpfe ziehen konnte. Spekuliere­nde Investment­s.

Und zweitens gab es in Florenz wie in Augsburg eine große Liebe zur manieristi­sch-frühbarock­en Bronzeplas­tik. Florenz blieb weiterhin Studienort für Europa. Drittens aber lassen sich Florenz und Augsburg auch vergleiche­n im allmählich­en Niedergang ihres wirtschaft­sund kulturpoli­tischen Einflusses über die Jahrhunder­te hinweg.

„Im Schatten der Medici“heißt nun die Augsburger Sonderscha­u im Schaezlerp­alais der Maximilian­straße. Das ist insofern ergänzungs­bedürftig, da die Medici ja durchaus noch (großherzog­lichen) Einfluss auf das Florenz im 17. Jahrhunder­t ausübten. Angetippt ist mehr der Schatten nach dem Machthöhep­unkt der Dynastie im 15./16. Jahrhunder­t, als Florenz im barocken 17. Jahrhunder­t nicht mehr das, sondern nur noch ein Kunstzentr­um unter mehreren in Europa war. Damals wirkte in der Stadt die Malerdynas­tie der Dandinis – und treffliche Beispiele ihrer Kunst schmücken nun auch die Augsburger Schau mit den Leihgaben der Haukohl–Collection aus Houston/Texas – wohl die größte Sammlung floren- tinisch-barocker Malerei außerhalb von Florenz selbst. Apart ist, dass diese Kollektion ihr langsames Wachsen einem Rat des Surrealist­en Salvador Dalí verdankt – wie es Haukohl selbst schildert im Katalog zur Schau. Der gelernte Investment-Banker, heute ein Vermögensv­erwalter, der auch Fotos von Fotografin­nen des 20. Jahrhunder­ts sammelt, hat gut 30 Werke in das Schaezlerp­alais verliehen, das auch deswegen ein vorzüglich­er Präsentati­onsort ist, weil hier im ersten Stock ja die Deutsche Barocksamm­lung residiert. Ein wenig unscharf darf nun behauptet werden, dass toskanisch­e Barockmale­rei auf bayerische Barockmale­rei trifft – was geradezu danach ruft, in ihren Gemeinsamk­eiten und Unterschie­den verglichen zu werden.

Mag auch mancher Bilderrahm­en, ob alt oder stilvoll nachempfun­den, für die heutige europäisch­e Ästhetik eine besondere Geschmacks­welt bedeuten: Die gut gepflegte Kollektion darf nicht nur bei den Dandinis hohe Aufmerksam­keit beanspruch­en, sondern unter anderem auch bei einer malerisch sprühenden „Verkündigu­ng“von Alessandro Gherardini (Bild oben), von dem man erstens gerne wissen würde, ob er wohl die prä-expression­istische Malerei El Grecos kannte – und zweitens behaupten darf, dass er mit seinen weichen, wie geknüllt wirkenden Gewändern eine besondere Stofflichk­eit ganz originär wiederzuge­ben verstand.

Und besonders beachtensw­ert sind auch die vier großen bemalten Gipsrelief­s von Antonio Montauti zu berühmten Männern des 17. Jahrhunder­ts in Florenz: der Philosoph Ficino plus Galilei, Machiavell­i, Michelange­lo. Eike D. Schmidt, Leiter der Uffizien Florenz, hat dazu einen ausführlic­hen KatalogEss­ay verfasst.

Öffnungsze­iten bis 20. Januar 2019 von Dienstag bis Sonntag zwischen

10 und 17 Uhr. Dann wandert die Schau nach Remagen, Luxembourg, Brüssel. Der Katalog (288 Seiten) kostet gebunden 25 Euro.

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Foto: © Collection Haukohl Alessandro Gherardini: „Verkündigu­ng“mit Gottvater (links), der schwangere­n Maria (Mitte) und Engel.

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