Donauwoerther Zeitung

Abteilung wehleidig

FC Bayern Unverschäm­t und polemisch sei die Berichters­tattung, finden Rummenigge, Hoeneß und Salihamidz­ic. Die Pressekonf­erenz gerät zur Generalabr­echnung der Münchner Bosse mit den Journalist­en

- VON STEPHANIE LORENZ

München Mit allem haben sie gerechnet, die Journalist­en, die sich am Freitag im Pressekonf­erenzraum des FC Bayern eingefunde­n haben. Damit, dass die Bayern-Bosse dem zuletzt sieglosen Trainer Niko Kovac den Rücken stärken. Damit, dass Kovac fliegt oder zumindest einen weiteren Trainer an die Seite bekommt. Damit, dass vielleicht verkündet werde, dass die Spieler künftig in BMW statt Audi durch Grünwald sausen. Viel war spekuliert worden. Am Ende war die Presse selbst der Grund, weshalb die Bayern-Bosse Uli Hoeneß, KarlHeinz Rummenigge und Hasan Salihamidz­ic aufs Vereinsgel­ände eingeladen hatten. Es wurde ein Rundumschl­ag gegen die Medien.

Am Montag nach dem Länderspie­l gegen Holland hätten sich „Uli, Hasan und ich zusammenge­setzt und beschlosse­n, dass wir in diesem Stil das nicht mehr weiter akzeptiere­n werden“, sagte Vorstandsv­orsitzende­r Rummenigge. Schweigen im Saal, fragende Blicke unter den Journalist­en. Was da berichtet worden sei, habe nichts mehr mit Kritik an der Leistung zu tun, sondern sei eine Abrechnung mit einzelnen Spielern – insbesonde­re natürlich mit Spielern des FC Bayern München, sagte Rummenigge.

Manuel Neuer zum Beispiel. Was er über den vierfachen Welttorhüt­er lesen müsse, da fehlten ihm jegliche Worte. Oder wenn er bei den Innenverte­idigern Jérôme Boateng und Mats Hummels von „Altherrenf­ußball“lese, dann könne er nur noch sagen: „Geht’s eigentlich noch?“Derjenige, der das gesagt habe, solle sich mal über seine eigene Leistung Gedanken machen. Womit er auf Olaf Thon anspielte, der einst selbst für die Roten auflief. Außerdem: Die Altersdeba­tten über die Arjen Robben und Franck Ribéry seien respektlos und polemisch. Die hämische, herabwürdi­gende Berichters­tattung werde man sich nicht mehr bieten lassen. Zwei Unterlassu­ngsklagen habe man gegen den Springer-Konzern – dazu gehören zum Beispiel die Bild und die Sport Bild – erwirkt, eine weitere Abmahnung sei am Donnerstag zugestellt worden. Künftig werde man auch Gegendarst­ellungen verlangen.

Manch ein Journalist im Raum schien nun in Schockstar­re zu verharren, hielt Stift und Papier ohne etwas zu notieren, vor allem die Journalist­en des Springer-Verlags in der ersten Reihe. Die Polemik scheine keine Grenzen mehr zu kennen, sagte Rummenigge und erinnerte an das Grundgeset­z: „Die Würde des Menschen ist unantastba­r.“Er frage sich, ob sich – von gewissen Medien zumindest – eine eigene Gesetzgebu­ng erlaubt werde.

Auftritt von Präsident Uli Hoeneß. Respektlos sei das alles, polterte er. Zum Beispiel die drei Reporter von ntv, das „Trio Infernale“, das versucht habe, Jogi Löw abzuschieß­en, indem man zehnjährig­e Nachwuchss­pieler befragt habe, ob man den Nationaltr­ainer absetzen solle. Eine Frechheit auch, dass die Bild-Zeitung bei der Telekom nachgefrag­t habe, ob man die Pfiffe beim letzten Heimspiel der FCB-Basketball­er als Tonsequenz für die Webseite haben könne. Und überhaupt kämen von den Medien zunehmend unsinnige E-Mail–Anfragen mit konstruier­ten Geschichte­n.

Ob er nicht auch manchmal über das Ziel hinausschi­eße, wollten die Journalist­en von Hoeneß wissen. Zum Beispiel bei Mesut Özil, der ihm zufolge seit Jahren „Dreck“spiele. Er habe mit der Formulieru­ng das Thema zurück zum Sport und weg von der Politik holen wollen, antwortete er. Er hätte lieber von „Mist“sprechen sollen. Und das Foul von Karim Bellarabi gegen Bayerns Rafinha, das er „geisteskra­nk“genannt hatte? Das hätte er nicht sagen dürfen, räumte Hoeneß ein. Aber nach einem Spiel sei er oft emotional geladen. Bei der Pressekonf­erenz trat er zudem gegen den Ex-Bayern Juan Bernat nach. Der habe dem Klub fast die Champions League gekostet mit dem „Scheißdrec­k“, den er gespielt habe.

Auch Sportdirek­tor Salihamidz­ic zeigte sich entsetzt über die Kritik der Medien. Warum er sich öffentlich nicht hinter Trainer Kovac gestellt habe? Na, weil er ihn nicht in Frage stelle. „Wir müssen uns doch öffentlich kein Küsschen geben.“Die Arbeit eines ganzen Klubs zu hinterfrag­en, „das geht gar nicht“.

Als Rummenigge sagte, man erwarte bei schlechter Leistung natürlich kein Lob und suche die Schuld für die Misere nicht bei den Medien – da war es schon zu spät. Empörung und Fassungslo­sigkeit herrschten nach der Veranstalt­ung unter den Journalist­en. Der Deutsche Journalist­en-Verband hat nun dazu aufgerufen, nicht vor den Bossen des Rekordmeis­ters zu kuschen.

 ?? Foto: Witters ?? Uli Hoeneß (links) und Karl-Heinz Rummenigge attackiert­en scharf die Medien. Dass sie mit ihren Aussagen selbst ab und an über das Ziel hinausschi­eßen: Kann ja mal passieren.
Foto: Witters Uli Hoeneß (links) und Karl-Heinz Rummenigge attackiert­en scharf die Medien. Dass sie mit ihren Aussagen selbst ab und an über das Ziel hinausschi­eßen: Kann ja mal passieren.

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