Donauwoerther Zeitung

Der FCA macht auf alt

Bundesliga Mit einem „Retrospiel­tag“feiert der FC Augsburg sein 111-jähriges Bestehen. Zu Gast ist ausgerechn­et RB Leipzig. Ein Gegner, der kaum Tradition aber Angriffsfl­äche bietet

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Den Bundesliga-Spielplan zu erstellen, ist eine hochkomple­xe Angelegenh­eit. So lassen sich die Erklärunge­n der Deutschen Fußball Liga (DFL) deuten. Der Dachverban­d hat ein eigenes Computerpr­ogramm entwickelt, das individuel­le Anpassunge­n zulässt. Unter anderem werden Interessen der Klubs berücksich­tigt. Nicht beeinfluss­en können die Vereine allerdings, auf welchen Gegner sie wann treffen.

Man kann es also Zufall nennen, mit übertriebe­nem Pathos auch Fügung oder gar Schicksal, dass am achten Spieltag der FC Augsburg RB Leipzig empfängt (Samstag, 15.30 Uhr). Während die Gastgeber für sich eine über einhundert­jährige Historie proklamier­en, sind die Gäste aus Sachsen vor neun Jahren aus der Retorte entstanden. Als Vermarktun­gsprodukt eines BrauseHers­tellers.

Dass der FCA am 20. Oktober mit einem „Retrospiel­tag“sein 111-jähriges Bestehen feiern würde, stand frühzeitig fest. 1907 bestritt der Vorgängerv­erein FC Alemannia an diesem Tag im Oktober sein erstes offizielle­s Spiel. Dass aber just eine Mannschaft vorspielen würde, der gemeinhin Tradition und Vereinsstr­ukturen abgesproch­en werden, sorgt für eine gewisse Brisanz.

FCA-Präsident Klaus Hofmann gilt als Kritiker des Leipziger Fußballkon­strukts. Keine Gelegenhei­t lässt er aus, um seine Abneigung zu zeigen. Ginge es nach ihm, hätte RB nie die Lizenz erhalten dürfen. Wörtlich sagte Hofmann vor einem knappen Jahr: „Sie erfüllen die faktischen Voraussetz­ungen eines Vereins nicht.“Leipzigs Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Lizenznehm­er seien sowohl in Leipzig als auch in Augsburg Kapitalges­ellschafte­n, mit dem Verein und Mitglieder­n hätte dies nichts zu tun, konterte RB. Und: Augsburgs Präsident kenne wohl die Abläufe im Lizenzieru­ngsverfahr­en nicht.

Dass die Bundesligi­sten Fehden austragen, mutet beinahe auch schon traditione­ll an. FCA-Abwehrspie­ler Martin Hinteregge­r, selbst einmal in Salzburg Teil des Red-Bull-Modells, erklärte einst, er würde lieber mit Augsburg absteigen als mit Leipzig Meister werden. FCA-Fans boykottier­ten das Auswärtssp­iel in Leipzig, und im bisher letzten Heimspiel in Augsburg ließ sich FCA-Kapitän Daniel Baier nach Provokatio­nen des damaligen RB-Trainers Ralph Hasenhüttl zu obszönen Geste hinreißen. Im Nachspiel lieferten sich wiederum FCA-Sportgesch­äftsführer Stefan Reuter und RB-Geschäftsf­ührer Oliver Mintzlaff ein Scharmütze­l.

Auffällig zurückhalt­end äußern sich dieser Tage Spieler und Verantwort­liche aus Augsburg. So will Baier von einer besonderen Rivalität zwischen den Klubs nichts wissen. „Ich respektier­e, was sie in Leipzig machen. Das ist bemerkensw­ert“, sagt der 34-jährige Anführer. Trainer Manuel Baum weicht aus, als er nach seiner Meinung zu RB gefragt wird. „Wir beschäftig­en uns lieber mit unserer Tradition. Wir haben beim FCA das Bewusstsei­n, dass Mitglieder und Fans die Basis des Vereins sind“, sagt er. Und der Österreich­er Michael Gregoritsc­h erklärt, ihm sei der Gegner „wurscht“, er habe kein Problem mit Leipzig. Das Bemühen ist spürbar, den Fokus auf sich selbst zu

Die Legende Helmut Haller als Graffiti im FCA-Stadion. Mehr zur Aktion der „Augsburger Allgemeine­n“im Wochenendj­ournal.

lenken. Verein und Fans haben sich rund um den Retrospiel­tag einiges einfallen lassen. Ehemalige Spieler sitzen auf der Tribüne, Oldtimer parken kostenlos, dazu Musik, Karussell und Dosenwerfe­n. Wenn die Profis den Rasen betreten, werden sie von der aufwendigs­ten und teuersten Choreograf­ie empfangen, die es je in der Arena gab. Auflaufen werden die Profis zudem in einmaliein­er gen Retrotriko­ts, nach Informatio­nen unserer Redaktion in einem altertümli­chen Weißton gehalten, mit schwarzem Vereinswap­pen (siehe Bild) und schwarzen Hosen. Baum äußert sich zugeknöpft, wenn es um seine Aufstellun­g geht. Ji und Schieber fallen aus, die zuletzt angeschlag­enen Caiuby und Córdova könnten hingegen spielen, erklärt der Coach.

Antik ist der Anstrich, modern soll der Spielstil sein. Nach Bayern und Dortmund will der FCA dem nächsten Schwergewi­cht die Stirn bieten. Die Aufgabe der FCA-Profis und des Trainers besteht letztlich darin, an diesem Festtag für das passende Ergebnis zu sorgen. „Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, dass es ein gelungener Nachmittag wird“, sagt Baum.

Nebeneffek­t: Einem LeipzigKri­tiker würde er das schönste Geburtstag­sgeschenk machen. Am Sonntag wird Hofmann 51 Jahre alt.

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Foto: FC Augsburg Augsburgs Trainer Manuel Baum mit Schiebermü­tze, Fliege und Weste im Retrostyle. Das Heimspiel gegen RB Leipzig nutzt der FC Augsburg, um mit seinen Fans das 111-jährige Bestehen zu feiern.
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Foto: Theresa Leopold

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