Donauwoerther Zeitung

Der Arzt, der kein Blut sehen kann

Interview Die Serie „In aller Freundscha­ft“feiert heute ihr 20. Jubiläum. Thomas Rühmann spielt den beliebten Chefarzt Dr. Heilmann. Selbst drückt er sich gerne vorm Doktor

- Interview: Josef Karg

Herr Rühmann, Sie sind seit 20 Jahren in der erfolgreic­hen Serie „In aller Freundscha­ft“Dr. Roland Heilmann. Hätten Sie sich als junger Mann gedacht, dass Sie es mal bis zum Chefarzt bringen?

Thomas Rühmann: Also als junger Mann nicht. Ich habe zu dieser Zeit mal ein Praktikum in einem Krankenhau­s gemacht und schnell gemerkt, dass es für mich nicht das Richtige ist.

Warum denn nicht?

Rühmann: Na ja, man kam ins Krankenhau­s und es roch schrecklic­h. Vor allem nach Franzbrann­twein, mit dem ich die alten Leute einreiben musste. Oder einmal bat mich eine alte Dame, ihr die Armbanduhr aufzuziehe­n, und zwei Stunden später ist sie verstorben. Das war für mich als junger Mensch einfach zu viel.

Sie haben auch Journalism­us studiert, sind dann aber Schauspiel­er geworden. Wie kam der Sinneswand­el? Rühmann: Punkt A war das Studium in Leipzig schrecklic­h, weil sehr ideologiel­astig. Und Punkt B hat mich ein Freund damals zu einer Studentenb­ühne mitgenomme­n. Das war der erste Schritt hin zum Schauspiel. Und ich dachte mir, vielleicht ist das besser für mich – als Journalist muss man so disziplini­ert denken und sozusagen den Ochsen zum Brühwürfel machen. Das war für mich also auch nicht der richtige Weg. Die Schauspiel­erei war für mich noch das Sinnstifte­ndste.

Wenn man eine Umfrage starten würde, die belegen sollte, wie sich die Deutschen den idealen Chefarzt vorstellen, würden sicher viele sagen: so wie Dr. Heilmann. Was macht den Heilmann Ihrer Ansicht nach so sympathisc­h und kompetent?

Rühmann: Das ist interessan­t. Ich find den Heilmann ja gar nicht so sympathisc­h. Manchmal habe ich das Gefühl, die Fernsehzus­chauer sehen das Sympathisc­he in ihn hinein. Denn Heilmann ist genauso zerrissen wie jeder erwachsene Mann, der einen Vollzeitjo­b hat und sich darin verausgabt. Und dann kommt er nach Hause und kriegt vieles nicht mehr richtig hin. Aber das Widersprüc­hliche ist vielleicht auch Heilmanns Geheimnis.

Aber es ist so, man hat als Zuschauer das Gefühl: Wenn es darauf ankommt, macht Heilmann das Richtige. Rühmann: Wahrschein­lich ist es so. Es wird der letzte konsequent­e Gedanke sein: Der kriegt das schon ir- hin. Der Weg dahin ist aber das Spannende. Oder, dass er es manchmal auch nicht hinkriegt.

Haben Sie zur Vorbereitu­ng auf die Rolle auch mal an einem echten Operations­tisch assistiert?

Rühmann: Nee, das geht rechtlich nicht. Wir waren aber zur Vorbereitu­ng tatsächlic­h in einem OP, waren steril angezogen und haben den Ärzten zugeguckt. Da wurde einem Patienten, der sehr dickleibig war, das Fett aufgeklapp­t. Man muss da ja ran! Dann sind doch verschiede­ne Zentimeter durchzusch­neiden. Das war nicht sonderlich appetitlic­h.

Können Sie überhaupt Blut sehen? Rühmann: Filmblut schon, daran habe ich mich gewöhnt. Aber ansonsten geht es mir wie den meisten anderen auch, die da doch Höllenresp­ekt davor haben.

Wie viel Heilmann steckt in Ihnen? Rühmann: Ich bin ja aus SachsenAnh­alt. Die Leute da sind nicht ge- schwätzig und dramatisch­e Dinge werden trocken und mit einer Portion Humor geäußert. Das habe ich Heilmann von mir mitgegeben. Ich bin zudem ein Mensch, der – abgesehen von Krisenzeit­en – gut in sich ruht.

Nervt es Sie, wenn Sie beim Bäcker oder auf der Straße mit „Dr. Heilmann“angesproch­en werden? Rühmann: Nee. Die meisten sagen ,Herr Doktor‘, dann fällt ihnen vor Schreck Heilmann nicht ein und noch weniger fällt ihnen ein, wie der Schauspiel­er heißt. Das ist aber völlig okay.

Gibt es auch Leute, die medizinisc­hen Rat von ihnen einfordern? Rühmann: Nein, die Leute sind nicht bekloppt. Die wissen, dass das alles aus Pappe ist.

Wer kam denn überhaupt auf den Namen Heilmann?

Rühmann: Ich glaube, diejenigen, die die Serie damals erdacht und ergendwie schaffen haben, wollten tatsächlic­h eine Charakteri­sierung mit dem Namen schaffen. Und ich war der Mann, der heilt. Das klingt erst einmal komisch, aber inzwischen finde ich den Namen durchaus gut.

Haben Sie Angst vorm Arztbesuch? Rühmann: Gerne gehe ich nicht hin. Ich habe aber auch keine Angst mehr vor der Prophylaxe beim Zahnarzt. Aber tatsächlic­h schiebe ich manchmal den Arztbesuch vor mir her – Darmspiege­lungen beispielsw­eise. Wer mag das schon.

Schauen Sie die Serie daheim an? Rühmann: Na klar. Ich schaue mir meine Arbeit schon an. Man kann sich so ja auch einen gewissen Überblick verschaffe­n, wo die Serie gerade steht. Da bemerke ich dann auch, wenn eine Folge nicht gut war.

Wann ist eine Folge gut?

Rühmann: Wenn sich der dramatisch­e Gegenstand, da wo es also auf Leben und Tod geht, mit einem guten Humor vermischt und wenn die zwei Erzählsträ­nge miteinande­r korrespond­ieren.

Viele denken bei Ihren Namen an Heinz Rühmann. Werden Sie oft nach ihm gefragt?

Rühmann: Nein. Mein Vater hatte aber die Spitznamen der Figuren, die Heinz Rühmann gerade spielte. Er war auch Quax, der Bruchpilot. Zum 60. Geburtstag hat er Heinz Rühmann einen Brief geschriebe­n. Der hat auch geantworte­t. Festgestel­lt haben sie, dass sie aus so weit entfernten Gegenden stammen, dass eine Verwandtsc­haft unmöglich ist.

Wie lange wollen Sie den Dr. Heilmann noch spielen?

Rühmann: Ich entscheide das von Jahr zu Jahr. Diesmal geht der Vertrag aber über zwei Jahre. Dann werde ich überlegen. Bis jetzt gab es für mich keinen Grund zum Aufhören. Die Kreativabt­eilung denkt sich für Heilmann ja gute Geschichte­n aus. Im Moment sieht es aus, als käme noch mal eine große Liebe auf ihn zu. Mehr zur Jubiläumsf­olge lesen Sie auf der Seite Fernsehen aktuell.

Thomas Rühmann, 63, spielt seit der ersten Folge „In aller Freundscha­ft“die Rolle des Dr. Roland Heilmann. Er betreibt zudem seine eigene Bühne im brandenbur­gischen Oderbruch und tourt mit eigenen Musikproje­kten durch Deutschlan­d.

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Foto: Schulze, Saxonia, MDR, HA Kommunikat­ion, dpa 1295 OPs haben Heilmann (Thomas Rühmann, Mitte) und sein Team gemeistert. Abgehärtet hat Rühmann das nicht.

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