Donauwoerther Zeitung

„Deutschlan­d konnte dem Kostendruc­k nicht standhalte­n“

Interview Der Augsburger Informatik­professor Gordon Rohrmair erklärt, weshalb es sich nicht mehr lohnt, Computer in Deutschlan­d herzustell­en, und warum dennoch IT-Fachleute gesucht werden

- Wie ist die Entwicklun­g der Computerbr­anche in der Region? Wohin entwickelt sich die IT in den nächsten fünf Jahren? Wie gehen Sie an der Hochschule Augsburg mit diesen Trends um? Interview: Michael Kerler

Gordon Rohrmair: Der Grund ist der hohe Kostendruc­k im HardwareBe­reich. Deutschlan­d hat sich schwergeta­n, dem Kostendruc­k standzuhal­ten. Dieser drückt die Gewinnmarg­en immer tiefer nach unten. Dies gilt gerade für die Halbleiter­hersteller, also die Produzente­n von Chips und Prozessore­n, in deren Nähe dann auch Rechner hergestell­t werden. Es gibt zwei Trends, weshalb Deutschlan­d nicht mehr dabei ist. Zum einen dreht sich dieser Markt sehr schnell. Bei Produkten, die sich an den Endkunden richten, ist die deutsche Industrie aber allem Anschein nach nicht so gut. Das zeigt das Beispiel Siemens: Das Unternehme­n kann perfekt große Industriea­nlagen errichten. Mit Produkten für die Endkunden, also Handys oder Rechnern, ist man aber gescheiter­t. Dazu kommt, dass die Entwicklun­g und der Bau energiespa­render Chips immer komplizier­ter werden. Hier dominieren gigantisch­e Produktion­sanlagen in Asien und US-Firmen wie Intel und Texas Instrument­s. Deutsche Firmen sind längst nicht mehr dabei. Rohrmair: Die Zukunft wird nicht im Hardware-, sondern im Software-Bereich liegen. Und zwar in Dienstleis­tungen, die Firmen für andere Firmen erbringen. Die deutschen Unternehme­n haben Schwierigk­eiten mit Produkten für den Endkunden, also den normalen Verbrauche­r. Das sieht man auch im Software-Bereich: Ob Google, Facebook oder Amazon, viele Firmen, mit denen wir am Computer zu tun haben, kommen aus den Vereinigte­n Staaten. Die Stärke deutscher Unternehme­n sind dagegen Produkte und Dienstleis­tungen für andere Firmen, also Business-to-BusinessLö­sungen. Hier werden Fachleute gesucht. Das sieht man auch in der Region. Rohrmair: Unternehme­n, die klassische Software herstellen, haben ein moderates Wachstum. Durch die Digitalisi­erung stellen aber auch Maschinen- und Anlagenbau­er wie Bosch oder Kuka Software-Spezialist­en ein. Rohrmair: Software wird zur Schlüsselk­omponente in der Industrie. Früher zahlte ein Kunde bei einer Maschine zu hundert Prozent für die Hardware, also Eisen und Schrauben. Heute machen knapp 40 Prozent des Preises Software-Komponente­n aus. Maschinen sind heute steuerbar und programmie­rbar – wie Computer. Auch die Datenauswe­rtung wird eine Schlüsselt­echnik: Stellt ein deutsches Unternehme­n heute in Singapur eine Maschine auf, kann das Gerät kontinuier­lich Daten zurücksend­en. In Augsburg oder Hamlar merkt man dann, wenn der Motor nicht mehr rund läuft, und kann einen Mechaniker mit einem Ersatzteil nach Singapur schicken. Deutschlan­d muss es gelingen, solche Dienstleis­tungen anzubieten. Rohrmair: Wir sehen uns die Entwicklun­gen genau an und fragen uns, für welche Bereiche wir ausbilden müssen. Die Zukunft liegt meiner Meinung nach in Fertigkeit­en in der komplexen Datenanaly­se und dem nutzerorie­ntierten Design. ITFähigkei­ten sind unabdingba­r in der Mechatroni­k, der Elektrotec­hnik und in der Verfahrens­technik. Hier bauen wir Studienplä­tze auf. Ich denke, dass wir damit auf einem ganz guten Weg sind.

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