Wird „Asyltourismus“Unwort des Jahres?
Abstimmung Begriff von Ministerpräsident Söder in der Kritik
München/Darmstadt Der von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) benutzte Begriff „Asyltourismus“hat Chancen, zum nächsten „Unwort des Jahres“gekürt zu werden. Bis jetzt seien knapp 500 Einsendungen mit etwa 300 verschiedenen Vorschlägen eingegangen, teilte die sprachkritische Jury des Instituts für Sprach- und Literaturwissenschaft der Technischen Universität Darmstadt mit. Spitzenreiter sei mit ungefähr 100 Einsendungen das Wort „Asyltourismus“. Markus Söder äußerte sich dazu nicht.
Das „Unwort des Jahres“wird am 15. Januar 2019 verkündet. Die Jury entscheidet allerdings nicht nach der Häufigkeit eines Vorschlags. Sie kritisiert vielmehr Formulierungen, die „gegen das Prin- zip der Menschenwürde“und „Prinzipien der Demokratie“verstoßen, weil sie „einzelne gesellschaftliche Gruppen diskriminieren“oder „euphemistisch, verschleiernd oder gar irreführend“sind. Die Präsidentin des deutschen P.E.N.-Zentrums, Regula Venske, unterstützt den Vorschlag „Asyltourismus“. Der Begriff erfülle alle Kriterien des Unworts und sei eine „schäbige Unterstellung“, findet die Präsidentin der Schriftstellervereinigung. Tourismus assoziiere Vergnügen bei Menschen, die aus Ländern wie Syrien, Afghanistan und Südsudan auf der Flucht seien. „Sie haben nichts mehr zu verlieren, riskieren ihr Leben und haben, anders als Touristen, kein Zuhause, in das sie zurückkehren könnten.“Besonders bedenklich sei es, dass der Be- griff von Politikern gebraucht werde. „Damit befördern Politiker die Verrohung des Denkens in unserem Land. Sie sollten aber doch mäßigend einwirken und die Gesellschaft vor Spaltung bewahren.“
Andere Vorschläge sind der von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt genutzte Begriff „Anti-Abschiebe-Industrie“. Auch die Bezeichnung „Denkmal der Schande“im Zusammenhang mit dem Holocaust-Denkmal in Berlin ist unter den Einsendungen. Der Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke hatte gesagt: „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“Bis zum 31. Dezember können Bürger Vorschläge einschicken.