Das Bürgerspital zieht um
Nach 500 Jahren wechselt die Donauwörther Senioreneinrichtung den Standort. Es geht in die Nachbarschaft
Donauwörth Eine Einrichtung, die über 500 Jahren an ein und demselben Standort beheimatet bleibt, das gibt es wohl nicht all zu oft. Im Falle des Donauwörther Bürgerspitals ist das so. Doch bald wird die altehrwürdige Senioreneinrichtung umziehen. Der grundsätzliche Entschluss dazu steht seit Längerem fest. Wohin der Neubau jedoch aller Voraussicht nach kommen wird, das gab Oberbürgermeister Armin Neudert erst gestern Vormittag im Rathaus bekannt.
Der Grund für den Umzug liegt auf der Hand: In dem historischen Gebäude an der Kapellstraße ist weder eine umfangreiche Erneuerung noch eine Erweiterung möglich. Beides wäre aber bitter nötig, wie bereits im vergangenen Jahr im Stadtrat vorgerechnet worden war: Um wirtschaftlich zu arbeiten, sei eine Bettenzahl zwischen 90 und 100 notwendig (aktuell: 78), ferner entsprächen die beengten Gegebenheiten in dem alten Gemäuer nicht mehr den Anforderungen einer zeitgemäßen Pflege. Jetzt soll an anderer Stelle einiges angepasst werden, obgleich – wie OB Neudert erklärte – „der gute Geist“in das neue Haus mitgenommen werden müsse.
Wie Neudert weiter informierte, ist Heimleiterin Brigitte Wießneth jüngst in den Ruhestand getreten – ihre Nachfolge hat Claudia Riedelsheimer übernommen. Die 46-Jährige wohnt im Nachbarlandkreis Neuburg-Schrobenhausen und war zuletzt leitend bei einem ambulanten Hilfsdienst tätig. Es reize sie, so Riedelsheimer, den Neubau des Bürgerspitals zu begleiten. Die neue Heimleitung ist fortan auch für die Geschäftsführung des Spitals zuständig.
Indessen wird das neue Heim laut Neudert „im Herzen der Stadt bleiben“: Es soll am Standort des alten Pfarrbüros, unweit des Pfarrheims Zu Unserer Lieben Frau, am Hang zur Heilig-Kreuz-Wiese auf gut 3000 Quadratmetern entstehen. Das Gelände werde die katholische Kirche hierfür zur Verfügung stellen.
Dekan Robert Neuner äußerte sich denn auch sehr positiv zu dem Vorhaben: „Es ist ein wertvolles Projekt mitten in der Stadt“; das Heim für Senioren entspreche dem christlichen Gedanken der Nächstenliebe. „Die Verantwortlichen stimmen dem Projekt zu“, fasste Neuner sodann auch das Formelle zusammen. Auf weiteren 2000 Quadratmetern einer Fläche aus dem Besitz der Pädagogischen Stiftung Cassianeum kann der Neubau bei Bedarf erweitert werden. Bislang handle es sich, wie der OB erläuterte, um „Absichtserklärungen“, sämtliche potenzielle Vertragsparteien seien sich aber grundlegend einig über die Verwirklichung des Großvorhabens. Über Kosten könne man, so Neudert, zum aktuellen Zeitpunkt noch nichts sagen – man sei noch in der Konzeptionsphase. Will heißen, die Planer machten sich derzeit Gedanken um künftige Pflegeleistungen, mögliche Förderungen durch Bezirk und Kreis, freilich um die Bedürfnisse der Bewohner sowie Wirtschaftlichkeitsfragen. Beratend werde die Kölner Firma Solidaris hierbei zur Seite stehen.
Wie das Gebäude aussehen könnte, das ist ebenfalls noch unklar – es hänge auch von der pflegerischen Konzeption ab, erklärte Claudia Riedelsheimer. Das Projekt „Bürgerspital“wird im Frühjahr 2019 im Spitalausschuss der Stadt im Rahmen einer Grundlagenplanung weiter behandelt. Ab 2020 soll eine Bauplanung in den Bauausschuss eingebracht werden. 2023 ist die Zielmarke für den Umzug.
Die Zahlen waren zuletzt leider ernüchternd, doch in Bezug auf die anspruchsvolle und aufopfernde Arbeit der Pflegekräfte mit Sicherheit nicht aussagekräftig: Mitmenschlichkeit sollte nie am rein Rationalen bemessen werden.
Aber die roten Zahlen sind da – und die für den wirtschaftlichen Haushalt der Stadt Verantwortlichen müssen damit im Sinne eines möglichst ausgeglichenen Stadtsäckels jonglieren. Das Bürgerspital erwirtschaftet schon seit mehreren Jahren negative Ergebnisse. Als Grund wird die zu niedrige Bettenzahl genannt. Studien hatten diese Vermutung zuletzt bestätigt. Eine Expansion am bestehenden Standort sei indes kaum möglich. Dies ist in einem jahrhundertealten Gebäude nicht verwunderlich. Bauliche und personelle Mindestanforderungen im Bayerischen Pflegeund Wohnqualitätsgesetz machten zuletzt zusätzlich Druck. Zudem hat sich im Laufe der Jahre einiges im Haus selbst geändert – das Spital hat sich von einem klassischen Altersheim zu einem Heim mit immer höherem pflegerischen Anspruch entwickelt. Das muss beachtet werden. Stillstand soll nicht sein.
Die Stadt steht zu ihrem Bürgerspital und nimmt eine alte soziale Verpflichtung damit ernst, die sie bequem an den Landkreis abtreten könnte. Sie tut es aber nicht, obgleich sie den Kreis berechtigterweise für eine Förderung an Bord holen möchte. Das Vorgehen der Mannschaft um OB Neudert verdient für ihr soziales Pflichtbewusstsein Respekt – ebenso wie die Kirche, die Grund und Boden für das traditionsreiche Seniorenheim zur Verfügung stellt. Für die Bewohner und deren Angehörige dürfte die Nachricht über den neuen Standort indes beruhigend sein: Das Heim bleibt im Herzen der Stadt.