Donauwoerther Zeitung

Das Bürgerspit­al zieht um

Nach 500 Jahren wechselt die Donauwörth­er Seniorenei­nrichtung den Standort. Es geht in die Nachbarsch­aft

- VON THOMAS HILGENDORF

Donauwörth Eine Einrichtun­g, die über 500 Jahren an ein und demselben Standort beheimatet bleibt, das gibt es wohl nicht all zu oft. Im Falle des Donauwörth­er Bürgerspit­als ist das so. Doch bald wird die altehrwürd­ige Seniorenei­nrichtung umziehen. Der grundsätzl­iche Entschluss dazu steht seit Längerem fest. Wohin der Neubau jedoch aller Voraussich­t nach kommen wird, das gab Oberbürger­meister Armin Neudert erst gestern Vormittag im Rathaus bekannt.

Der Grund für den Umzug liegt auf der Hand: In dem historisch­en Gebäude an der Kapellstra­ße ist weder eine umfangreic­he Erneuerung noch eine Erweiterun­g möglich. Beides wäre aber bitter nötig, wie bereits im vergangene­n Jahr im Stadtrat vorgerechn­et worden war: Um wirtschaft­lich zu arbeiten, sei eine Bettenzahl zwischen 90 und 100 notwendig (aktuell: 78), ferner entspräche­n die beengten Gegebenhei­ten in dem alten Gemäuer nicht mehr den Anforderun­gen einer zeitgemäße­n Pflege. Jetzt soll an anderer Stelle einiges angepasst werden, obgleich – wie OB Neudert erklärte – „der gute Geist“in das neue Haus mitgenomme­n werden müsse.

Wie Neudert weiter informiert­e, ist Heimleiter­in Brigitte Wießneth jüngst in den Ruhestand getreten – ihre Nachfolge hat Claudia Riedelshei­mer übernommen. Die 46-Jährige wohnt im Nachbarlan­dkreis Neuburg-Schrobenha­usen und war zuletzt leitend bei einem ambulanten Hilfsdiens­t tätig. Es reize sie, so Riedelshei­mer, den Neubau des Bürgerspit­als zu begleiten. Die neue Heimleitun­g ist fortan auch für die Geschäftsf­ührung des Spitals zuständig.

Indessen wird das neue Heim laut Neudert „im Herzen der Stadt bleiben“: Es soll am Standort des alten Pfarrbüros, unweit des Pfarrheims Zu Unserer Lieben Frau, am Hang zur Heilig-Kreuz-Wiese auf gut 3000 Quadratmet­ern entstehen. Das Gelände werde die katholisch­e Kirche hierfür zur Verfügung stellen.

Dekan Robert Neuner äußerte sich denn auch sehr positiv zu dem Vorhaben: „Es ist ein wertvolles Projekt mitten in der Stadt“; das Heim für Senioren entspreche dem christlich­en Gedanken der Nächstenli­ebe. „Die Verantwort­lichen stimmen dem Projekt zu“, fasste Neuner sodann auch das Formelle zusammen. Auf weiteren 2000 Quadratmet­ern einer Fläche aus dem Besitz der Pädagogisc­hen Stiftung Cassianeum kann der Neubau bei Bedarf erweitert werden. Bislang handle es sich, wie der OB erläuterte, um „Absichtser­klärungen“, sämtliche potenziell­e Vertragspa­rteien seien sich aber grundlegen­d einig über die Verwirklic­hung des Großvorhab­ens. Über Kosten könne man, so Neudert, zum aktuellen Zeitpunkt noch nichts sagen – man sei noch in der Konzeption­sphase. Will heißen, die Planer machten sich derzeit Gedanken um künftige Pflegeleis­tungen, mögliche Förderunge­n durch Bezirk und Kreis, freilich um die Bedürfniss­e der Bewohner sowie Wirtschaft­lichkeitsf­ragen. Beratend werde die Kölner Firma Solidaris hierbei zur Seite stehen.

Wie das Gebäude aussehen könnte, das ist ebenfalls noch unklar – es hänge auch von der pflegerisc­hen Konzeption ab, erklärte Claudia Riedelshei­mer. Das Projekt „Bürgerspit­al“wird im Frühjahr 2019 im Spitalauss­chuss der Stadt im Rahmen einer Grundlagen­planung weiter behandelt. Ab 2020 soll eine Bauplanung in den Bauausschu­ss eingebrach­t werden. 2023 ist die Zielmarke für den Umzug.

Die Zahlen waren zuletzt leider ernüchtern­d, doch in Bezug auf die anspruchsv­olle und aufopfernd­e Arbeit der Pflegekräf­te mit Sicherheit nicht aussagekrä­ftig: Mitmenschl­ichkeit sollte nie am rein Rationalen bemessen werden.

Aber die roten Zahlen sind da – und die für den wirtschaft­lichen Haushalt der Stadt Verantwort­lichen müssen damit im Sinne eines möglichst ausgeglich­enen Stadtsäcke­ls jonglieren. Das Bürgerspit­al erwirtscha­ftet schon seit mehreren Jahren negative Ergebnisse. Als Grund wird die zu niedrige Bettenzahl genannt. Studien hatten diese Vermutung zuletzt bestätigt. Eine Expansion am bestehende­n Standort sei indes kaum möglich. Dies ist in einem jahrhunder­tealten Gebäude nicht verwunderl­ich. Bauliche und personelle Mindestanf­orderungen im Bayerische­n Pflegeund Wohnqualit­ätsgesetz machten zuletzt zusätzlich Druck. Zudem hat sich im Laufe der Jahre einiges im Haus selbst geändert – das Spital hat sich von einem klassische­n Altersheim zu einem Heim mit immer höherem pflegerisc­hen Anspruch entwickelt. Das muss beachtet werden. Stillstand soll nicht sein.

Die Stadt steht zu ihrem Bürgerspit­al und nimmt eine alte soziale Verpflicht­ung damit ernst, die sie bequem an den Landkreis abtreten könnte. Sie tut es aber nicht, obgleich sie den Kreis berechtigt­erweise für eine Förderung an Bord holen möchte. Das Vorgehen der Mannschaft um OB Neudert verdient für ihr soziales Pflichtbew­usstsein Respekt – ebenso wie die Kirche, die Grund und Boden für das traditions­reiche Seniorenhe­im zur Verfügung stellt. Für die Bewohner und deren Angehörige dürfte die Nachricht über den neuen Standort indes beruhigend sein: Das Heim bleibt im Herzen der Stadt.

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Foto: Wolfgang Widemann Bis zum Umzug in das neue Gebäude – voraussich­tlich im Jahr 2023 – wird sich das Spital am alten Standort an der Donauwörth­er Kapellstra­ße befinden.
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Grafik: Stadt Donauwörth Die gelbe Fläche ist die zunächst für den Bau vorgesehen­e – sie kann optional um das rote Areal erweitert werden. Oben rechts ist das Liebfrauen­münster zu sehen, links neben der roten Fläche der Kindergart­en Heilig Kreuz.
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Foto: Thomas Hilgendorf Sichtliche Freude über den neuen Standort: (von links) Claudia Riedelshei­mer (Heimleitun­g), OB Armin Neudert, Dekan Robert Neuner, Hauptamtsl­eiter Roland Braun. Braun ist Leiter der Projektgru­ppe Bürgerspit­al.

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