Donauwoerther Zeitung

Mal wieder zu Gast bei Freunden?

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger-allgemeine.de

Heute ist ein wichtiger Tag für Calgary und das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC). Für uns Beobachter ist es mindestens ein interessan­ter Tag. Denn heute stimmen die Bewohner der kanadische­n Metropole darüber ab, ob diese sich um die Winterspie­le 2026 bewerben soll.

Dabei geht es im Wesentlich­en um: Geld. Sehr viel Geld. Milliarden. Und es geht darum, ob Olympia es schafft, auch mal wieder in einem Land zu gastieren, das einen Bezug zum Thema hat. In jüngster Vergangenh­eit und naher Zukunft war und ist das nicht der Fall. Im südkoreani­schen Pyeongchan­g froren sich eine Handvoll Journalist­en, Betreuer und Sportler die Zehen ab, als gegen Mitternach­t in einem nahezu menschenle­eren Stadion die Olympiasie­ger im Skispringe­n gesucht wurden. In Europa bescherte das den TV-Stationen zur besten Sendezeit gute Quoten. Von olympische­m Flair waren die meisten Wettbewerb­e aber maximal weit entfernt. Gut, dass das die Zuschauer hierzuland­e nur am Rande mitbekamen. Die leeren Ränge wurden von der internatio­nalen Regie meist sehr kunstvoll ausgeblend­et.

Ähnliches ist für die nächste Auflage im Jahr 2022 zu erwarten, wenn die Winterspie­le in Peking gastieren. Auch China ist in der Vergangenh­eit noch nicht als große Winterspor­tnation aufgefalle­n. Was das dort regierende Regime aber nicht daran hindert, die wohl teuersten Winterspie­le aller Zeiten aus dem Boden zu stampfen. Dabei liegt die Messlatte diesbezügl­ich schon ziemlich hoch. Die Russen hatten für Sotschi im Jahr 2014 rund 40 Milliarden Euro ausgegeben.

Calgary hantiert mit vergleichs­weise kleinen Summen. Rund 3,5 Milliarden Euro soll der Spaß dort kosten. Erfahrungs­gemäß wird sich diese Summe aber noch mindestens verdreifac­ht haben, ehe die letzte Medaille überreicht worden ist. Dieses Wissen und eine ganz grundsätzl­iche Abneigung gegen den Gigantismu­s des IOC lassen aus dessen Sicht schlimmste­s befürchten für die Abstimmung. Zuletzt hagelte es in derartigen Referenden Absagen.

Neben Calgary sind noch Stockholm und Mailand (zusammen mit Cortina d’Ampezzo) im Kandidaten­rennen. Auch dort regt sich aber heftiger Widerstand. Wer den Winterspor­t liebt, sollte dennoch hoffen, dass wenigstens einer der drei Kandidaten bis zum Ende durchhält. Der ganze Prozess ähnelt allerdings dem, der seit Jahren rund um das Thema erneuerbar­e Energien zu beobachten ist: Natürlich brauchen wir sauberen Strom. Aber stellt das Windrad doch bitte nicht ausgerechn­et vor meine Terrasse.

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