Gammelfleisch: Saftige Geldstrafe für Nördlinger Wirt
Kontrolleure stellen etliche Vergehen fest. Der Gastronom vermutet eine Verschwörung
Nördlingen Der eine nennt es „Reifekulturen“, der andere gesundheitsschädlichen Schimmel: Ein Nördlinger Gastronom musste sich vor dem Nördlinger Amtsgericht verantworten, weil Lebensmittelkontrolleure in seinem Lokal zahlreiche Missstände gegen die geltenden Lebensmittelbestimmungen festgestellt haben wollen.
Bei mehreren Besuchen in den vergangenen Jahren seien dabei erhebliche Hygienemängel entdeckt worden, hieß es in der Anklageschrift. So habe man im Kühlraum des 69-jährigen Gastwirts Fleischund Wurstwaren gefunden, die laut Etikett seit mehreren Monaten abgelaufen waren. Bei gelagerten Schnitzeln hätte der Verwesungsprozess bereits eingesetzt. Bei einer weiteren Kontrolle bemängelte die Behörde verschimmelten rohen Schinken, verdorbenes Geflügelfleisch sowie „faulige, stechende Gerüche“, die von weiterem gelagerten Fleisch ausgegangen sein sollen – nur ein Auszug aus den Notizen. Die Konsequenz für den Gastwirt war ein saftiger Strafbefehl: Der Nördlinger sollte insgesamt 14 000 Euro wegen der Vergehen bezahlen. Dagegen legte der Gastronom Widerspruch ein. So musste sich das Nördlinger Amtsgericht mit dem Fall befassen.
Vor Gericht wurde schnell deutlich, dass die Chancen des Gastwirts, der sich zunächst vehement gegen die Vorwürfe wehrte, schlecht standen. Er habe niemandem unrecht getan, wiederholte der 69-Jährige gebetsmühlenartig. Es stimme zwar, dass er mitunter etwas schlampig bei der Arbeit gewesen sei, aber verdorbenes Essen habe er seinen Kunden nicht vorgesetzt. Er komme nur nicht jeden Tag dazu, die Ware zu prüfen. Stattdessen zweifelte der Nördlinger an der Kompetenz der Lebensmittelkontrolleure. Diese könnten durch ihre mangelnden Fachkenntnisse nicht erkennen, dass es sich bei den weißen Spuren auf dem Schinken beispielsweise um Reifekulturen gehandelt habe. Da ging Vorsitzender Richter Gerhard Schamann dazwischen. Eine Gutachterin hätte die Proben der Lebensmittelkontrolleure untersucht und sei zu dem Schluss gekommen, dass das geprüfte Fleisch definitiv ungenießbar gewesen sei.
Der Gastwirt beharrte darauf, niemandem geschadet zu haben. Er vermutete vielmehr eine Verschwörung der Behörden gegen sich. „Das läuft doch nach dem Motto: Den kriegen wir schon klein“, sagte der Angeklagte. Nach einer ersten Kontrolle habe er lediglich einen Bußgeldbescheid über 300 Euro bezahlen sollen, das habe er abgelehnt. Nach weiteren Kontrollen seien es dann plötzlich 14 000 Euro gewesen. Das könne nicht mit rechten Dingen zugehen, vermutete der 69-Jährige.
Schamann erklärte, dass bei den weiteren Kontrollen auch zusätzliche Missstände beanstandet wurden. Da sich trotz der Hinweise durch das Landratsamt aber keine Besserung seitens des Gastwirts gezeigt habe, sei die Strafe deutlich höher ausgefallen. Der Richter ließ jedoch durchblicken, dass ihm 14000 Euro ebenfalls recht hoch gegriffen schienen.
Die Bemühungen des Verteidigers, die angeführten Missstände abzumildern („Über die Verwendung von Produkten, bei denen lediglich das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist, kann man ja bekanntlich streiten“), blieben erfolglos. Genau wie die des Gastwirts, der erklärte, den beanstandeten Speck könne man ja noch zum Anrösten im Sauerkraut verwenden, der sei ja nur für den Geschmack und werde nicht mitserviert.
Der Angeklagte folgte schließlich der Empfehlung des Richters, räumte die Anschuldigungen ein und beschränkte den Einspruch auf die Höhe des Strafmaßes. Weil der Gastwirt sich in schlechtem gesundheitlichem Zustand befinde und der Betrieb nach Auskunft der Steuerbehörde im vergangenen Jahr rote Zahlen schrieb, wurde die Geldstrafe auf 130 Tagessätze zu je 40 Euro festgelegt, also auf 5200 Euro.
Im Zuhörerraum des Gerichtssaals folgten Mitarbeiter des Nördlinger Ordnungsamts und des Landratsamts der Verhandlung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.