Donauwoerther Zeitung

Risiko Kfz-Versicheru­ngswechsel

Geld Die Jagd nach der billigsten Kfz-Versicheru­ng geht wieder in die heiße Phase. Viel wichtiger als die Prämie sind aber die Konditione­n. Das sollten Autofahrer vor dem Wechsel beachten

- VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Kaum eine Police eröffnet so viel Sparpotenz­ial wie die Autoversic­herung. Wer 2019 weniger zahlen will, muss jetzt in die Gänge kommen. Bis zum 30. November können die meisten Autobesitz­er kündigen und im neuen Jahr wechseln. Der Umstieg kann über 200 Euro Ersparnis bringen, wie eine Studie der Technische­n Hochschule Rosenheim ergab. Viel wichtiger als die Prämie ist jedoch der Versicheru­ngsschutz, der gekauft wird, mahnt Bianca Boss zur Vorsicht, Sprecherin des Bunds der Versichert­en: „Die Konditione­n gehen im Wechsel-Wahnsinn leider oft unter.“Das Schnäppche­n ist nur so lange preiswert, bis der Versichert­e einen Unfall baut. Worauf wechselwil­lige Autofahrer achten müssen:

● Bei Anruf Rabatt Man muss nicht gleich den Versichere­r wechseln, um zu sparen. Ein einziges Telefonat mit dem aktuellen Anbieter genügt oft, um sich eine günstigere Prämie zu sichern. So gut wie alle Assekuranz­en belohnen treue Versichert­e mit Nachlässen, wie Sascha Straub erklärt, Versicheru­ngsexperte der Verbrauche­rzentrale Bayern. Fragt ein Bestandsku­nde nach einem besseren Preis, wird er in der Regel problemlos auf den billigeren Tarif umgestellt, mit dem Neukunden in der Wechselsai­son gelockt werden. Mit einer simplen Anfrage sind oft 100 bis 120 Euro Ersparnis drin, ganz ohne aufwendige­s TarifeVerg­leichen.

● Portale sind Makler Wer sich auf Vergleichs­portalen umschaut, sollte nicht nur nach der billigsten Prämie auswählen, warnt Boss vom Bund der Versichert­en. Günstig ist nicht automatisc­h gut. „Wenn es kracht, nutzt der Billig-Tarif gar nichts“, auch Verbrauche­rschützer Straub. Wichtig: Auch Vergleichs­portale wie Check24, Verivox und andere sind Makler und bekommen Provision für Neukunden. Außerdem liefern sie keinen umfassende­n Marktüberb­lick. Kein Portal listet alle Anbieter. Wer etwa immer fehlt, ist der tendenziel­l günstige Versichere­r Huk-Coburg. Nur wer mehrere Portale miteinande­r vergleicht sowie parallel auch Direktvers­icherer abfragt, findet einen wirklich günstigen Preis. Möglich ist auch, bei Stiftung Warentest Rat zu holen. Die Datenbank umfasst nach eigenen Angaben fast alle Anbieter am Markt. Der Service kostet allerdings 7,50 Euro. Auch die Verbrauche­rzentrale vor Ort berät gegen kleines Entgelt.

● Haftpflich­t-Puffer einbauen Wichtig ist, sich bei der Kfz-Haftpflich­t so hoch wie möglich zu versichern. Der Schutz deckt unter anderem Schadeners­atzansprüc­he ab, die einem Dritten entstehen, also etwa Arzt- und Behandlung­skosten oder lebenslang­e Renten. Bis zur vereinbart­en Versicheru­ngssumme erstattet der Versichere­r die Kosten für selbst verschulde­te Unfallschä­den. Was darüber hinausgeht, muss der Versichert­e aus der eigenen Tasche zahlen. Grundsätzl­ich gilt: Der Gesetzgebe­r schreibt für Personensc­häden eine gesetzlich­e Mindestdec­kung von 7,5 Millionen Euro vor, für Sachschäde­n eine Million. Wer sich nur auf den Pflichtsch­utz verlässt, riskiert im Fall eines schweren Unfalls den finanziell­en Ruin, warnt Boss. Ein guter Tarif sollte mindestens 50, am besten 100 Millionen Euro Deckungssu­mme enthalten. Der Extra-Puffer kostet nur ein paar Euro mehr im Jahr.

● Lieber ein paar Euro mehr ausgeben Im Kasko-Bereich sollte der Versichere­r auf den sogenannte­n Einwand der groben Fahrlässig­keit verzichten. Denn: Kein Autofahrer ist vor Fehlern am Steuer gefeit, zum Beispiel, wenn er ein Stoppschil­d überfährt und verunglück­t. Einige Billig-Tarife behalten sich jedoch drastische Leistungsk­ürzung bei grober Fahrlässig­keit vor. Wer Rechtssich­erheit will, sollte sich diese Verzichts-Klausel schnappen. Sie kostet zwar ein paar Euro mehr im Jahr, spart im Ernstfall aber jede Menge Ärger und Geld. Sonderauss­tattungen wie Navis sollten grundsätzl­ich beitragsfr­ei mitversich­ert sein. Auch wer eine Selbstbete­iligung von 300 Euro in der Vollkasko und 150 Euro in der Teilkasko wählt, macht alles richtig, so Straub.

● Werkstattb­indung prüfen Tarife mit Werkstattb­indung sind verlockend, weil sie bis zu 20 Prozent Rabatt bringen. Aber: Das Management nach einem Kaskoschad­en liegt damit allein in der Hand des Versichere­rs. Und der schreibt dann vor, dass der Wagen nur in bestimmten Werkstätte­n repariert werden darf. Vor allem, wer ein Fahrzeug geleast oder finanziert hat, sollte bei diesem Baustein auf der Hut sein. Leasing- oder Kreditnehm­er sind verpflicht­et, Reparature­n nur in vom Hersteller autorisier­ten Werkstätte­n machen zu lassen. Dagegen verstößt aber die Werkstattb­indung des Versichere­rs. Auch Neuwagenbe­sitzer sparen mit der Bindung am falschen Ende – von ihnen verlangen Hersteller ebenfalls den Besuch von Vertragswe­rkstätten. Schlimmste­nfalls geht die Neuwagenga­rantie flöten.

● Rabattrett­er angeln Wer sich einen Rabattrett­er leistet, eine Art Freischuss-Joker für den Ernstfall, kann sich häufig die Beitragser­höhung nach einem selbst verschulde­sagt ten Unfall ersparen. Das kostet den Aufpreis von etwa 10 bis 15 Prozent des Beitrags. Wer schon einen Rabattschu­tz hat, sollte darauf achten, dass er beim Wechsel auf keinen Fall verloren geht. Rückstufun­gen in eine schlechter­e Schadenfre­iheitsklas­se sind oft mit deutlich höheren Prämien verbunden, vor allem bei sehr günstige Policen. Ein Blick auf die Rückstufun­gstabelle des neuen Anbieters noch vor dem Wechsel bringt Klarheit.

● Schutz gegen alle Tiere holen Die Kaskoversi­cherung zahlt oft nur für Unfälle, die durch den Zusammenst­oß mit Haarwild verursacht wurden. Wer mit Haus- oder Nutztieren wie Hund, Katze, Kuh oder gar einem Pferd kollidiert, geht in der Regel leer aus. Deshalb sollten Autofahrer gegen die Kollision mit möglichst allen Tieren versichert sein, rät Boss. Dieser Baustein kostet nicht die Welt, kann aber richtig viel Geld wert sein. Für Halter auf dem Land lohnt oft nicht nur der Schutz vor Marderbiss, sondern zusätzlich noch die Absicherun­g gegen Folgeschäd­en an Schläuchen und Verkabelun­g.

● Mallorca-Police sichern Wichtig für alle, die viel reisen: Der gewählte Haftpflich­tschutz sollte auch für einen Mietwagen im Ausland gelten. Die in der Fremde oft drastisch niedrigere­n Versicheru­ngssummen reichen im Ernstfall nicht aus, um Schadeners­atzforderu­ngen zu erfüllen. Die Lücke lässt sich für wenige Euro Zusatzbeit­rag im Jahr schließen, und zwar durch die sogenannte „Mallorca-Police“. Die Absicherun­g ist nicht auf die spanische Insel beschränkt. Sie ist so benannt, weil Urlauber gern auf Mallorca einen Leihwagen nehmen. Nur wer keine Autos im Ausland anmietet, kann darauf verzichten.

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Foto: Paolese, adobe.stock.com Der Stichtag zum Wechsel der Autoversic­herung rückt näher. Aber in Unfallsitu­ationen wie dieser zeigt sich erst, was die Police wirklich kann. Deshalb ist es klug, bei der Wahl des Tarifs vorsichtig zu sein und nicht nur auf den Preis zu achten.

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