Donauwoerther Zeitung

Streit um Iller-Kraftwerk: Kläger fahren Niederlage ein

Gericht Der Bund Naturschut­z ist mit seiner Beschwerde gegen die Baugenehmi­gung gescheiter­t. Aufgeben will er nicht

- VON JENS CARSTEN

Illertisse­n Abgewiesen: Mit der Klage gegen die Baugenehmi­gung eines sogenannte­n Schachtkra­ftwerks bei Illertisse­n (Landkreis Neu-Ulm) hat der Bund Naturschut­z eine Niederlage kassiert. Das zuständige Verwaltung­sgericht in Sigmaringe­n lehnte die juristisch­e Beschwerde gegen die Pläne ab. Das geht aus einem Urteil hervor, das am Donnerstag veröffentl­icht wurde. Eine Begründung dafür werden die Richter erst in den kommenden Wochen liefern, hieß es. Die Entscheidu­ng war in der Region mit Spannung erwartet worden: Zwischen Memmingen und Illertisse­n sind insgesamt acht solcher Kraftwerke geplant. Und die sind umstritten: Die Gegner befürchten, dass die Renaturier­ung der Iller dadurch blockiert wird.

Entspreche­nd enttäuscht reagierte die Klägerseit­e auf das Urteil: „Das ist bitter“, sagte Bernd KurusNägel­e, der Geschäftsf­ührer des Bund Naturschut­z im Landkreis Neu-Ulm. Er sieht in dem Kraftwerks­bau einen „Sargnagel“für die Iller: Die zahlreiche­n Wehre hemmten die Fließgesch­windigkeit, was sich negativ auf Natur und Tierwelt auswirke. Diese Bauwerke müssten im Zuge einer naturnahen Gestaltung entfernt oder durch noch anzulegend­e Rampen umgangen werden – baue man allerdings, wie geplant, ein Kraftwerk in das Wehr ein, sei das eine Bestandsga­rantie. Und es bleibe bei der unbefriedi­genden Situation. Kurus-Nägele warnt: Im einige Kilometer entfernten Naturschut­zgebiet Untere Illerauen hätten seltene Tierarten wie Kammmolche eine Heimat gefunden. Sie seien nun in Gefahr. Würden nämlich wenige Steine am Boden der Iller mitgespült (weil sie in den Wehren hängen bleiben), grabe sich der Fluss immer tiefer ein. Dann sinke der Wasserspie­gel auch in den angrenzend­en Tümpeln, Lebensräum­e gingen verloren. Das dürfe laut EU-Recht nicht passieren, weshalb das Kraftwerk „ein grober Verstoß“sei, sagt Kurus-Nägele.

Und das noch in anderer Hinsicht: Beim Genehmigun­gsverfahre­n habe es das Landratsam­t des Alb-Donau-Kreises in Ulm (der Standort des Kraftwerks befindet sich auf baden-württember­gischen Gebiet) versäumt, etwaige Folgen für die in dem Bereich lebenden Zauneidech­sen zu prüfen. Aus Sicht von Kurus-Nägele hätte allein dieser Fehler zum Erfolg der Klage führen müssen. Hat er aber nicht.

Der Knackpunkt: Ein Abriss der bestehende­n Wehre ist weder vorgesehen noch rechtlich verankert. Das wurde vonseiten der Richter festgestel­lt. Eine frei fließende Iller sei also „eine Vision“. Die von Umweltschü­tzern kritisiert­e Situation habe sich über Jahrzehnte entwickelt.

„Dafür können wir nichts“, sagte Bauherr Mathias Fontin nach der Urteilsver­kündung. Er betonte, dass das Schachtkra­ftwerk, anders als von den Klägern behauptet, Steine und Lebewesen durchlasse. Und zwar besser als bisher. Die von der TU München für geringe Wasserfall­höhen entwickelt­e Anlage werde das Areal also ökologisch aufwerten. Fontin äußerte sich erfreut über das Urteil: „Wir wollen jetzt natürlich loslegen.“Frühestens sei das wohl im Herbst 2019 möglich.

Hinnehmen wollen die Kläger das Urteil indessen nicht: Man werde eine Berufung beantragen, sagte Kurus-Nägele. Auch für die weiteren Kraftwerks­bauten kündigte er Widerstand an. „Wir werden nicht aufgeben.“

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Foto: Hedwig Oschwald In dieses Wehr soll das Kraftwerk eingebaut werden.

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