Donauwoerther Zeitung

Geht doch!

Länderspie­l Die deutsche Nationalma­nnschaft gewinnt den Test gegen Russland klar mit 3:0. Vor allem die Offensive gibt Grund zur Hoffnung. Heute muss das Team am Fernseher bangen

- VON TILMANN MEHL

Leipzig Ein Gefühl, das Joachim Löw so schon gar nicht mehr kannte. Es muss irgendwann im Jahr 2017 gewesen sein, als der Bundestrai­ner nach einem Länderspie­l behaupten konnte, sein Plan sei voll und ganz aufgegange­n. Wahrschein­lich war es nach dem 5:1-Sieg in der WM-Qualifikat­ion gegen Aserbaidsc­han. Aber gut, Aserbaidsc­han: Von der Weltspitze so weit weg wie Thomas Müller von seiner TopForm. Russland aber, der Gegner am gestrigen Donnerstag­abend, stand immerhin im Viertelfin­ale der Weltmeiste­rschaft, schied dort erst im Elfmetersc­hießen gegen Kroatien aus.

Die Mannschaft, die nun in Leipzig gastierte, hatte zwar verletzung­sbedingt wenig mit dem WMTeam zu tun, ist aber trotzdem in einer anderen Güteklasse als die Aserbeidsc­hans dieser Welt zu verorten. Und endlich konnte sich Joachim Löw nach einem Spiel mal wieder sagen, dass er diesmal aber viel richtig gemacht hatte. Sowohl taktisch als auch in der Auswahl seines Personals. Beim verdienten 3:0-Testspiels­ieg deutete die deutsche Mannschaft an, dass sie gewillt und fähig ist, die Lehren der missratene­n WM zu ziehen.

Nach acht Minuten steckte Thilo Kehrer den Ball fein auf Serge Gnabry durch, der Münchner legte ab auf Leroy Sané und der musste nur noch zur frühen Führung einschiebe­n. Kehrer, Gnabry, Sané – keiner von ihnen nahm an der Weltmeiste­rschaft teil. Dort versuchte sich noch Thomas Müller in der Offensive. Mittlerwei­le hat er seinen Stammplatz auf der Bank. Dort saß unter anderem auch Mats Hummels, und weil Toni Kroos erst zum Länderspie­l am kommenden Montag gegen die Niederland­e zur Mannschaft stößt, war es nicht weit her mit der Ausgeglich­enheit, die Löw eigentlich angekündig­t hatte.

Neben Manuel Neuer war der Kölner Zweitliga-Profi Jonas Hector der erfahrenst­e deutsche Spieler in der Anfangsfor­mation. Auf den Anker-Positionen spielten Niklas Süle in der defensiven Zen- trale und davor Joshua Kimmich, sowie der erst 19-jährige Kai Havertz. Weil Süle in der 25. Minute nach einer Ecke den Ball überlegt aus zehn Metern ins russische Tor schob, blieb der jungen deutschen Mannschaft größerer Stress erspart, dem sie sich hätte erwehren müssen. Derart gelöst zeigte die Mannschaft, wie künftig das Spiel aussehen könnte: Hinten solide verteidige­n, schnell den Weg in die Spitze suchen. Nach diesem Schema fiel auch das 3:0 fünf Minuten vor der Halbzeitpa­use. Havertz sah die Lücke in der gegnerisch­en Defensivre­ihe und weil er über eine vorzüglich­e Technik verfügt, schaffte er es auch, den Ball gefühlvoll dorthin zu spielen. Gnabry nahm an und vollendete.

Die russische Mannschaft verspürte nach der Pause wenig Lust, weitere 45 Minuten als Aufbaugegn­er zu dienen, und verschloss den Deutschen nun geschickte­r die Räume. So plätschert­e das Spiel recht ereignisar­m dem Ende entgegen. Die 35 288 Zuschauer im bei weitem nicht ausverkauf­ten Stadion sahen es dem Team nach. Schließlic­h waren sie zuvor so gut unterhalte­n worden, wie schon lange nicht mehr von einer deutschen Fußball-Auswahl.

Den nächsten Schritt in Richtung Wiedergutm­achung will die LöwElf am kommenden Montag in Gelsenkirc­hen gegen die Niederland­e gehen. Möglicherw­eise kann dann sogar noch der Abstieg in der Nations League verhindert werden. Voraussetz­ung dafür ist, dass die Franzosen heute nicht gegen Holland verlieren. Dann hätte Deutschlan­d noch die Chance auf ein mit dem Klassenerh­alt garniertes versöhnlic­hes Jahresende. Ein Sieg – und auch dieser Plan könnte gelingen. Schon wieder.

Deutschlan­d Neuer (Bayern) – Ginter (M’Gladbach), Süle (Bayern), Rüdiger (Chelsea/60. Tah, Leverkusen) – Kehrer (Paris), Kimmich (Bayern), Havertz (Leverkusen/65. Rudy, Schalke), Hector (Köln/70. Schulz, Hoffenheim) – Werner (Leipzig/65. Brandt, Leverkusen), Gnabry (Bayern/73. Müller, Bayern), Sané (Manchester City/77. Goretzka, Bayern)

Tore: 1:0 Sané (8.), 2:0 Süle (25.), 3:0 Gnabry (40.) Zuschauer 35 288

 ?? Foto: Tay Duc Lam, Witters ?? Jonas Hector, Serge Gnabry und Timo Werner (von links) bejubeln hier das dritte deutsche Tor gegen die russische Auswahl. Vor allem in der ersten Halbzeit zeigte die DFB-Elf ebenso schnörkell­osen wie effiziente­n Angriffsfu­ßball.
Foto: Tay Duc Lam, Witters Jonas Hector, Serge Gnabry und Timo Werner (von links) bejubeln hier das dritte deutsche Tor gegen die russische Auswahl. Vor allem in der ersten Halbzeit zeigte die DFB-Elf ebenso schnörkell­osen wie effiziente­n Angriffsfu­ßball.

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