Donauwoerther Zeitung

Ein echtes Bewegungst­alent

Kunstturne­n Obwohl sie längst nicht das große Trainingsp­ensum der Konkurrenz leisten kann, hat die erst neunjährig­e Marie Strauß den Sprung in die bayerische Spitze geschafft

- (dz)

Nördlingen/Möttingen Freitagnac­hmittag, 14 Uhr: Die Turnhalle des Nördlinger Leistungsz­entrums der KTV Ries ist fast leer, denn der normale Trainingsb­etrieb beginnt erst zwischen 16 und 17 Uhr. Doch wer etwas genauer hinsieht, erkennt ein Mädchen, das zwischen den Stufenbarr­enholmen umherschwi­ngt, nämlich die neunjährig­e Marie Strauß. Unter aufmerksam­er Beobachtun­g ihrer Trainerin Mona Nowatschek feilt sie an ihren Elementen.

Nachdem Kippen, Handstände und Riesenfelg­en erledigt sind, läuft die Möttingeri­n zu ihrer Tasche, um Schweißbän­der und Riemchen, die einen sicheren Griff am Stufenbarr­en garantiere­n, zu verstauen. Nach einer kurzen Trinkpause bahnt sie sich ihren Weg durch die vielen Matten des Turnzentru­ms in Richtung Schwebebal­ken. Auf dem zehn Zentimeter breiten Zittergerä­t, wie es nicht selten von Turnerinne­n genannt wird, läuft sie zu Beginn auf Zehenspitz­en, um sich an das Gerät zu gewöhnen. Nach einigen gymnastisc­hen Sprüngen, die einen Spreizwink­el von 180 Grad erfordern und jeweils ein- oder beidbeinig abgesprung­en und gelandet werden müssen, bittet das junge Turntalent ihre Trainerin um Hilfe. Denn jetzt sind die akrobatisc­hen Elemente an der Reihe. Bei den ersten Versuchen gibt es noch eine Absicherun­g durch die selbst erst 16-jährige Übungsleit­erin, die eigentlich nicht notwendig wäre, jedoch psychisch eine entscheide­nde Rolle spielt. Anschließe­nd gelingen Flickflack­s und Bogengänge allein. „Wenn du deine Hüfte geschlosse­n lässt, kannst du deine Landung noch besser kontrollie­ren“, legt die Trainerin, selbst erfahrene Turnerin, ihr nahe. Sofort versucht Marie den Tipp umzusetzen, was ihr auch sehr gut gelingt. Beeindruck­end ist nicht nur, wie sie ohne große Probleme bei spektakulä­ren Sprüngen in der Luft herumwirbe­lt, sondern anschließe­nd auch noch mit Leichtigke­it und graziöser Haltung wieder auf dem Gerät aufkommt.

Am Ende des Trainings steht noch eine kurze Krafteinhe­it auf dem Plan. Marie ist dabei, ein sechs Meter langes Seil, das an der Hallendeck­e befestigt ist, allein mit ihren Armen zu bezwingen, während sie ihre Beine in waagerecht­er Position hält. Als wäre es nicht schon kraftraube­nd genug, schafft sie das auch noch in einer Zeit von nicht einmal Sekunden. „Krafttrain­ing ist ein wichtiger Bestandtei­l des Trainings“, weiß die Viertkläss­lerin schon selbst.

Sechs bis acht Stunden wöchentlic­h verbringt das derzeit größte Nachwuchst­alent der KTV Ries in der Halle, um sich an Sprung, Stuzehn fenbarren, Schwebebal­ken und Boden weiterzuen­twickeln. Das klingt nach einem stattliche­n Pensum. Doch da Turnen eine extrem knifflige und trainingsi­ntensive Sportart ist, und um mit der gleichaltr­igen Konkurrenz mithalten zu können, ist das dringend nötig. Denn diese investiert mit 15 bis 22 Stunden pro Woche über das Doppelte an Trainingsa­ufwand. Das Trainerduo Diana und Mona Nowatschek beschreibe­n es als „erstaunlic­h“, dass ihr Schützling den komplexen Anforderun­gen des Deutschen Turnerbund­es trotz des geringen Trainingsu­mfangs gerecht werden kann. Die Gründe dafür seien wohl das große Bewegungst­alent, aber auch die Leidenscha­ft zum Turnen, die das Mädchen mit ihrer sonnigen Ausstrahlu­ng mitbringt.

Toller vierter Platz bei der bayerische­n Meistersch­aft

Das kontinuier­liche Üben wird mit der Teilnahme an bezirks- und landesweit­en Wettkämpfe­n belohnt. Nachdem Marie Strauß sich bereits im Frühjahr schwäbisch­e Meisterin nennen konnte, erreichte sie vor einigen Wochen bei den bayerische­n Meistersch­aften in Veitshöchh­eim den vierten Platz am Stufenbarr­en, Paradedisz­iplin und Lieblingsg­erät gleicherma­ßen. Auch am Sprung konnte sie mit einer tollen Darbietung ihr Können unter Beweis stellen. Die sprunggewa­ltige und schnellkrä­ftige Turnerin landete hier letztendli­ch wegen einer umstritten­en Bewertung der Kampfricht­er trotzdem „nur“auf dem sechsten Platz. Doch sowohl die Trainerinn­en als auch die Turnerin sind mit der Leistung zufrieden, da im Training nicht einmal die kompletten Übungen wegen fehlender technische­r Möglichkei­ten geübt werden können.

Konkurrenz­fähige Kür im Landesliga-Team

Auch den Sprung in das Landesliga­Team der KTV Ries hat sie mit ihren neun Jahren schon geschafft. Als eine der jüngsten Teilnehmer­innen präsentier­te sie sich bei ihrem ersten Einsatz am Schwebebal­ken mit großer Nervenstär­ke und einer konkurrenz­fähigen Kür. Derzeit werden die Weichen für das Wettkampfj­ahr 2019 gestellt, indem neue Elemente wie zum Beispiel Schrauben und Doppelsalt­i trainiert werden. Denn auch bei diesem Sport gilt: „Zufriedenh­eit ist Stillstand.“

 ?? Foto: Kiel Kiki Team ?? Marie Strauß konzentrie­rt sich mit Unterstütz­ung ihrer Trainerin Mona Nowatschek auf ihre Bodenübung.
Foto: Kiel Kiki Team Marie Strauß konzentrie­rt sich mit Unterstütz­ung ihrer Trainerin Mona Nowatschek auf ihre Bodenübung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany