Neuer JVA-Chef steht vor großen Aufgaben
Justiz Roland Retzbach, der neue Direktor der JVA Niederschönenfeld, hat schon einige berufliche Stationen hinter sich. Vor welchen Herausforderungen er in seinem neuen Job steht
Roland Retzbach leitet die Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld – und hat einige große Aufgaben vor sich.
Niederschönenfeld Über mangelnde Arbeit braucht sich Roland Retzbach nicht zu beklagen. Nicht nur, dass er seit dem 1. Oktober in Niederschönenfeld eine Justizvollzugsanstalt (JVA) mit gut 150 Bediensteten und mehr als 220 Häftlingen zu führen hat – direkt an der Anstalt haben in der vergangenen Woche auch die Bauarbeiten für ein gewaltiges Projekt begonnen: Die Anstalt wird erweitert beziehungsweise erneuert.
Dass Retzbach einmal nach Niederschönenfeld kommen würde, war vor wenigen Monaten noch nicht absehbar. Doch dann ergab sich für die damalige JVA-Direktorin Mariona Hauck, die erst seit Dezember 2017 im Lechgebiet tätig war, die Möglichkeit, einen Posten im Justizministerium in München zu übernehmen (wir berichteten).
So schnell Hauck weg war, so nahtlos war der Nachfolger vor Ort. Eine erste Zwischenbilanz von Retzbach fällt positiv aus: „Mir gefällt es hier sehr gut.“Er habe in Niederschönenfeld „tolles Perso- nal“, das ihn offen und herzlich empfangen habe. Zudem sei das Ambiente in dem ehemaligen Kloster schön.
Der 47-Jährige stammt aus Amberg, ist verheiratet – seine Frau ist stellvertretende Leiterin der JVA Amberg – und Vater von zwei Kindern. Retzbach lebt in der Nähe von Regensburg und hat bereits einige berufliche Stationen hinter sich. Nach dem Jurastudium in Regensburg und Innsbruck war er zunächst bei einer Versicherung in München und Köln angestellt, ehe er Ende 2004 in den bayerischen Strafvollzug wechselte. Erst war Retzbach Abteilungsleiter in der JVA Nürnberg, dann in Amberg und schließlich in Straubing. Dort übernahm er 2014 den Posten des stellvertretenden Anstaltsleiters. Zudem war er Abteilungsleiter für die Außenstelle in Passau.
Die JVA Straubing ist ein Hochsicherheitsgefängnis für Männer, die lange im Gefängnis sitzen (mindestens sechs Jahre) oder sich gar in Sicherungsverwahrung befinden. In Niederschönenfeld sei das Gefangenenklientel ganz anders, merkt der neue Direktor an. Bekanntlich sind dort ausschließlich junge Häftlinge untergebracht, die bei ihrem Zugang nicht älter als 26 Jahre sind. Der Vorteil sei, dass man bei diesen Gefangenen mit Ausbildung und schulischen Maßnahmen „einiges bewirken kann“. Andererseits seien altersbedingt mehr Heißsporne unter den Häftlingen, sodass es häufiger körperliche Auseinandersetzungen gebe.
Eine Besonderheit in Niederschönenfeld ist Retzbach zufolge der hohe Ausländeranteil von 55 Prozent. Weil bei der Ausbildung die Sprache ein wichtiger Schlüssel zur erfolgreichen Wiedereingliederung in die Gesellschaft sei, wolle man das Angebot an Deutschkursen ausbauen.
Der Tatsache, dass Muslime inzwischen die größte Glaubensgruppe in der Niederschönenfelder Anstalt sind, wolle man Rechnung tragen: Von Ende November an werde einmal pro Woche ein Imam als Seelsorger in die JVA kommen.
Bei den geplanten Baumaßnahmen ist dies der aktuelle Stand: Auf dem freigeräumten Feld östlich des jetzigen Gefängnisses sind die Bagger angerückt, um Leitungen zu verlegen und Straßen zu bauen. So bald wie möglich soll Retzbach zufolge mit dem Bau eines Multifunktionsgebäudes angefangen werden. Dieses beinhaltet einen Recyclinghof, Garagen, Aufenthaltsräume und einen Hundezwinger und gehört ebenso zum ersten Bauabschnitt wie eine neue Gefängnismauer und ein Gebäude, in dem sich unter anderem eine Torwache befindet.
Die Kosten für diese Maßnahmen, die 2021 abgeschlossen werden sollen, belaufen sich nach Angaben des Direktors auf rund 22 Millionen Euro. Zudem soll 2019 eine neue Notrufanlage für die Hafträume installiert werden.
Insgesamt rechnet Roland Retzbach damit, längere Zeit für die JVA Niederschönenfeld die Fäden in der Hand zu halten: „Ich stelle mich mindestens auf ein paar Jahre ein.“
Warum bald ein Imam seine Arbeit aufnimmt