Fendt-Caravan investiert Millionen
Wirtschaft Seit gestern ist die neue Produktionslinie in Betrieb. Warum es dabei um das Wohl der Mitarbeiter geht
Der Wohnwagenbauer Fendt-Caravan investiert in Bäumenheim Millionen in die Produktion. Mehr lesen Sie auf
Bäumenheim Normalerweise investieren Unternehmen in die Produktion, um den Absatz zu steigern. Das ist bei Fendt-Caravan in Bäumenheim etwas anders. Zwar wird bei dem Hersteller für Wohnwagen in Bäumenheim seit gestern Mittag, 12.30 Uhr, nun an drei statt bisher an zwei Produktionsbändern gearbeitet. Doch die Motivation des Unternehmens für die Millioneninvestition war, die zu hohe Arbeitsbelastung der insgesamt 750 Mitarbeiter zu senken.
Sehr gut lief und läuft das Geschäft bei dem Premium-Hersteller für Camping-Anhänger. So gut, dass die Mitarbeiter in ihren regulären Schichten die Aufträge nicht mehr abarbeiten konnten. Also wurde aufgesattelt. „Der Platz, die Menge an Aufträgen zu montieren, war einfach nicht mehr ausreichend“, sagt Betriebsratsvorsitzender Marco Schmidt.
Also hat die Belegschaft vor allem in den vergangenen drei Jahren Überstunden um Überstunden geschoben. „Viele Kollegen hatten gesundheitliche Probleme“, sagt Schmidt ganz offen. „Die neue Halle mit dem dritten Produktionsband war dringend nötig“, sagt er. „Die Belegschaft atmet jetzt auf, weil die Arbeitszeit auf ein gesundes Maß reduziert werden kann.“
Und so gab es vor der offiziellen Inbetriebnahme Grund zu feiern. Und es feierte die ganze Belegschaft mit. Vor allem Firmeninhaber Harald Striewski, der den Wohnwagenhersteller im Jahr 1998 übernommen hatte, wurde von den Mitarbeitern mit spontanem und langem Applaus gefeiert. Er war extra aus Fockbek in Schleswig-Holstein angereist, um den großen Tag bei einer gemeinsamen Feierstunde samt Imbiss zu feiern. Der 82-jährige Unternehmer, der im hohen Norden die Hobby-Wohnwagenwerke führt, war sichtlich gerührt vom Zuspruch der Mitarbeiter und dankte ihnen für ihre Leistung.
Dann aber wurde die neue Produktionslinie in Betrieb genommen. Bäumenheims Bürgermeister Martin Paninka und Striewski schnitten das symbolische Band durch. Ab sofort arbeiten nun gut 70 Mitarbeiter an Band drei in der neuen Halle. Während der Korpus des Wohnwagens an einer unterirdischen Kette Richtung Hallentor gezogen wird, montieren die Arbeiter die verschiedenen Teile. Türen, Stühle, Sitzbänke und jede Menge Technik stehen neben dem Produktionsband bereit, um zur richtigen Zeit am Wohnwagen zu sein. Die neue Halle bietet auch Platz für Hochregale und für Camper, die nachträglich umgerüstet werden sollen. In diese werden Sonderwünsche integriert – auch dafür war bisher wenig Platz.
Pro Jahr werden knapp 10 000 Modelle montiert
In der insgesamt 6400 Quadratmeter großen Halle werden alle der insgesamt sechs verschiedenen Grundmodelle von Wohnwagen montiert und je nach Wünschen der Kunden ausgestattet. „Insgesamt können wir 78 verschiedene Ausführungen anbieten“, sagt Geschäftsführer Andreas Dirr. Aktuell produziert Fendt-Caravan pro Jahr knapp 10000 Wohnwagen mit 750 Mitarbeitern. „Das noch zu steigern war mit den bisherigen Produktionsmöglichkeiten nicht möglich“, so Dirr weiter. Denn die vergangenen Jahre liefen für den Premium–Hersteller bestens. Von anfänglich 6500 Wohnmobilen pro Jahr konnte der Absatz bis 2017 auf eben knapp 10 000 Modelle gesteigert werden. Fachkräfte gingen dem beliebten Arbeitgeber in Bäumenheim bisher nicht aus, denn er bietet vielen Handwerkern eine gute Alternative: Feste Arbeitszeiten und gute Bezahlung ziehen an. „Wir zahlen mit Abstand die höchsten Löhne in der Branche – und machen trotzdem noch Gewinn“, sagt Inhaber Striewski.
Zur neuen Produktionshalle gratulierte neben den Bürgermeistern aus Bäumenheim und Mertingen auch Landrat Stefan Rößle. Ihm ist das Unternehmen bestens bekannt – seine Eltern waren dort beschäftigt und auch sein jüngerer Bruder arbeitet dort. „Hätte ich etwas Gescheites gelernt, wäre ich vielleicht auch bei Fendt-Caravan“, witzelte er. Das kam gut an.
„Eine solche Investition in ein regionales Unternehmen ist ein klares Signal für die Zukunft“, sagte Rößle. Fendt-Caravan beweise damit, dass man am Standort Asbach-Bäumenheim festhalte, und das sei viel wert gerade in Zeiten, in denen Unternehmen gerne ins Ausland abwanderten.