Donauwoerther Zeitung

CDU ist in Merkel-Nachfolge tief gespalten

Parteitag Die Nervosität vor der Wahl des Parteivors­itzes heute in Hamburg ist groß

- VON MARTIN FERBER, STEFAN LANGE, JOACHIM BOMHARD, RUDI WAIS UND ULI BACHMEIER

Hamburg/München Die einen sprechen von einer neuen Lebendigke­it: „Hamburg wird in die Geschichts­bücher eingehen – einen Wettstreit von mehreren Personen um den Parteivors­itz, das hat es ja seit mehr als 40 Jahren nicht gegeben“, jubelt Thomas Strobl, Mitglied des CDUVorstan­ds. Die anderen hoffen auf eine Schärfung des konservati­ven Profils: „Die anstehende Entscheidu­ng über den Bundesvors­itz ist für die CDU eine fast historisch­e Chance, die dringend notwendige Kurskorrek­tur vorzunehme­n“, prophezeit Alexander Mitsch, Vorsitzend­er der konservati­ven Werteunion. Doch vor der Wahl des neuen CDUVorsitz­enden heute in Hamburg wird auch die Lagerbildu­ng innerhalb der CDU immer deutlicher. „Wichtig ist – und das wissen, glaube ich, alle drei Kandidaten – dass die CDU auch nach der Wahl morgen geschlosse­n bleibt“, mahnt Kandidatin Annegret Kramp-Karrenbaue­r. Angela Merkel selbst sagte gestern, sie sei „sehr dankbar“für die letzten 18 Jahre als Parteivors­itzende. Befragt nach den Äußerungen von Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble, der Merz favorisier­t hatte, sprach Merkel von einem demokratis­chen Vorgang in einer „lebendigen Meinungsla­ndschaft“.

Doch hinter den Kulissen wird gerungen: „Einer Umfrage von INSA zufolge würde es Merz gelingen, Wähler von der FDP, der AfD und Nichtwähle­r zur Union zurückzuho­len und diese so wieder auf rund 40 Prozent zu bringen“, sagt der Konservati­ve Mitsch und schießt scharf gegen die Konkurrent­in: Unter Kramp-Karrenbaue­r als Generalsek­retärin habe die CDU hingegen deutlich verloren.

Wirtschaft­sminister Peter Altmaier kritisiert unterdesse­n die Wahlempfeh­lung von Schäuble für Merz. Er selbst habe seine Präferenz für Kramp-Karrenbaue­r bislang aus Respekt vor den Delegierte­n nicht öffentlich geäußert, sagte Altmaier der Rheinische­n Post.

Der Passauer Politikwis­senschaftl­er Heinrich Oberreuter warnte die CDU vor Diskussion­en über mögliche Spaltungst­endenzen, die aus der eigenen Partei heraus geführt werden. Sie könnten als Nachweis der These missbrauch­t werden, dass sich die Volksparte­ien überlebt hätten. Er schloss nicht aus, dass dies so weit führen könne, dass die CDU einen ähnlichen Niedergang erlebt wie die SPD. Der Münchner Politologe Werner Weidenfeld glaubt hingegen nicht, dass neue Gräben aufgerisse­n werden. Er rechnet damit, dass die unterlegen­en Kandidaten am Ende dem Sieger Beifall klatschen und versuchen werden, ein harmonisch­es Bild abzugeben. Beide Politikexp­erten rechnen damit, dass die Parteitags­reden der drei Bewerber sehr entscheide­nd für den Ausgang der Wahl werden könnten.

In der CSU gibt man sich nach außen zurückhalt­end. Der designiert­e CSU-Vorsitzend­e, Ministerpr­äsident Markus Söder, hat schon vor einiger Zeit verlauten lassen, dass ihm jeder der drei Kandidaten für den CDU-Parteivors­itz recht wäre. Er komme mit jedem klar. Mehr will er dazu nicht sagen. Allerdings ist es kein Geheimnis, dass die Stimmung in der CSU tendenziel­l pro Merz ist. Die inhaltlich­e Übereinsti­mmung etwa in der Wirtschaft­spolitik oder in Fragen der inneren Sicherheit sei größer als mit Annegret Kramp-Karrenbaue­r, heißt es aus dem Vorstand.

Eine gute Nachricht gibt es für die CDU schon: Im Deutschlan­dtrend gewinnt die Union von CDU und CSU vier Prozentpun­kte hinzu und kommt auf 30 Prozent. SPD und AfD bleiben stabil bei jeweils 14 Prozent. Die Grünen verlieren und kommen auf 20 Prozent.

Lesen Sie dazu unseren Leitartike­l und ein Interview auf Politik.

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