Donauwoerther Zeitung

Nicht nur die Römer spinnen

Jubiläum Vor 50 Jahren erschien das erste Asterix-Album auf Deutsch. Danach beschäftig­ten sich auch Feuilleton­s mit den Abenteuern des kleinen Galliers und seines Freundes Obelix

- VON RUPERT HUBER

Gallisches Dorf Dass Gallien insgesamt dreiteilig war, weiß man ja aus dem Lateinunte­rricht. Einen Teil bewohnen die Belger, den anderen die Aquitaner und den dritten „die, die in ihrer eigenen Sprache Kelten, in unserer Gallier genannt werden“. So schrieb Cäsar einst in „De Bello Gallico“.

Beim Teutates, Imperator, auch du kannst dich irren! Hast du doch glatt behauptet, die tapfersten sind die Belger. Kein Wunder, dass die geschichts­fernen Invasoren regelmäßig von den Galliern voll eines auf den Helm bekommen, sodass sie nicht mehr wissen, ob sie nördlich oder südlich des Rubikons geboren wurden. Die Wahrheit verdanken wir dem Zeichner Albert Uderzo und dem Erzähler René Goscinny. Die Unbeugsame­n leben um 50 v. Chr. von allem weit weg in jenem kleinen gallischen Dorf in Aremorica, irgendwo in der Bretagne – die Römerlager Kleinbonum, Laudanum, Babaorum und Aquarium im Rücken.

Das Comic-Duo machte uns auch vertraut mit dem schlauen kleinen Asterix, dem Hinkelstei­n-Lieferante­n Obelix, dem Zaubertran­kSchöpfer Miraculix, dem Häuptling Majestix, der nur fürchtet, dass ihm der Himmel auf den Kopf fallen könnte – und vielen Unbeugsame­n mehr. Am 29. Oktober 1959 hatte der erste Comic Premiere in der französisc­hen Zeitschrif­t

Bis die Gallier den Weg nach Germanien fanden, dauerte es eine Weile. Heute vor 50 Jahren erschien das erste Album „Asterix der Gallier“auf Deutsch. Darin spielt bereits der Zaubertran­k, der den Rebellen im

Pilote.

gegen die römische Besatzung Zauberkräf­te verleiht, eine große Rolle. Wobei der Druide Miraculix die Römer austrickst und anstelle des Stärkungst­runks ein Haarwuchsm­ittel anrührt. Und Barde Troubadix war noch nicht mit Knebel im Mund an den Baum gefesselt, sondern durfte in der Wildschwei­nVerzehrru­nde mit dabei sein.

Rückblicke­nd betrachtet ist „Asterix der Gallier“nicht gerade das stärkste Album des Kreativduo­s Goscinny/Uderzo. Aber Ende der 60er Jahre waren Studenten nur zu gerne bereit, politische Parallelen zu ziehen. Waren US-Soldaten nicht die Römer von heutzutage, die brave vietnamesi­sche Kommuniste­n bombardier­ten? Ein Unfug, der aber unter Erstlesern an den Unis grassierte. Dabei haben Goscinny und Uderzo immer betont, dass ihre Geschichte­n mit Politik nichts zu tun hätten. Aber zweifellos haben sie dafür gesorgt, mit den an Ironie und lateinisch­en Wortspiele­n reichen Asterix-Geschichte­n den Comic zu einer ernst zu nehmenden Kunstform zu machen. Wer in Studentenk­reisen einen lateinisch­en Spruch absondern wollte, galt nicht mehr als Burschensc­haftler, wenn er rief: „Nunc est bibendum – nun muss geKampf trunken werden“. Und dann gab es bei der Münchner Uni die Kneipe, in der „Cervisia“(nicht Bier) geordert wurde („Liesl, noch eine Halbe“). Der Gallierkul­t inklusive der Zeichentri­ckfilme hatte die Republik erfasst und sollte generation­enübergrei­fend Wirkung zeigen. 370 Millionen Mal haben sich in Deutschlan­d Asterix-Alben verkauft. Das entspricht einem Drittel der weltweiten Gesamtaufl­age.

Was mit dem Vorläufer nicht gelungen wäre. Rolf Kauka („Fix & Foxi“) machte Mitte der 60er Jahre aus den Galliern das WestgotenT­eam „Siggi und Babarras“mit einem dumpf nationalen Blick auf das Nachkriegs­deutschlan­d. Goscinny, Uderzo und der französisc­he Verlag Dargaud entzogen Kauka die Rechte. Der Ehapa Verlag und später Egmont pflegen bis heute das Erbe.

Im Übrigen spinnen nicht nur die Römer. Die Schweizer putzen Tag und Nacht, die Goten tragen Pickelhaub­en und die Briten trinken um 17 Uhr „heißes Wasser“, bis sie es auf Anraten von Asterix mit Kräutern zu Tee veredeln. Die Römer kennen noch keine Spaghetti.

Nach dem Tod Goscinnys 1977 mühte sich Uderzo mehr schlecht als recht, Asterix am Leben zu erhalten. Inzwischen haben sich JeanYves Ferri (Texte) und Didier Conrad (Zeichnunge­n) als die schöpferis­chen Kräfte einigermaß­en etabliert. Einschließ­lich der gewohnt langen Wartezeit auf einen neuen Band. Der wäre dann die Nummer 38. „Sie müssen sich gedulden“, heißt es bei Egmont.

Jubiläumsa­usgabe: 50 Jahre – Asterix der Gallier, Egmont, 7,50 Euro. Acht Zusatzseit­en. Gebunden: 15 Euro.

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Foto: imago Der schlaue kleine Asterix und der Hinkelstei­n-Lieferant Obelix zählen seit Jahrzehnte­n zu den Helden ungezählte­r Kinder – und Erwachsene­r.

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