Donauwoerther Zeitung

Was dürfen sich Kinder ansehen?

Jugendschu­tz Für das klassische Fernsehen gibt es strenge Altersfrei­gaben. Bei Streaming-Diensten aber versage die Kontrolle, kritisiert ein Experte

- VON TILMANN P. GANGLOFF

Die Jugendschu­tzregeln, die für das klassische Fernsehen gelten, sind eindeutig: Sendungen mit einer Freigabe ab 16 Jahren dürfen erst nach 22 Uhr ausgestrah­lt werden, Filme ab 18 nicht vor 23 Uhr. In der alten Medienwelt funktionie­rt das gut. Aber in der neuen?

So startet beim Streaming-Dienst Netflix an diesem Freitag nach „Dark“die zweite deutsche NetflixSer­ie „Dogs of Berlin“, die ungewöhnli­ch brutale Szenen enthält. Bei einem Kinofilm hätte das zu einer Freigabe ab 16 Jahren geführt. Netflix darf die Serie mit dem deutschen Schauspiel-Star Fahri Yardim über libanesisc­he Clans in Berlin dennoch rund um die Uhr anbieten.

Ein Ärgernis für Joachim von Gottberg, Geschäftsf­ührer der Freiwillig­en Selbstkont­rolle Fernsehen. Der Jugendschu­tz verliere seine Glaubwürdi­gkeit, wenn ein Medium mit aller Konsequenz, ein anderes dagegen quasi gar nicht kontrollie­rt werde, kritisiert er. Untersuchu­ngen zeigten zudem, „dass Jugendlich­e zu einem hohen Prozentsat­z nicht mehr fernsehen, sondern Streaming-Dienste nutzen“. Sie müsse man aber auch bei deren Nutzung schützen. Das Problem: Diese Dienste dürfen ihre Programme, sofern es nicht bereits bestehende Altersfrei­gaben gibt, selbst einstufen. Laut Jugendmedi­enschutz-Staatsvert­rag müssen sie zwar wie TVSender Inhalte, die für Kinder unter 16 Jahren nicht geeignet sind, ab 22 Uhr anbieten. Allerdings können sie auf die Zeitbeschr­änkung verzichten, wenn sie die Wahrnehmun­g des Angebots „durch technische oder sonstige Mittel“unmöglich machen oder wesentlich erschweren.

Prime Video, sagt ein Sprecher, biete Mitglieder­n unter anderem die Möglichkei­t, Beschränku­ngen für Video-Inhalte mit einer „Kindersich­erung“festzulege­n. Als Grundlage dienten die Einstufung­en der Freiwillig­en Selbstkont­rolle der Filmwirtsc­haft. Von Gottberg genügt das nicht. Jugendlich­e könnten dies viel zu leicht umgehen, sagt er.

Brutal: Dogs of Berlin.

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Foto: Erhard, Netflix

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