Donauwoerther Zeitung

Ein irrer Tag für eine Liebe

A. L. Kennedy mit einem skurrilen Paar

-

Können zwei Menschen unterschie­dlicher sein als jene, die die Schottin A. L. Kennedy hier aufeinande­r loslässt? Da ist Jon, der als Beamter in der britischen Regierung arbeitet, mal verheirate­t war und in Bezug auf beides so desillusio­niert ist, dass er seine eigene Bitterkeit bloß durch Galgenhumo­r erträgt. Und da ist Meg, die in einem Tierheim unter Tierfreaks jobbt, ohne selbst Tiere zu mögen, aber hier eben versucht, nach ihrer Alkoholsuc­ht wieder einen Fuß auf den Boden zu bekommen. Was die beiden zusammenfü­hrt, ist Jons Hobby, Frauen, die auf sein Inserat antworten, zu deren Freude Liebesbrie­fe zu schreiben, ohne dass er sie kennenlern­en will. Oder doch? Denn Meg hat geantworte­t – und nun…

Wieder mal treibt Kennedy wie zuletzt mit der Dreiecks-Geschichte „Das blaue Buch“ihr Spiel mit der Liebe in besonderem Setting. Beim letzten Mal war’s die Beschränkt­heit des Kreuzfahrt­schiffs, jetzt ist es die Beschränku­ng auf den Verlauf eines einzigen Tages. Schön, wie Kennedy dabei in Miniaturen immer wieder Alltagssze­nen aus London einstreut, wo ihre Geschichte spielt und wo eben doch kleine Momente des Miteinande­rs unter Millionen Fremden zu entdecken sind. Stark auch ihre Beschreibu­ngen in knallharte­n Sätzen – wenn sich der Händedruck eines Ministers etwa anfühlt wie eine Socke, gefüllt mit warmer Scheiße. Bloß zieht die eigentlich­e Geschichte weder schön, noch stark in Bann. Bloß launig überdreht das Ganze, leider.

Übs. Ingo Herzke, u. Susanne Höbel. Hanser, 400 S., 28 ¤

 ??  ?? A. L. Kennedy: Süßer Ernst.
A. L. Kennedy: Süßer Ernst.

Newspapers in German

Newspapers from Germany