Abschied eines Unbequemen
Hubertus Knabe hat ein ehemaliges Stasi-gefängnis zu einer Gedenkstätte von nationalem Rang gemacht. Nun muss er gehen. Ist er das Opfer eines Komplotts?
Unter Deutschlands Historikern ist er einer der umstrittensten – und einer der erfolgreichsten. Mehr als 400 000 Menschen besuchen jedes Jahr die Verliese und Verhörräume des ehemaligen Untersuchungsgefängnisses der Ddr-staatssicherheit im Berliner Bezirk Hohenschönhausen. Hubertus Knabe hat die Gedenkstätte für die Opfer der Stasi aufgebaut und sie zu einem Markenzeichen deutscher Erinnerungskultur gemacht. Seit Freitag jedoch ist klar, dass es für den im September gekündigten Knabe kein Zurück mehr nach Hohenschönhausen gibt.
Nach einem zermürbenden Rechtsstreit haben sich die Berliner Kulturverwaltung und Knabe auf einen Vergleich und ein Ausscheiden des renommierten Museumsleiters zum 31. März geeinigt. Formell geht es dabei um die Frage, ob Knabes Stellvertreter Mitarbeiterinnen sexuell belästigt hat und ob Knabe dagegen nicht entschlossener hätte vorgehen müssen. Tatsächlich jedoch steht noch eine andere Frage im Raum: Wie hält die Linkspartei es mit ihren Kritikern? Berlins Kultursenator Klaus Lederer, selbst Mitglied der Linken, hat aus seiner Abneigung gegen den „Kommunistenjäger“Knabe nie einen Hehl gemacht. Hat er also nur auf eine Gelegenheit gewartet, den unbequemen Direktor der Gedenkstätte loszuwerden?
Ja, hat er gar ein Komplott gegen Knabe angezettelt?
Hubertus Knabe ist ein Mensch, der es anderen nicht leicht macht, ihn zu mögen. Der Sohn eines Ddrflüchtlings, im westfälischen Unna geboren, geht keinem Konflikt aus dem Weg, er fürchtet sich nicht davor, anzuecken, und vermutlich tut man ihm nicht unrecht, wenn man behauptet, er habe im rot-rot-grünen Berliner Senat mehr Feinde als Freunde – obwohl er in jungen Jahren als Pressesprecher in Bremen selbst bei den Grünen aktiv war. Gleichzeitig allerdings ist Knabe einer der wenigen, die den Opfern der Ddr-diktatur heute noch eine Stimme und ein Gesicht geben.
In einem seiner vielen Bücher macht er das Wegsehen und Schönfärben in den Jahren nach dem Mauerfall zum Thema, in einem anderen beschreibt er, wie westdeutsche Journalisten mit der Stasi kooperierten. Und kaum war der neue Senat in Berlin im Herbst 2016 in Amt und Würden, warnte Knabe bereits vor den Folgen, die eine Übernahme der Kulturverwaltung durch die Linkspartei für Einrichtungen wie die Stasi-gedenkstätte haben könnte.
Der Terror der Stasi ist, wenn man so will, sein Lebensthema – und das nicht nur aus zeithistorisch-wissenschaftlichen Gründen. Als junger Mann hatte Knabe verbotene politische Literatur in die DDR eingeschleust, war dadurch selbst ins Visier der Staatssicherheit geraten und zeitweise mit einem Einreiseverbot belegt worden. Kurz zuvor hatte er bei einem Besuch in die DDR noch seine spätere Frau, eine Theologiestudentin, kennengelernt, die 1981 schließlich in die Bundesrepublik ausreisen durfte. Knabe selbst hätte damals schon nicht mehr zu ihr fahren können.