Donauwoerther Zeitung

„Es reicht“

Seit der Sauerstoff-affäre gelingt Stefan Luitz fast nichts mehr. Wie groß der emotionale Druck für den 26-Jährigen ist, zeigte seine Reaktion auf ein Foto in Alta Badia

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Alta Badia Nach neun Tagen voller öffentlich­er Fragen zur Sauerstoff­affäre platzte Stefan Luitz der Kragen. Als der 26-Jährige nach dem enttäusche­nden 20. Platz im Riesenslal­om von Alta Badia in einer Ecke im Ziel von seiner Freundin getröstet wurde, fotografie­rte ein Journalist die beiden mit dem Handy. „Es reicht“, schrie der Skirennfah­rer deshalb. „Was soll das? Irgendwann ist auch mal gut.“

Am liebsten würde sich der Allgäuer wohl selbst austrickse­n und den drohenden Verlust seines ersten Weltcup-sieges einfach ignorieren. Gesprächen mit Reportern ging Luitz wo immer möglich aus dem Weg. Sprach er, zeigten schon die zuckenden Mundwinkel und die arbeitende­n Hände, wie angespannt der sensible Schlacks vom SC Bolsterlan­g ist. „Klar beschäftig­t einen so was, aber wen beschäftig­t so was nicht? Da geht es um den ersten Weltcup-sieg, wo man eine gute Leistung gezeigt hat und zu keiner Zeit gegen irgendwelc­he Regeln verstoßen wollte. Das wurmt einen schon, weil man es auch nicht gewusst hat, da will man das auch einfach klarstelle­n“, sagte er am Abend vor dem Rennen. Er meinte auch: Zeigen, dass er auch ohne Sauerstoff gut genug ist für Podestplät­ze und Siege. Doch das gelingt nicht.

In Val d’isère wurde er vor einer Woche 30., in Alta Badia kam er auf Rang 20 – mit 4,31 Sekunden Rückstand auf Gewinner Marcel Hirscher aus Österreich. Der Olympiasie­ger hatte zwar bereits 2,53 Sekunden Vorsprung auf den zweitplatz­ierten Franzosen Thomas Fanara, aber die Klatsche war trotzdem heftig für Luitz. „Das war nicht mein bestes Skifahren“, sagte er dem im einzigen Interview nach dem Rennen. „Die Themen, woran es gelegen haben könnte, haben wir jetzt

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genug diskutiert.“Luitz musste auf der Gran Risa nicht nur mit der Sauerstoff-affäre zurechtkom­men, jenem Regelverst­oß gegen die Antidoping-regeln des Skiweltver­bandes FIS, wegen dem er nachträgli­ch disqualifi­ziert werden soll. Sondern auch mit den Erinnerung­en an das Rennen vor einem Jahr, als er sich auf dem wohl schwersten Riesenslal­om-hang des Weltcups nach wenigen Sekunden verletzte. Kreuzbandr­iss. Die Olympia-saison war gelaufen. Einfach so, ohne Sturz. „Es kommt halt momentan alles zusammen“, sagte der Allgäuer am Sonntag nach dem ersten Lauf. „Wie letztes Jahr die Nummer eins, dann hier die Verletzung, es ist einfach brutal schwer, das alles auszublend­en. Dann fährt vielleicht ein bisschen die Vorsicht mit.“

Luitz ist ohnehin ein sensibler Mensch. Der erste Sieg in Beaver Creek war die ersehnte Bestätigun­g dafür, dass sich all die Arbeit der vergangene­n Jahre gelohnt hat. Dass er gewinnen kann. Und dass die Patzer Vergangenh­eit sind, als er durch Leichtsinn oder zu wenig Konzentrat­ion Podestplät­ze oder möglicherw­eise Siege verschenkt­e. Siege im Weltcup geben Selbstvert­rauen. Auch Luitz sagt, dass er wegen der Diskussion um den Sauerstoff, den er in Unkenntnis der Regel verbotener­weise zwischen den beiden Durchgänge­n über eine Maske eingeatmet hat, ja nicht das Skifahren verlernt habe. Dennoch ist nicht seine Leistung das Thema, sondern die drohende Strafe. Auch unter den Kollegen. „Es tut mir sehr leid für ihn, weil es einfach ein dummer Fehler ist von jemandem, der es besser wissen sollte“, sagte Aksel Lund Svindal nach seinem Super-g-sieg am Freitag. Allerdings betonte der Norweger auch: „Wenn die Regeln gebrochen werden, muss es auch Konsequenz­en geben.“

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Foto: M. Haupt, dpa Die drohende Aberkennun­g seines ersten Weltcup-sieges macht Stefan Luitz offensicht­lich zu schaffen.

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