Barrierefrei, aber mit Parkplätzen
In der Wemdinger Altstadt bekommt jetzt die Wallfahrtstraße ein neues Gehwegpflaster. Warum sich die Maßnahme verzögert hat und welche Ansichten aufeinanderprallen
Wemding Personen, die schlecht zu Fuß sind, auf den Rollator oder gar Rollstuhl angewiesen sind, sollen in der Wemdinger Altstadt ein Stück weit leichter vorankommen. Die Stadt möchte das holprige Kopfsteinpflaster auf den Gehwegen in der Wallfahrtstraße durch gesägte Granitplatten ersetzen. Die entsprechenden Bauarbeiten hat der Stadtrat nun mit großer Mehrheit ausgeschrieben. Dies hätte eigentlich schon längst geschehen sollen, jedoch gab es Verzögerungen. Die gab es, weil es in dem Gremium unterschiedliche Ansichten darüber gibt, wie konsequent die Barrierefreiheit umgesetzt werden soll.
In der Altstadt immer Kompromisse nötig
Das Konzept, ein neues Pflaster zu verlegen, verabschiedeten die Räte bereits im März (wir berichteten). Ziel war damals, mit den Bauarbeiten noch heuer zu starten. Doch daraus wurde nichts. Stadtrat Werner Waimann (Grüne) reichte Beschwerde bei der Regierung von Schwaben ein. Deshalb kam auch das Zuschussverfahren ins Stocken.
Waimann monierte, die gesetzlich vorgeschriebene Mindestbreite der Gehwege werde nicht eingehalten. In der Sitzung am Montagabend erneuerte das Ratsmitglied seine Kritik. Die „nutzbare Gehwegbreite“müsse mindestens 1,80 Meter betragen. Dies sei aber auch deshalb nicht möglich, weil alle Parkbuchten entlang der Straße erhalten bleiben sollen. Dadurch verenge sich der Gehweg auf bis zu 80 Zentimeter – und nebenan dürfe ein Auto stehen: „Das kann nicht sein.“
Werner Waimann zeigte sich enttäuscht, dass er zu einem Ortstermin mit Anliegern wohl als „Bedenkenträger“nicht eingeladen worden sei und bei der Bürgerversammlung erfahren habe, dass das Konzept der Stadt nun doch in trockenen Tüchern sei. Zustimmung bekam der Grünen-Stadtrat von Diana Waimann (Frauenliste).
Die Räte der anderen Fraktionen sprachen sich jedoch klar für den Erhalt aller Parkbuchten aus. Nach Ansicht von Bau- und Wirtschaftsreferent Hans-Ludwig Held (CSU) verbessert sich auch so die Situation für gehbehinderte Menschen deutlich. „In der Altstadt müssen wir immer Kompromisse finden“, erklärte Held. In der Wallfahrtstraße Kunden parken. Sollte dies nicht mehr möglich sein, wären die Geschäftsleute verärgert: „Dann haben wir einen Aufstand im Gewerbeverband.“Dritter Bürgermeister Gottfried Hänsel pflichtete bei: „Man muss alle unter einen Hut bringen.“
Werner Waimann führte an, die Parkplätze seien ein „Totschlagargument“. Es gehe doch nur um drei oder vier Parkplätze. Daraufhin machte Dieter Langer (PWG) folgende Rechnung auf: Die vier Parkplätze würden bis zu 20-mal pro Tag belegt. Dies bedeute, dass täglich 80 Fahrzeuge und damit Kunden dort stünden. Langers Fazit: „Wir sollten alles tun, dass die Geschäfte erhalten bleiben.“
Bürgermeister Martin Drexler führte an, selbst der Behindertenbeauftragte des Landkreises sei mit der angestrebten Lösung einverstanden. Nach dem Termin mit den Anliegern habe die Regierung von Schwaben die Förderzusage gegeben. Die Kommune darf demnach damit rechnen, dass der Staat 60 Prozent der Kosten übernimmt. Wie hoch diese sind, wird nun die Ausschreibung zeigen. Zu Beginn des Jahres lag die Kostenschätzung bei rund 300 000 Euro. Zweiter Bürgermeister Johann Roßkopf sagte, er hoffe, dass der Kostenrahmen eiwollten nigermaßen eingehalten werden könne. Die Verzögerung sei bedauerlich.
Das Konzept geht von zwei Bauabschnitten in der Wallfahrtstraße aus. Die Gehwege zwischen dem Bereich Marktplatz/Fischkasten und Wimburggasse/Im Tirol sollen von Juni bis Oktober 2019 neu gepflastert werden. Der restliche Abschnitt bis zum Amerbacher Tor soll von Mai bis Juli 2020 folgen.
Die Maßnahme ist ein weiterer Schritt, die Wege in der ganzen Altstadt barrierefrei zu machen. Dies ist bereits auf der nördlichen Seite des Marktplatzes und in der Mangoldstraße geschehen.