Jura-Studenten helfen Mietern mit wenig Geld
Die neue kostenlose Mietrechtsberatung für Bedürftige startet im Januar im städtischen Wohnbüro. Die Uni Augsburg hat eine eigene „Law Clinic“mit rund 100 Aktiven, die nun auch einen Preis erhalten haben
Man kennt das: Eines Tages liegt ein Schreiben vom Vermieter im Briefkasten. Er kündigt eine umfangreiche und teure Modernisierung in einem älteren Mietshaus an, in dem viele Menschen mit kleinen Einkommen wohnen. Bei den Mietern löst das Schreiben oft große Sorgen und Existenzängste aus. Denn eine saftige Mieterhöhung nach der Modernisierung können sich nicht alle finanziell leisten. Auch in Augsburg gibt es solche Fälle. Doch bald können sich Betroffene kostenlos „Erste Hilfe“holen. Augsburger Jura-Studenten bieten ab Januar eine mietrechtliche Beratung für Bedürftige an.
Das neue Angebot haben Studierende der Jurafakultät an der Uni auf die Beine gestellt. Es läuft in Zusammenarbeit mit der Stadt. Wie Jura-Prodekan Matthias Kober erklärt, soll die studentische Mietrechtsberatung am 8. Januar starten und zweimal pro Woche in den Räumen des städtischen Wohnbüros angeboten werden, das wiederum die Termine für Interessenten vereinbart. 35 eigens in diesem Fachbereich geschulte junge Kräfte wollen dann bedürftigen Augsburgern mit fachlichem Rat zu Seite stehen.
Kober nennt die Hintergründe es ehrenamtlichen Engagements: „Das Mietrecht ist sehr komplex“, sagt er. Teilweise seien Bedürftige überfordert im Umgang mit Zuständigkeiten und Behörden, gerade auch, wenn sie noch nicht lange in Deutschland seien. Der Jurist nennt aber auch soziale Gründe: Nicht selten hätten Mieter mit wenig Geld einen schweren
Stand, etwa, wenn mit aufwendigen Sanierungen von Objekten eine drastische Mieterhöhung einhergehe.
Der Prodekan betont weiterhin: „Wir nehmen keinem Anwalt die Arbeit weg.“Vielmehr handele es sich um ein niederschwelliges Angebot, das mit der zuständigen Rechtsanwaltskammer in München abgestimmt sei. Konkret sollen die Jura-Studenten in der Mietrechtsberatung erst einmal die vorliegenden Unterlagen der Ratsuchenden anschauen und eine erste Einschätzung abgeben. Falls gewünscht, begleiten sie Betroffene beim Gang zum Anwalt. Sie weisen auch den Weg zum Amtsgericht, wo Bedürftige eine Bescheinigung für eine kostenlose Rechtsberatung bekommen können. Die Studenten sollen auch außergerichtliche Schreiben für ihre „Klienten“verfassen dürfen. Geplant ist weiterhin, dass die Jura-Studenten Mitarbeiter der Stadt in Sachen Mietrecht weiterbilden. Zielgruppe für die Beratung sind im Prinzip alle bedürftigen Menschen in Augsburg. Die Studenten wollen aber vor allem auch Flüchtlingen weiterhelfen, die mit der deutschen Sprache und dem Rechtssystem noch nicht vertraut sind. Deshalb werden sie von eigens ausgebildeten Dolmetschern unterstützt.
Das neue Angebot ist in der „Law Clinic“der Juristischen Fakultät an der Universität angesiedelt. Dieses ehrenamtliche studentische Projekt gibt es schon seit 2015. Gegründet wurde es in der Zeit, als die großen Flüchtlingsströme in Deutschland Die Augsburger Studenten wollten mit ihrem Engagement soziale Verantwortung zeigen. Sie organisierten eine eigene Rechtsberatung für Ausländer- und Asylrecht. Auch in diesem komplexen Bereich wurden die 80 studentischen Berater vorher speziell geschult. Und es gibt nach wie vor viel zu tun. Beispielsweise reden sie mit Asylbewerbern darüber, wie Anhörungen bei Behörden ablaufen. Sie informieren über die Rechtslage in Deutschland. Auch Gutachten für Asylbewerber wurden schon erstellt. Einmal pro Woche besuchen die jungen Berater der Law Clinic Flüchtlinge im Ankerzentrum Donauwörth, um Hilfe zu leisten.
Begleitet werden sie von eigenen Dolmetschern der Law Clinic. Sie beherrschen das juristische Spezialvokabular in verschiedenen Sprachen. Kober sagt als Verantwortlicher der Fakultät für das Projekt: „Man kann davon ausgehen, dass inzwischen hunderte Menschen von unserem Angebot profitiert haben.“Die Law Clinic kann sich nun auch über eine neue Auszeichnung freuen – über den Schwäbischen Integrationspreis, der von der Regierung von Schwaben verliehen wird. Die Auszeichnung wurde vom Innenministerium mit 5000 Euro dotiert.
Zurück zur neuen studentischen Mietrechtsberatung: Fachleute in der städtischen Sozialverwaltung stehen der Initiative sehr positiv gegenüber. Wohnen sei ein wichtiger Lebensbereich. Es komme öfter mal vor, dass Bedürftige Schreiben von Vermietern oder Behörden erhalten, mit denen sie nicht zurechtkommen, sagt ein Mitarbeiter. Deshalb sei ein Berater sinnvoll, der Unterlagen anschaut und die Brisanz der Angelegenheit einschätzt.
Um bedürftigen Menschen beim Thema Wohnen weiterzuhelfen, hat die Stadt seit Mitte dieses Jahres das „Wohnbüro Augsburg“im Jakobseintrafen. stift eingerichtet. Es soll eine Anlaufstelle für Bürger in problematischen Wohnsituationen sein. Zielgruppen sind insbesondere einkommensschwache Familien, Alleinerziehende, anerkannte Flüchtlinge und Menschen aus zeitlich begrenzten stationären Aufenthalten. Sie haben es in der Regel besonders schwer, angemessenen Wohnraum zu bezahlbaren Preisen zu finden. Das Wohnbüro akquiriert beispielsweise geeigneten Wohnraum, betreut bestehende Mietverhältnisse und unterstützt Mieter, damit sie ihre Wohnung behalten können. Dieser Rat ist offenkundig gefragt. Bislang gab es nach Angaben der Stadt über 300 Kontakte, Anfragen und Termine.
OArchivfoto: Silvio Wyszengrad
Terminvereinbarung Das Wohnbüro und die studentische Mietrechtsberatung sind im Jakobsstift am Mittleren Lech 5 untergebracht. Terminvereinbarungen unter wohnbuero@augsburg.de.