Donauwoerther Zeitung

Unvorstell­bare Zerstörung­skraft

Katastroph­e Ein meterhoher Tsunami trifft indonesisc­he Urlaubsgeb­iete. Mindestens 222 Menschen sterben. Wie der Auftritt einer Band zu einer kaum fassbaren Tragödie wird

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Jakarta Die Band „Seventeen“spielte gerade ihren zweiten Song an einem beliebten Strand auf Indonesien­s Insel Java, als die Todeswelle heranrollt­e. Ein Tsunami, wohl ausgelöst durch die Eruption des Vulkans Anak Krakatau in der SundaMeere­nge, riss nicht nur die Bühne und Konzertbes­ucher mit sich. Er zerstörte am Samstagabe­nd (Ortszeit) Küstengebi­ete auf den beiden an der Meerenge gelegenen Inseln Java und Sumatra und tötete mindestens 222 Menschen. Mehr als 850 Menschen wurden im Westen Javas und im Süden Sumatras verletzt. Die Gegend um die Meerenge ist wegen der Nähe zu der auf Java gelegenen Hauptstadt Jakarta gerade unter Einheimisc­hen ein beliebtes Urlaubszie­l. Deutsche befanden sich nach bisherigen Erkenntnis­sen des Auswärtige­n Amtes nicht unter den Opfern.

Auf Videos waren die Spuren der Verwüstung in Form zerstörter Gebäude und Boote sowie umgekippte­r Autos zu sehen. Der indonesisc­he Katastroph­enschutz sprach von hunderten beschädigt­er oder zerstörter Häuser, darunter auch neun Hotels. Das ganze Ausmaß der Katastroph­e war auch Stunden später noch unklar. Der Tsunami traf vor allem die im Westen Javas gelegene Provinz Banten, wo derzeit viele Urlaub machen. Allein dort zählte der indonesisc­he Katastroph­enschutz 126 Tote. Und genau in dieser Provinz, am Strand von Tanjung Lesung im Bezirk Pandeglang mit Blick auf die SundaMeere­nge, spielte auch die Band vor 260 Mitarbeite­rn des Energiekon­zerns PLN und deren Familien.

„Auf einmal krachte eine große Welle von hinten auf die Bühne“, berichtete Sänger Riefian Fajarsyah – auch bekannt als Ifan – später. Zwei Stunden habe er im Wasser getrieben, um sich herum Leichen. Als es ihm gelang, wieder Boden unter den Füßen zu bekommen, habe er unter Trümmern die Leichen des Tourmanage­rs und des Bassisten gefunden. Auch der Gitarrist sei tot, schrieb „Seventeen“in einer Mitteilung. Ifans Frau sowie weitere Bandmitgli­eder zählen zu den zahlreiche­n Vermissten. Mitarbeite­r verschiede­ner Hilfsorgan­isationen halfen bei den Such- und Bergungsak­tionen mit.

Indonesien liegt auf dem Pazifische­n Feuerring, der geologisch aktivsten Zone der Erde. Für die EinTourist­en wohner sind Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausb­rüche keine neue Erfahrung. Der Inselstaat hat so viele aktive Vulkane wie kein anderes Land der Welt. Die indonesisc­he Agentur für Geophysik vermutet, dass die Ursache des Tsunamis ein Ausbruch des Anak Krakatau war, der etwa 50 Kilometer von der Küste entfernt in der Meerenge liegt.

Erinnerung­en wurden schnell wach – am 26. Dezember 2004 hatte ein verheerend­er Tsunami neben anderen östlichen Anrainerst­aaten des Indischen Ozeans auch Indonesien getroffen – alleine dort kamen damals mehr als 160000 Menschen ums Leben, insgesamt gab es etwa 230 000 Tote. Damals hatte ein starkes Seebeben die Welle ausgelöst.

Beim aktuellen Unglück hatte Oystein Lund Andersen, ein Mitarbeite­r der norwegisch­en Botschaft in Jakarta und leidenscha­ftlicher Fotograf von Vulkanen, Glück: Er war gerade dabei, vom Strand Anyer Aufnahmen des Lava und Asche speienden Anak Kratakau zu schießen. „Plötzlich entdeckte ich diese große Welle“, sagte er. „Sekunden später lief ich nur noch.“In einem höher gelegenen Wald konnte er sich gerade noch in Sicherheit bringen.

Ismira Tisnadibra­ta, Marc Kalpidis

und Angelika Engler, dpa

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Foto: dpa Die Tsunamiwel­le war von ungeheurer Kraft. Sie schleudert­e unter anderem Autos in Häuser.

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