Eine Gurke für den Christbaum
In vielen Familien ist es gute Tradition, am Morgen des 24. Dezember den Christbaum zu schmücken. Zu Mamas liebster Weihnachtsmusik werden dann die Kisten vom Dachboden geholt und die geliebten Stücke mit lauten „Oh“und „Ah“-Rufen in die Höhe gehalten. „Weißt du noch, da hat der kleine Max damals im Kindergarten gebastelt“, erinnert sich die Mutter, während der inzwischen erwachsene Sohn die wertvollen Glaskugeln aus dem Knisterpapier schält. Der Vater robbt derweil auf dem Fußboden und versucht die in den Ständer gehievte Tanne gerade auszurichten.
Ja, es ist ein alljährlicher Spaß, der durch seine Wiederholung unvergessen ist. Doch jetzt könnte diese Szenerie einen ganz neuen, frischen, sauren Kick bekommen.
In den USA weit verbreitet, der Ursprung dafür aber in Bayern und Thüringen, ist die Weihnachtsgurke. Dieses kleine, grün schillernde Gürkchen aus Glas wird unbemerkt in die Tanne gehängt. Wer sie an Heiligabend findet, bekommt das erste Geschenk oder ein Zusatzgeschenk. Eine alte Form für die Produktion von Weihnachtsdekoration, gefunden beim Glasbläser Gernot Weigelt, stützt die These des deutschen Ursprungs.
Um die Geschichte der Weihnachtsgurke gibt es aber mehrere Mythen. Im frühen 20. Jahrhundert hatten die Familien noch nicht genug Geld, um für jedes Kind ein Geschenk zu kaufen. Also erhielt nur dieses eine Kleinigkeit, das die Gurke im Weihnachtsbaum fand.
Oder war es doch der bayerische Soldat John Lower, der im amerikanischen Bürgerkrieg gefangen genommen worden sein und kurz vor dem drohenden Tod nach einer sauren Gurke als „Henkersmahlzeit“gefragt haben soll. Nach dem Verzehr verbesserte sich sein Gesundheitszustand. Als Dank hängte er später – in Freiheit – Jahr für Jahr eine Gurke an seinen Christbaum.
Wenn Sie also diese Zeilen zum Frühstück lesen, Sie noch schnell im gut sortierten Weihnachtsmarkt eine Glasgurke kaufen und im Nadelbaum verstecken, kann das der Beginn einer frischen, neuen Tradition werden. Sollte das nicht mehr möglich sein, kann sicher eine echte Gurke aushelfen. Nur zwischen den Zweigen vergessen sollte man die dann nicht.
In diesem Sinne: ein frohes Fest und viel Spaß bei alten und neuen Traditionen.