Donauwoerther Zeitung

Beginnt jetzt der Umtausch-Wahnsinn?

Früher war der Tag nach den Weihnachts­feiertagen der des großen Zurückbrin­gens in die Geschäfte. Was sich in den vergangene­n Jahren geändert hat

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Nach Weihnachte­n haben die Geschäfte oft alle Hände voll zu tun, weil Geschenke umgetausch­t werden. Ist das noch immer so?

VON THOMAS HILGENDORF Auch wenn es seltsam klingen mag: Das Internet mag für den stationäre­n Einzelhand­el nicht nur Nachteile, sondern auch seine Vorteile haben. Das könnte man aus dem schließen, was hiesige Händler mitunter äußern: Die Menschen informiere­n sich demnach im Netz über ein Produkt – gekauft wird es dann aber oftmals vor Ort. Ein großer Pluspunkt zudem: Der Umtausch-Wahnsinn in den Geschäften nach Weihnachte­n scheint mithin zurückgega­ngen zu sein. Nicolas Greno will im Internet nicht nur den fiesen Konkurrent­en sehen. Klar, Wettbewerb­er sei es auf jeden Fall. Auch er als Buchhändle­r in der eigentlich zur Weihnachts­zeit sehr gut frequentie­rten Donauwörth­er Reichsstra­ße habe mit dem Netz zu kämpfen. Dennoch spüre er, dass das große Umtauschen nach den Weihnachts­feiertagen abgenommen habe. Greno schätzt, dass auch das Internet hierzu beitrage: Einschlägi­ge Kaufportal­e lieferten den Leseintere­ssierten Buchrezens­ionen in Hülle und Fül- le. Bestellt wird allerdings oftmals nach wie vor im Buchladen um die Ecke. Der Markt ist hier nicht ins Bodenlose eingebroch­en. Allerdings, so Greno, würden dazu auch zwei gewichtige Faktoren beitragen: Zum einen hat der Buchhandel den großen Vorteil, über ein rasches und weithin lückenlose­s Vertriebsn­etz zu verfügen. Meist sind Bücher, die bis zum Spätnachmi­ttag geordert werden, am kommenden Tag abholberei­t. Zum anderen gibt es in Deutschlan­d die Buchpreisb­indung. Das bedeutet, die Lektüre kostet überall gleich viel – ganz gleich, ob sie nun im weltweiten Netz oder im Buchladen vor Ort gekauft wird. In anderen Ländern ohne jene vorgeschri­ebene Preisbindu­ng sind die Einbrüche in der Branche weitaus größer als hierzuland­e. Auch Lothar Seefried, der seinen Modeladen in der Bahnhofstr­aße in Donauwörth betreibt, benennt die Vorteile des stationäre­n Handels im Hinblick auf den nur marginal zu spürenden Umtausch von Geschenken nach Weihnachte­n. Die Menschen würden in den Fachgeschä­ften vor Ort schlichtwe­g besser bera- ten: „Man kann im Internet die Produkte eben nicht anfassen oder anprobiere­n, die Stoffe nicht spüren.“Verbunden mit einer beherzten Beratung führe das dazu, dass die meisten Kunden das Geschenkte auch behalten. Lediglich 17 Mal hätten Kunden eine Ware im vergangene­n Jahr nach fünf Wochen Weihnachts­geschäft umgetausch­t. Wenn es zu einem Umtausch kommt, dann lässt Seefried jedoch gerne Kulanz walten. „Kulanz“– das ist wohl der zentrale Begriff beim Umtausch. Verpflicht­et sind die Ladeninhab­er nämlich dazu in der Regel nicht, zumindest nicht bei einwandfre­ier Ware. Missfallen dem Käufer im Nachhinein etwa Farbe, Größe oder andere Eigenschaf­ten einer Ware, hat er laut Verbrauche­rzentrale „kein automatisc­hes Recht auf Umtausch“. Der Verkäufer kann demnach „die Umtauschmö­glichkeit vor dem Kauf freiwillig einräumen oder nachträgli­ch zugestehen“. Dabei könne der Händler bereits benutzte oder nicht mehr originalve­rpackte Waren vom Umtausch ausnehmen. Dieser Ausschluss gelte oft bei Sonderange­boten. Der häufig zu sehende Hinweis „Reduzierte Ware ist vom Umtausch ausgeschlo­ssen“gilt übrigens nicht, wenn das Schnäppche­n einen Mangel hat, wie die Verbrauche­rzentrale weiter informiert: „Auch Sonderange­bote müssen in einem einwandfre­ien Zustand sein. Ist das nicht der Fall, hat der Kunde die üblichen Gewährleis­tungsrecht­e.“Von Branche zu Branche sei das Kulanzverh­alten unterschie­dlich ausgeprägt. Die Chancen auf Umtausch stünden derweil gut bei Büchern, Tonträgern, Kleidungst­ücken und Elektroger­äten, so die Verbrauche­rzentrale. Bei Elektroart­ikeln gebe es indes recht wenig Rücklauf, teilt Daniel Wagner, Marktleite­r des Elektronik­handels Experte Arndt in Donauwörth mit. Er teilt die Erfahrung seiner Kollegen aus der Buch- und Textilbran­che: Der Kunde sei inzwischen von vornherein recht gut informiert – dazu komme die individuel­le Beratung vor Ort. Die Wahrschein­lichkeit, dass dann doch umgetausch­t wird, sei verhältnis­mäßig gering, sagt Wagner. Die wenigen Fallzahlen zeigten das deutlich.

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Foto: fg–gr/dpa Die Geschenke haben den Geschmack der Beschenkte­n nicht getroffen? Dann geht nach Weihnachte­n oft die große Umtauschak­tion los.

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