Bundeswehr prüft Anwerbung von Ausländern
Verteidigung Ministerin denkt offenbar an Experten aus Polen, Italien und Rumänien
Berlin Nicht nur die Wirtschaft klagt über den Mangel an Fachkräften – auch die deutschen Streitkräfte tun sich schwer, adäquates Personal zu finden. Offensichtlich haben die Engpässe dazu geführt, dass die Bundeswehr ihre Pläne für die Anwerbung von Ausländern energisch vorantreibt. Der Spiegel meldet jetzt, dass Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor allem Polen, Italiener und Rumänen anwerben will. Das Magazin beruft sich auf ein vertrauliches Ministeriumskonzept. Bereits im Sommer dieses Jahres hatte es eine Debatte über die Öffnung der Streitkräfte für Ausländer gegeben. Gegner dieser Öffnung warnten davor, eine „Söldnertruppe“zu schaffen.
Doch das ist nicht geplant: Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, die Anwerbung von EU-Bürgern für spezielle Tätigkeiten sei „eine Option“, die geprüft werde. „Wir reden hier beispielsweise von Ärzten oder ITSpezialisten“, fügte er hinzu. In dem als Verschlusssache eingestuften Papier des Verteidigungsministeriums heißt es, unter jungen Männern aus Polen, Italien und Rumänien gebe es „ein quantitatives Potenzial“für die Bundeswehr.
In Deutschland leben etwa 255 000 Polen, 185 000 Italiener und 155000 Rumänen zwischen 18 und 40 Jahren, zusammen stellen sie etwa die Hälfte aller EU-Ausländer. Das reizt zu Rechenspielen: Könnte in dieser Gruppe bei zumindest zehn Prozent Interesse an der Bundeswehr geweckt werden, wären dies rund 50000 mögliche neue Bewerber, heißt es in dem Papier. Das Ministerium will demnach die Gruppe möglicher Rekruten auf EU-Ausländer begrenzen, die bereits mehrere Jahre in Deutschland leben und fließend deutsch sprechen. So soll vor allem EU-Nachbarn die Angst genommen werden, dass Deutschland potenzielle Soldaten mit besseren Gehältern abwirbt. Vor allem osteuropäische Nachbarn fürchteten negative Auswirkungen auf die eigene Bedarfsdeckung. Eine Ministeriumssprecherin versicherte: „Natürlich haben wir uns hierzu auch mit anderen EU-Ländern ausgetauscht.“Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels (SPD) sagte, die Bundeswehr habe bereits „viele Soldaten mit Migrationshintergrund oder Doppelstaatler“. Es wäre aber eine „Illusion“, anzunehmen, dass die EU-Bürger schon die Lösung der Personalprobleme wären.
Ministerin von der Leyen verwies angesicht der Diskussion darauf, dass die Personalsituation der Bundeswehr keineswegs so besorgniserregend sei, wie zum Teil dargestellt. So sei die Zahl der Soldaten seit 2016 um 3,6 Prozent gestiegen. Ende dieses Jahres werde die Marke von 182 000 Soldaten erreicht werden. „Ein Plus von 6500 gegenüber dem Tiefststand 2016.“Die mittelfristige Personalplanung sehe vor, dass bis 2025 die Zahl von 203000 Soldaten erreicht werden solle, darunter neue Kräfte für die Cybersicherheit oder Projekte im Rahmen der Europäischen Verteidigungsunion.
Im Leitartikel lesen Sie, warum der Fachkräftemängel die Zukunft des Landes gefährdet.