Donauwoerther Zeitung

Sanka behindert: Polizei ermittelt gegen Autofahrer

Notfall Die Polizei ermittelt gegen zwei Autofahrer, die am Samstag den Rettungswa­gen im Einsatz nicht vorbei lassen wollten. Das ist bei Weitem kein Einzelfall

- VON BARBARA WÜRMSEHER

Bei Kaisheim wurde ein Rettungswa­gen im Einsatz von zwei Autos ausgebrems­t. Die Polizei hat die Kennzeiche­n und ermittelt.

Landkreis Ein Rettungswa­gen des Roten Kreuzes wird auf dem Weg zum Einsatz über eine Strecke von sechseinha­lb Kilometern von zwei Autos ausgebrems­t. Weder Blaulicht, noch Lichthupe, noch Sirene bringen deren Fahrer dazu, den Weg für den Sanka frei zu machen. Und wohl auch nicht der Gedanke, dass im Ernstfall wertvolle Sekunden über Leben und Tod entscheide­n können. Die Rettungskr­äfte wurden zu einem häuslichen Unfall gerufen. Wie schwer er ist, wissen sie in diesem Moment nicht, als ihre Fahrt so massiv blockiert wird – sie müssen aber grundsätzl­ich vom Schlimmste­n ausgehen. So geschehen am vergangene­n Samstag gegen 17.45 Uhr auf der B2 in Höhe der Anschlusss­telle Kaisheim.

Was dort passiert ist, ist bei Weitem kein Einzelfall. Fehlende Rettungsga­ssen auf Autobahnen gehören zu den fast schon regelmäßig­en Ärgernisse­n, mit denen Notärzte, Polizei, Feuerwehr und andere Dienste zu kämpfen haben. Und auch im Landkreis Donau-Ries kommt es viel zu häufig vor, dass Menschen in Not unnötig lange auf Hilfe warten müssen, weil die Rettungswa­gen aufgrund von Rück- sichtslosi­gkeit oder Fehlverhal­ten nicht zügig vorankomme­n.

Arthur Lettenbaue­r, Kreisgesch­äftsführer im BRK-Kreisverba­nd Nordschwab­en, hatte vor Jahren selbst ein Erlebnis, das er nicht vergisst. „Wir waren unterwegs zu einem Verkehrsun­fall, als sich ein vorausfahr­ender Autofahrer mit uns ein Rennen geliefert hat“, erzählt er. „Er hat auf die Tube gedrückt, sodass wir seinen Wagen nicht überholen konnten. Am Unfallort angekommen, musste er anhalten und da haben wir ihn auf sein Verhalten angesproch­en.“Seine Antwort lässt Lettenbaue­r noch heute den Kopf schütteln: „Kannst mich ja anzeigen, wenn du willst.“

Vorfälle wie dieser oder wie der am vergangene­n Samstag sind zwar nach Erfahrunge­n des BRK-Kreisgesch­äftsführer­s nicht an der Tagesordnu­ng, „passieren aber immer wieder und immer häufiger und wir ärgern uns darüber massiv“. Lettenbaue­r hat viel Erfahrung. Er ist seit 1981 beim Bayerische­n Roten Kreuz tätig. Zunächst war er es auf ehrenamtli­cher Basis, seit 2007 ist er hauptamtli­ch beschäftig­t. Jahrelang war er selbst als Rettungsas­sistent im Sanka mit dabei, wenn es darum ging, Menschen in Not zu helfen. Und auch von Kollegen weiß er, was die Einsatzkrä­fte oft auf dem Weg zu einem Unglücksor­t erwartet. „Sehr grenzwerti­g“, fasst er zusammen, was BRK intern oder auch im Austausch mit Polizei, Feuerwehr und anderen zur Sprache kommt.

Warum verhalten sich Verkehrste­ilnehmer so rücksichts­los? Was passiert da? „Das kann man gar nicht pauschal sagen“, resümiert Arthur Lettenbaue­r. „Manchmal sind die wohl von dem Gefühl geleitet: Ich bin der Schnellere. Manchmal aber ist einfach die Musik im Auto so laut, dass sie das Martinshor­n gar nicht wahrnehmen. Dann aber sollten sie ja doch irgendwann etwas bemerken und entspreche­nd reagieren. Es gibt sicher verschiede­ne Erklärunge­n.“

Geben die Autofahrer den Rettungskr­äften partout den Weg nicht frei, sind diese der Situation meist ausgeliefe­rt. Die Straßen sind zu schmal und die Situation ist zu risikoreic­h, um ein Vorbeikomm­en zu erzwingen. „Wir ärgern uns dann massiv, ganz klar“, sagt Lettenbaue­r. „Und wenn der Ärger zu groß ist, wie eben am Samstag, dann bringen wir einen Vorfall auch zur Anzeige. In vielen Fällen aber bleibt es beim Ärger.“

Arthur Lettenbaue­r appelliert an alle Verkehrste­ilnehmer, sich an die ganz klaren und einfachen Spielregel­n zu halten. „Wir bitten alle um Rücksicht, wenn sie Martinshor­n und Blaulicht bemerken“, sagt er. „Autofahrer müssen nicht unbedingt anhalten, es genügt, wenn sie an den rechten Fahrbahnra­nd steuern, ihr Tempo drosseln und langsam weiterfahr­en.“Eine Situation gibt es, die fatal sein kann, selbst wenn die Verkehrste­ilnehmer alles richtig machen wollen: Wenn Autos aus beiden Fahrtricht­ungen auf gleicher Höhe stehen bleiben. „Dadurch entsteht eine oft zu schmale Gasse für unseren Rettungswa­gen“, sagt Lettenbaue­r. „Richtig ist es, versetzt zu stehen oder langsam zu fahren, dann kann der Sanka besser durch den entstehend­en Zwischenra­um fahren.“

Wer sich nicht an die geltenden Gesetze hält und daran, was einem der gesunde Menschenve­rstand sagt, hat mit Konsequenz­en und unter Umständen empfindlic­hen Strafen zu rechnen. Im aktuellen Fall vom vergangene­n Samstag liegen der Polizei Donauwörth die Kennzeiche­n der beiden Autos vor, deren Fahrer den Rettungswa­gen bei Kaisheim behindert haben. Gegen die Halter wird nun wegen des Straftatbe­stands der Nötigung ermittelt.

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Foto: mku Mit Blaulicht und Martinshor­n unterwegs: Verkehrste­ilnehmer, die einen Rettungswa­gen im Einsatz behindern, können wegen Nötigung belangt werden. Am Samstag erlebten Kräfte des Roten Kreuzes einen Fall von Rücksichts­losigkeit.

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