Ein Jahr der Rekorde auf dem Arbeitsmarkt
Wirtschaft Die Arbeitslosenquote im Landkreis ist mit 1,4 Prozent niedrig wie nie. Große Unterschiede zwischen Männern und Frauen bei der Beschäftigung. Was der Leiter der Arbeitsagentur Donauwörth für 2019 erwartet
Landkreis Es sind erfreuliche und zugleich problematische Zahlen, die die Arbeitsagentur Donauwörth in diesem Jahr Monat für Monat vorgelegt hat. Bei der Arbeitslosenquote geht es stetig nach unten. Im November waren es zuletzt noch 1,4 Prozent. Das entspricht 1135 Jobsuchenden. Die meisten Arbeitslosen gibt es traditionell im Januar. 1612 Personen sind Anfang des Jahres gemeldet gewesen.
Zudem haben noch nie so viele Menschen in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis ihren Lebensunterhalt verdient. Auch gibt es heuer kein Unternehmen, das im größeren Umfang Mitarbeiter entlassen hat und nur noch sieben Jugendliche suchten Ende September noch einen Ausbildungsplatz. Es waren noch nie so wenige.
Problematisch sind die Zahlen deswegen weil der Arbeitsmarkt leer gefegt ist, zumindest gilt das für Fachkräfte. Bei Helfertätigkeiten sieht es nämlich anders aus. Dieser Personenkreis ist deutlich häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen, sagt Agenturchef Richard Paul. „Die Arbeitgeber sind bestrebt, höher qualifizierte Beschäftigte zu gewinnen und entlassen Helfer eher, wenn sie glauben, einen geeigneteren Kandidaten gefunden zu haben. Qualifizierung ist die beste Vorsorge.“
Im Schnitt seien die Arbeitssuchenden dieses Jahr 110 Tage bei der Agentur gemeldet, bevor sie wieder eine Anstellung finden. Alle zwei bis drei Monate ändere sich die Zusammensetzung der Klienten fast komplett, so der Behördenchef. Ein Drittel der Personen, die sich bei der Agentur als arbeitssuchend melden, werden allerdings gar nicht arbeitslos, sie finden vorher schon wieder eine Stelle, so Paul.
Was auch in starkem Maße zu beobachten ist, ist ein starker Zuzug von Arbeitnehmern aus Ost- und Südosteuropa, die die große Nachfrage der Firmen zu einem größeren Teil decken. Mehr als zehn Prozent der 62000 Arbeitnehmer im Landkreis, die in die Sozialkassen einzahlen, sind aus dem Ausland zugewandert. Allerdings können nicht alle Menschen auch von ihrem Einkommen leben. Es gibt aktuell 291 sogenannte Ergänzer, die Geld von der Arbeitsagentur erhalten. „Dabei handelt es sich oft um Arbeitnehmer, deren Einkommen für sie reichen würde, die aber oft auch eine Familie haben. Auch mehrere Selbstständige sind darunter“, erklärt der Geschäftsführer.
Paul fällt zudem auf, dass immer mehr Teilzeitstellen entstehen, wobei unter Teilzeit auch eine 30-Stunden-Woche fällt. Rund 23 Prozent sind in einem solchen Arbeitszeitmodell angestellt. Und es sind fast immer Frauen, die Teilzeit arbeiten, beispielsweise, weil sie Beruf und Familie vereinbaren wollen oder müssen. Fast 87 Prozent der Teilzeitstellen im Landkreis haben Frauen inne. Geht es nach der Arbeitsagentur, würden sie die Mütter gerne stärker wieder in den Arbeitsmarkt integrieren. Dazu werden regelmäßig Seminare von der Behörde angeboten. „Es sind eher einzelne die den Weg zu uns finden, doch jede Mutter, die wir wieder in den Arbeitsmarkt vermitteln können, ist ein Erfolg bei der Nachfrage nach Personal“, sagt Paul. Immerhin zeigt der Blick in die Statistik auch, dass sich die Zahl der arbeitenden Frauen in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 5500 erhöht hat – auf jetzt über 12 000.
Christine Jung, Pressesprecherin der Agentur und früher in dem Aufgabenbereich tätig, sagt: „Es ist ein längerer und mühsamer Prozess bis zur Entscheidung. Es fehlt an Selbstvertrauen und es gibt teils Veränderungsängste.“Auch der technische Fortschritt spiele eine Rolle, beispielsweise bei der Beherrschung von Computerprogrammen, so Paul. Er appelliert an die Arbeitgeber, bei den Arbeitszeitmodellen möglichst flexibel zu sein, um Müttern den Wiedereinstieg zu erleichtern. Bei der Agentur gibt es laut Paul aktuell über 50 Arbeitszeitmodelle.
Die Suche nach qualifiziertem Personal hat laut dem Behördenleiter auch dazu geführt, dass die Zahl älterer Arbeitgeber steige. Dafür gebe es mehrere Gründe, sagt er. Unternehmen entlassen demnach ältere Fachkräfte nicht mehr so schnell, weil es an Nachfolgern mangelt. Auch wollten Arbeitnehmer teils länger arbeiten, weil es ihnen Spaß macht oder um ihren Lebensstandard zu halten. Das Gehalt ist höher als die spätere Rente. Hinzu kommt laut Paul auch, dass die Deutsche Rentenversicherung „sehr restriktiv“agiere beim Thema Frühverrentung.
Die gute Entwicklung führt laut Behördenchef auch dazu, dass die Zeitarbeitsfirmen, aus deren Bereich immer noch sehr viele Stellen gemeldet werden, inzwischen teils übertariflich zahlten, um an gutes Personal zu kommen. Zeitarbeitsfirmen sind vor allem bei kleineren und mittleren Unternehmen gefragt, die keine eiLaut gen Mitarbeiter für das Thema Personalgewinnung haben.
Die niedrige Arbeitslosenquote hat auch zur Folge, dass die Behörde vor allem noch schwerer vermittelbare Klienten betreut. Dazu gehören Menschen mit Behinderungen oder gesundheitlichen Problemen. „Dabei haben wir inzwischen sehr umfangreiche und zeitlich langfristige Werkzeuge zur Verfügung, um Arbeitgeber bei der Integration dieser Menschen zu unterstützen“, wirbt Paul darum, diesen Menschen eine Chance zu geben.
Wie viel Arbeitslosengeld seine Behörde am Jahresende ausbezahlt hat, kann er noch nicht sagen, er geht aber davon aus, dass es wieder weniger sein wird als im Vorjahr. Geschuldet ist das der guten Konjunktur. „2017 haben wir 70 Millionen Euro ausbezahlt, das waren zehn Millionen Euro weniger als noch 2016“, sagt Paul.
Für 2019 ist er zuversichtlich, dass sich die positive Entwicklung fortsetzt. Auch wenn Experten mit einem Abflauen der Wirtschaft rechnen. Selbst wenn die Nachfrage nachlasse, werde es dauern, bis sich dies hier auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar mache. Risiken sieht er in der Staatsverschuldung Italiens und im Brexit.