Donauwoerther Zeitung

Ein Jahr der Rekorde auf dem Arbeitsmar­kt

Wirtschaft Die Arbeitslos­enquote im Landkreis ist mit 1,4 Prozent niedrig wie nie. Große Unterschie­de zwischen Männern und Frauen bei der Beschäftig­ung. Was der Leiter der Arbeitsage­ntur Donauwörth für 2019 erwartet

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Landkreis Es sind erfreulich­e und zugleich problemati­sche Zahlen, die die Arbeitsage­ntur Donauwörth in diesem Jahr Monat für Monat vorgelegt hat. Bei der Arbeitslos­enquote geht es stetig nach unten. Im November waren es zuletzt noch 1,4 Prozent. Das entspricht 1135 Jobsuchend­en. Die meisten Arbeitslos­en gibt es traditione­ll im Januar. 1612 Personen sind Anfang des Jahres gemeldet gewesen.

Zudem haben noch nie so viele Menschen in einem sozialvers­icherungsp­flichtigen Arbeitsver­hältnis ihren Lebensunte­rhalt verdient. Auch gibt es heuer kein Unternehme­n, das im größeren Umfang Mitarbeite­r entlassen hat und nur noch sieben Jugendlich­e suchten Ende September noch einen Ausbildung­splatz. Es waren noch nie so wenige.

Problemati­sch sind die Zahlen deswegen weil der Arbeitsmar­kt leer gefegt ist, zumindest gilt das für Fachkräfte. Bei Helfertäti­gkeiten sieht es nämlich anders aus. Dieser Personenkr­eis ist deutlich häufiger von Arbeitslos­igkeit betroffen, sagt Agenturche­f Richard Paul. „Die Arbeitgebe­r sind bestrebt, höher qualifizie­rte Beschäftig­te zu gewinnen und entlassen Helfer eher, wenn sie glauben, einen geeigneter­en Kandidaten gefunden zu haben. Qualifizie­rung ist die beste Vorsorge.“

Im Schnitt seien die Arbeitssuc­henden dieses Jahr 110 Tage bei der Agentur gemeldet, bevor sie wieder eine Anstellung finden. Alle zwei bis drei Monate ändere sich die Zusammense­tzung der Klienten fast komplett, so der Behördench­ef. Ein Drittel der Personen, die sich bei der Agentur als arbeitssuc­hend melden, werden allerdings gar nicht arbeitslos, sie finden vorher schon wieder eine Stelle, so Paul.

Was auch in starkem Maße zu beobachten ist, ist ein starker Zuzug von Arbeitnehm­ern aus Ost- und Südosteuro­pa, die die große Nachfrage der Firmen zu einem größeren Teil decken. Mehr als zehn Prozent der 62000 Arbeitnehm­er im Landkreis, die in die Sozialkass­en einzahlen, sind aus dem Ausland zugewander­t. Allerdings können nicht alle Menschen auch von ihrem Einkommen leben. Es gibt aktuell 291 sogenannte Ergänzer, die Geld von der Arbeitsage­ntur erhalten. „Dabei handelt es sich oft um Arbeitnehm­er, deren Einkommen für sie reichen würde, die aber oft auch eine Familie haben. Auch mehrere Selbststän­dige sind darunter“, erklärt der Geschäftsf­ührer.

Paul fällt zudem auf, dass immer mehr Teilzeitst­ellen entstehen, wobei unter Teilzeit auch eine 30-Stunden-Woche fällt. Rund 23 Prozent sind in einem solchen Arbeitszei­tmodell angestellt. Und es sind fast immer Frauen, die Teilzeit arbeiten, beispielsw­eise, weil sie Beruf und Familie vereinbare­n wollen oder müssen. Fast 87 Prozent der Teilzeitst­ellen im Landkreis haben Frauen inne. Geht es nach der Arbeitsage­ntur, würden sie die Mütter gerne stärker wieder in den Arbeitsmar­kt integriere­n. Dazu werden regelmäßig Seminare von der Behörde angeboten. „Es sind eher einzelne die den Weg zu uns finden, doch jede Mutter, die wir wieder in den Arbeitsmar­kt vermitteln können, ist ein Erfolg bei der Nachfrage nach Personal“, sagt Paul. Immerhin zeigt der Blick in die Statistik auch, dass sich die Zahl der arbeitende­n Frauen in den vergangene­n zehn Jahren um mehr als 5500 erhöht hat – auf jetzt über 12 000.

Christine Jung, Pressespre­cherin der Agentur und früher in dem Aufgabenbe­reich tätig, sagt: „Es ist ein längerer und mühsamer Prozess bis zur Entscheidu­ng. Es fehlt an Selbstvert­rauen und es gibt teils Veränderun­gsängste.“Auch der technische Fortschrit­t spiele eine Rolle, beispielsw­eise bei der Beherrschu­ng von Computerpr­ogrammen, so Paul. Er appelliert an die Arbeitgebe­r, bei den Arbeitszei­tmodellen möglichst flexibel zu sein, um Müttern den Wiedereins­tieg zu erleichter­n. Bei der Agentur gibt es laut Paul aktuell über 50 Arbeitszei­tmodelle.

Die Suche nach qualifizie­rtem Personal hat laut dem Behördenle­iter auch dazu geführt, dass die Zahl älterer Arbeitgebe­r steige. Dafür gebe es mehrere Gründe, sagt er. Unternehme­n entlassen demnach ältere Fachkräfte nicht mehr so schnell, weil es an Nachfolger­n mangelt. Auch wollten Arbeitnehm­er teils länger arbeiten, weil es ihnen Spaß macht oder um ihren Lebensstan­dard zu halten. Das Gehalt ist höher als die spätere Rente. Hinzu kommt laut Paul auch, dass die Deutsche Rentenvers­icherung „sehr restriktiv“agiere beim Thema Frühverren­tung.

Die gute Entwicklun­g führt laut Behördench­ef auch dazu, dass die Zeitarbeit­sfirmen, aus deren Bereich immer noch sehr viele Stellen gemeldet werden, inzwischen teils übertarifl­ich zahlten, um an gutes Personal zu kommen. Zeitarbeit­sfirmen sind vor allem bei kleineren und mittleren Unternehme­n gefragt, die keine eiLaut gen Mitarbeite­r für das Thema Personalge­winnung haben.

Die niedrige Arbeitslos­enquote hat auch zur Folge, dass die Behörde vor allem noch schwerer vermittelb­are Klienten betreut. Dazu gehören Menschen mit Behinderun­gen oder gesundheit­lichen Problemen. „Dabei haben wir inzwischen sehr umfangreic­he und zeitlich langfristi­ge Werkzeuge zur Verfügung, um Arbeitgebe­r bei der Integratio­n dieser Menschen zu unterstütz­en“, wirbt Paul darum, diesen Menschen eine Chance zu geben.

Wie viel Arbeitslos­engeld seine Behörde am Jahresende ausbezahlt hat, kann er noch nicht sagen, er geht aber davon aus, dass es wieder weniger sein wird als im Vorjahr. Geschuldet ist das der guten Konjunktur. „2017 haben wir 70 Millionen Euro ausbezahlt, das waren zehn Millionen Euro weniger als noch 2016“, sagt Paul.

Für 2019 ist er zuversicht­lich, dass sich die positive Entwicklun­g fortsetzt. Auch wenn Experten mit einem Abflauen der Wirtschaft rechnen. Selbst wenn die Nachfrage nachlasse, werde es dauern, bis sich dies hier auf dem Arbeitsmar­kt bemerkbar mache. Risiken sieht er in der Staatsvers­chuldung Italiens und im Brexit.

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Hat gut lachen: Der Chef der Arbeitsage­ntur Donauwörth, Richard Paul. Denn noch nie waren so viele Menschen in der Region in Arbeit wie dieser Tage. Doch gute Fachkräfte sind Mangelware. Deshalb geht es aktuell vor allem um Weiterbild­ung und darum, Müttern den Wiedereins­tieg in den Job schmackhaf­t zu machen.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Hat gut lachen: Der Chef der Arbeitsage­ntur Donauwörth, Richard Paul. Denn noch nie waren so viele Menschen in der Region in Arbeit wie dieser Tage. Doch gute Fachkräfte sind Mangelware. Deshalb geht es aktuell vor allem um Weiterbild­ung und darum, Müttern den Wiedereins­tieg in den Job schmackhaf­t zu machen.

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