Königliches Prost in München, Berlin und Peking
Interview Die Bayerische Bierkönigin Johanna Seiler aus Appetshofen hat aufregende sieben Monate hinter sich, in denen sie weit über den Freistaat hinaus im Einsatz war. Ein Gespräch über Söder, Schweinebraten und schwäbischen Dialekt
Frau Seiler, was darf ich Ihnen anbieten? Kaffee, Cappuccino, Wasser oder Bier?
Johanna Seiler (lacht): Natürlich Bier. Es ist zwar nicht so, dass ich mich den ganzen Tag von Bier ernähre, aber am Abend trinke ich tatsächlich schon gerne mal ein Bier. Das ist dann auch ein wirklicher Genuss für mich.
Was ist Ihr Lieblingsbier?
Seiler: Immer noch das Weißbier.
Sie sind Bayerische Bierkönigin seit dem 3. Mai. Wie viele Termine haben Sie in den bisher sieben Monaten Ihrer Regentschaft schon absolviert?
Seiler: Im Sommer war es wirklich extrem, da hatte ich bis zu acht Termine pro Woche, ab September ist es ruhiger geworden und im Moment sind vielleicht zwei, drei Verpflichtungen in der Woche. Ich habe nicht nachgerechnet, aber insgesamt könnten es schon ein paar hundert Termine gewesen sein.
Das kann ja eigentlich nur bedeuten, dass Sie mit dem Studium ausgesetzt haben ...
Seiler: Nein, hab’ ich nicht. Ursprünglich war es tatsächlich mein Plan, das Pensum ein bisschen herunter zu schrauben, aber ich habe nun trotzdem in Teilzeit weitergearbeitet und auch mein Studium fortgesetzt. Das war ziemlich intensiv in den letzten sieben Monaten.
Was genau arbeiten Sie?
Seiler: Ich arbeite 20 Stunden die Woche als Werkstudentin. Ich studiere Arztassistenz (ein akademischer medizinischer Beruf zwischen Arzt
und Pflegepersonal, die Red.) in der Gefäßchirurgie des Klinikums rechts der Isar in München. Meine Chefin ist da wirklich super und ermöglicht mir fast alle Termine, wenn ich sie rechtzeitig mit ihr abspreche. Aber selbst bei den kurzfristigen Terminen, die immer wieder mal vorkommen, hat es fast immer geklappt.
Also Verständnis bei den Vorgesetzten, dass es für Sie ein Ausnahmejahr ist ... Seiler: Ja, absolut.
Ihre Amtszeit endet wann genau? Seiler: Am 16. Mai ist mein Abdanken. Aber bis dahin wird es noch einige Termine geben. Nur momentan ist es etwas ruhiger. Am 11. Januar geht es weiter mit dem Neujahrsempfang des Ministerpräsidenten, dann kommen die Grüne Woche in Berlin, ein Brauerei-Skicup im Allgäu und vor allem die Starkbierfeste Ende Februar/Anfang März.
Haben Sie sich das Leben einer Bayerischen Bierkönigin genauso vorgestellt?
Seiler: Einen Eindruck habe ich mir dank der sozialen Medien in den vergangenen zwei Jahren schon verschafft, was meine Vorgängerinnen so alles übers Jahr gemacht haben. Am Anfang habe ich gedacht, es geht nur um die Braubranche, aber in Wirklichkeit steckt noch viel mehr dahinter. Einen ganz großen Teil macht die Landwirtschaft aus und auch die Politik spielt für die Bierkönigin eine große Rolle. Ein Beispiel ist das Reinheitsgebot, das von anderen Nationen immer wieder angegriffen wird ...
... und Sie müssen es verteidigen. Seiler: Ja, schon. Das Ganze ist ein riesiges Netzwerk, das längst nicht nur auf Bayern begrenzt ist. Ich hätte nicht gedacht, dass meine Aufgabe so vielseitig sein würde.
Sind Sie darauf vorbereitet worden oder war es eher ein Sprung ins kalte Wasser?
Seiler (lacht): Eher ein Sprung ins kühle Bier. Wir hätten ein Medientraining bekommen sollen, das ich aber im Sommer aufgrund der vielen Termine nicht geschafft habe und wahrscheinlich jetzt im Januar nachholen werde. Aber man lernt von Auftritt zu Auftritt dazu, hört den anderen Rednern zu und pickt sich das eine oder andere heraus. Das ist dann alles eine Frage der Vorbereitung, denn ich schreibe alle meine Reden selber.
Die Bierbranche ist ja eigentlich eher eine Männerdomäne ...
Seiler: ...ich finde, das darf man nicht so klischeehaft sehen. Beispielsweise gibt es immer mehr Brauerinnen und früher war – was viele gar nicht wissen – das Bierbrauen ja tatsächlich Frauensache. In meinem Freundeskreis haben übrigens auch die Mädchen schon immer gern Bier getrunken, wobei man auch das alkoholfreie Bier nicht vergessen darf. Man denke nur an die vielen Laufveranstaltungen, wo es fast immer im Ziel alkoholfreies Weizen gibt, das isotonisch ist und die Flüssigkeitsspeicher schnell wieder auffüllt. Hat es mal eine Situation gegeben, wo man Sie auf Ihre Trinkfestigkeit testen wollte?
Seiler: Die gab es schon, aber damit kann ich ganz gut umgehen. Als Bierkönigin muss man die Aufgaben professionell angehen, was für mich bedeutete, nach dem ersten Anstoßen meist ziemlich schnell auf Alkoholfreies umzusteigen. Schließlich war ich fast immer selber mit dem Auto da und da war es mir immer wichtig, Bier bewusst zu genießen und zu zeigen, wo die Grenzen sind.
Sie haben sicher enorm viele Menschen in den ersten sieben Monaten ihrer Amtszeit kennengelernt. Gibt es eine Persönlichkeit, die Sie besonders beeindruckt hat?
Seiler: Zum bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder hatte ich vorher keinen Bezug, aber nach einem Händedruck und einem kurzen Gespräch mit ihm war ich schon beeindruckt von seiner Empathie, die regelrecht greifbar war.
Bei den vielen Terminen, die Sie absolviert haben, gab’s ja nicht nur Bier, sondern immer auch deftiges bayerisches Essen. Gibt’s irgendwas, was Ihnen mittlerweile zum Hals heraushängt, wie wir bei uns so schön bildhaft sagen?
Seiler: Schweinsbraten war der Klassiker. Meine Vorgängerinnen haben mich vorgewarnt, dass es auf den Volksfesten fast immer Schweinebraten geben würde und so war es dann auch. Eigentlich mag ich den wirklich gerne und meine Mama macht ihn auch richtig gut, aber irgendwann war der Punkt erreicht, wo ich sogar ihr sagen musste: Bitte keinen Schweinebraten mehr! War Ihnen klar, dass die Bayerische Bierkönigin auch im Ausland im Einsatz sein würde?
Seiler: Eine gute Informationsquelle waren auch hier meine Vorgängerinnen, die ebenfalls in China und im Libanon waren. Deswegen wusste ich schon, dass ich da wahrscheinlich auch hin darf. In China waren beispielsweise unsere Partner Flughafen München, Zugspitze und Bayern-Tourismus dabei und haben in Peking diverse Aktionen wie Oktoberfest, bayerischer Workshop oder Bierverkostung organisiert, in die ich immer eingebunden war.
Im Libanon gab’s auch ein Oktoberfest mit Bieranstich und allem drum und dran ...
Seiler: Richtig. Der Libanon ist ein hochinteressantes Land mit tollen Menschen, wunderschöner Landschaft und sehr schmackhaftem Essen. Da werde ich auf jeden Fall noch einmal hinfliegen.
Als erste Schwäbin in diesem Amt sind Sie sicher oft auf Ihren Dialekt angesprochen worden ...
Seiler: Fast immer. Ich hab mir bei meinen Terminen schon viel anhören dürfen wie zum Beispiel: Eine Bierkönigin aus Schwaben, geht das überhaupt? Aber ich stehe zu meinem Rieser Dialekt und habe auch festgestellt, dass Nördlingen in allen bayerischen Regierungsbezirken gut bekannt und sehr beliebt ist.
Darf die Bayerische Bierkönigin eigentlich ihre Dirndl behalten, die ihr zur Verfügung gestellt werden? Seiler: Es sind insgesamt sechs, von denen ich aber nur eins selber ausgesucht und maßgeschneidert bekommen habe. Die anderen kamen in den Wochen danach dazu. Ich liebe Dirndl und bekomme sehr viel positives Feedback. Die Stücke sind sehr edel und trotzdem traditionell geschneidert. Ich darf sie tatsächlich alle behalten.
Der Amtsantritt war wie ein „Sprung ins kühle Bier“
Tolle Erlebnisse in China und im Libanon
Haben Sie diese sieben Monate auch menschlich weitergebracht?
Seiler: Auf jeden Fall. Ich habe vor allem viel über mich selber gelernt, wie ich mein Leben organisieren muss, wie man auf Menschen zugeht. Ich bin die Aufgabe mit Respekt angegangen und werde sie verantwortungsbewusst zu Ende führen. Ich habe auch viel über Bayern und unser gutes bayerisches Bier gelernt.
Gibt’s zur Belohnung für die beachtlich gut gemeisterten Repräsentationsaufgaben nun lebenslang Weißbier vom Bayerischen Brauerbund ...?
Seiler (lacht): Eine Bier-Pipeline nach Appetshofen, das wäre in der Tat nicht schlecht. Leider ist diesbezüglich nichts dergleichen bekannt, auch nicht bei meinen Vorgängerinnen. Aber vielleicht ändert sich das ja noch... ● Johanna Seiler, 27, ist seit Mai dieses Jahres Bayerische Bierkönigin. Die Tochter des Möttinger Bürgermeisters Erwin Seiler ist in Appetshofen aufgewachsen und lebt seit einigen Jahren in München, wo sie Arztassistenz studiert.