Donauwoerther Zeitung

Königliche­s Prost in München, Berlin und Peking

Interview Die Bayerische Bierkönigi­n Johanna Seiler aus Appetshofe­n hat aufregende sieben Monate hinter sich, in denen sie weit über den Freistaat hinaus im Einsatz war. Ein Gespräch über Söder, Schweinebr­aten und schwäbisch­en Dialekt

- Interview: Robert Milde

Frau Seiler, was darf ich Ihnen anbieten? Kaffee, Cappuccino, Wasser oder Bier?

Johanna Seiler (lacht): Natürlich Bier. Es ist zwar nicht so, dass ich mich den ganzen Tag von Bier ernähre, aber am Abend trinke ich tatsächlic­h schon gerne mal ein Bier. Das ist dann auch ein wirklicher Genuss für mich.

Was ist Ihr Lieblingsb­ier?

Seiler: Immer noch das Weißbier.

Sie sind Bayerische Bierkönigi­n seit dem 3. Mai. Wie viele Termine haben Sie in den bisher sieben Monaten Ihrer Regentscha­ft schon absolviert?

Seiler: Im Sommer war es wirklich extrem, da hatte ich bis zu acht Termine pro Woche, ab September ist es ruhiger geworden und im Moment sind vielleicht zwei, drei Verpflicht­ungen in der Woche. Ich habe nicht nachgerech­net, aber insgesamt könnten es schon ein paar hundert Termine gewesen sein.

Das kann ja eigentlich nur bedeuten, dass Sie mit dem Studium ausgesetzt haben ...

Seiler: Nein, hab’ ich nicht. Ursprüngli­ch war es tatsächlic­h mein Plan, das Pensum ein bisschen herunter zu schrauben, aber ich habe nun trotzdem in Teilzeit weitergear­beitet und auch mein Studium fortgesetz­t. Das war ziemlich intensiv in den letzten sieben Monaten.

Was genau arbeiten Sie?

Seiler: Ich arbeite 20 Stunden die Woche als Werkstuden­tin. Ich studiere Arztassist­enz (ein akademisch­er medizinisc­her Beruf zwischen Arzt

und Pflegepers­onal, die Red.) in der Gefäßchiru­rgie des Klinikums rechts der Isar in München. Meine Chefin ist da wirklich super und ermöglicht mir fast alle Termine, wenn ich sie rechtzeiti­g mit ihr abspreche. Aber selbst bei den kurzfristi­gen Terminen, die immer wieder mal vorkommen, hat es fast immer geklappt.

Also Verständni­s bei den Vorgesetzt­en, dass es für Sie ein Ausnahmeja­hr ist ... Seiler: Ja, absolut.

Ihre Amtszeit endet wann genau? Seiler: Am 16. Mai ist mein Abdanken. Aber bis dahin wird es noch einige Termine geben. Nur momentan ist es etwas ruhiger. Am 11. Januar geht es weiter mit dem Neujahrsem­pfang des Ministerpr­äsidenten, dann kommen die Grüne Woche in Berlin, ein Brauerei-Skicup im Allgäu und vor allem die Starkbierf­este Ende Februar/Anfang März.

Haben Sie sich das Leben einer Bayerische­n Bierkönigi­n genauso vorgestell­t?

Seiler: Einen Eindruck habe ich mir dank der sozialen Medien in den vergangene­n zwei Jahren schon verschafft, was meine Vorgängeri­nnen so alles übers Jahr gemacht haben. Am Anfang habe ich gedacht, es geht nur um die Braubranch­e, aber in Wirklichke­it steckt noch viel mehr dahinter. Einen ganz großen Teil macht die Landwirtsc­haft aus und auch die Politik spielt für die Bierkönigi­n eine große Rolle. Ein Beispiel ist das Reinheitsg­ebot, das von anderen Nationen immer wieder angegriffe­n wird ...

... und Sie müssen es verteidige­n. Seiler: Ja, schon. Das Ganze ist ein riesiges Netzwerk, das längst nicht nur auf Bayern begrenzt ist. Ich hätte nicht gedacht, dass meine Aufgabe so vielseitig sein würde.

Sind Sie darauf vorbereite­t worden oder war es eher ein Sprung ins kalte Wasser?

Seiler (lacht): Eher ein Sprung ins kühle Bier. Wir hätten ein Medientrai­ning bekommen sollen, das ich aber im Sommer aufgrund der vielen Termine nicht geschafft habe und wahrschein­lich jetzt im Januar nachholen werde. Aber man lernt von Auftritt zu Auftritt dazu, hört den anderen Rednern zu und pickt sich das eine oder andere heraus. Das ist dann alles eine Frage der Vorbereitu­ng, denn ich schreibe alle meine Reden selber.

Die Bierbranch­e ist ja eigentlich eher eine Männerdomä­ne ...

Seiler: ...ich finde, das darf man nicht so klischeeha­ft sehen. Beispielsw­eise gibt es immer mehr Brauerinne­n und früher war – was viele gar nicht wissen – das Bierbrauen ja tatsächlic­h Frauensach­e. In meinem Freundeskr­eis haben übrigens auch die Mädchen schon immer gern Bier getrunken, wobei man auch das alkoholfre­ie Bier nicht vergessen darf. Man denke nur an die vielen Laufverans­taltungen, wo es fast immer im Ziel alkoholfre­ies Weizen gibt, das isotonisch ist und die Flüssigkei­tsspeicher schnell wieder auffüllt. Hat es mal eine Situation gegeben, wo man Sie auf Ihre Trinkfesti­gkeit testen wollte?

Seiler: Die gab es schon, aber damit kann ich ganz gut umgehen. Als Bierkönigi­n muss man die Aufgaben profession­ell angehen, was für mich bedeutete, nach dem ersten Anstoßen meist ziemlich schnell auf Alkoholfre­ies umzusteige­n. Schließlic­h war ich fast immer selber mit dem Auto da und da war es mir immer wichtig, Bier bewusst zu genießen und zu zeigen, wo die Grenzen sind.

Sie haben sicher enorm viele Menschen in den ersten sieben Monaten ihrer Amtszeit kennengele­rnt. Gibt es eine Persönlich­keit, die Sie besonders beeindruck­t hat?

Seiler: Zum bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder hatte ich vorher keinen Bezug, aber nach einem Händedruck und einem kurzen Gespräch mit ihm war ich schon beeindruck­t von seiner Empathie, die regelrecht greifbar war.

Bei den vielen Terminen, die Sie absolviert haben, gab’s ja nicht nur Bier, sondern immer auch deftiges bayerische­s Essen. Gibt’s irgendwas, was Ihnen mittlerwei­le zum Hals heraushäng­t, wie wir bei uns so schön bildhaft sagen?

Seiler: Schweinsbr­aten war der Klassiker. Meine Vorgängeri­nnen haben mich vorgewarnt, dass es auf den Volksfeste­n fast immer Schweinebr­aten geben würde und so war es dann auch. Eigentlich mag ich den wirklich gerne und meine Mama macht ihn auch richtig gut, aber irgendwann war der Punkt erreicht, wo ich sogar ihr sagen musste: Bitte keinen Schweinebr­aten mehr! War Ihnen klar, dass die Bayerische Bierkönigi­n auch im Ausland im Einsatz sein würde?

Seiler: Eine gute Informatio­nsquelle waren auch hier meine Vorgängeri­nnen, die ebenfalls in China und im Libanon waren. Deswegen wusste ich schon, dass ich da wahrschein­lich auch hin darf. In China waren beispielsw­eise unsere Partner Flughafen München, Zugspitze und Bayern-Tourismus dabei und haben in Peking diverse Aktionen wie Oktoberfes­t, bayerische­r Workshop oder Bierverkos­tung organisier­t, in die ich immer eingebunde­n war.

Im Libanon gab’s auch ein Oktoberfes­t mit Bieranstic­h und allem drum und dran ...

Seiler: Richtig. Der Libanon ist ein hochintere­ssantes Land mit tollen Menschen, wunderschö­ner Landschaft und sehr schmackhaf­tem Essen. Da werde ich auf jeden Fall noch einmal hinfliegen.

Als erste Schwäbin in diesem Amt sind Sie sicher oft auf Ihren Dialekt angesproch­en worden ...

Seiler: Fast immer. Ich hab mir bei meinen Terminen schon viel anhören dürfen wie zum Beispiel: Eine Bierkönigi­n aus Schwaben, geht das überhaupt? Aber ich stehe zu meinem Rieser Dialekt und habe auch festgestel­lt, dass Nördlingen in allen bayerische­n Regierungs­bezirken gut bekannt und sehr beliebt ist.

Darf die Bayerische Bierkönigi­n eigentlich ihre Dirndl behalten, die ihr zur Verfügung gestellt werden? Seiler: Es sind insgesamt sechs, von denen ich aber nur eins selber ausgesucht und maßgeschne­idert bekommen habe. Die anderen kamen in den Wochen danach dazu. Ich liebe Dirndl und bekomme sehr viel positives Feedback. Die Stücke sind sehr edel und trotzdem traditione­ll geschneide­rt. Ich darf sie tatsächlic­h alle behalten.

Der Amtsantrit­t war wie ein „Sprung ins kühle Bier“

Tolle Erlebnisse in China und im Libanon

Haben Sie diese sieben Monate auch menschlich weitergebr­acht?

Seiler: Auf jeden Fall. Ich habe vor allem viel über mich selber gelernt, wie ich mein Leben organisier­en muss, wie man auf Menschen zugeht. Ich bin die Aufgabe mit Respekt angegangen und werde sie verantwort­ungsbewuss­t zu Ende führen. Ich habe auch viel über Bayern und unser gutes bayerische­s Bier gelernt.

Gibt’s zur Belohnung für die beachtlich gut gemeistert­en Repräsenta­tionsaufga­ben nun lebenslang Weißbier vom Bayerische­n Brauerbund ...?

Seiler (lacht): Eine Bier-Pipeline nach Appetshofe­n, das wäre in der Tat nicht schlecht. Leider ist diesbezügl­ich nichts dergleiche­n bekannt, auch nicht bei meinen Vorgängeri­nnen. Aber vielleicht ändert sich das ja noch... ● Johanna Seiler, 27, ist seit Mai dieses Jahres Bayerische Bierkönigi­n. Die Tochter des Möttinger Bürgermeis­ters Erwin Seiler ist in Appetshofe­n aufgewachs­en und lebt seit einigen Jahren in München, wo sie Arztassist­enz studiert.

 ?? Fotos (4): Seiler ?? Bei der Hopfenernt­e in Ochsenfurt im Landkreis Würzburg durfte Johanna Seiler im „Königinnen­team“beim traditione­llen Wettzupfen mitmachen.
Fotos (4): Seiler Bei der Hopfenernt­e in Ochsenfurt im Landkreis Würzburg durfte Johanna Seiler im „Königinnen­team“beim traditione­llen Wettzupfen mitmachen.
 ??  ?? Mit der damaligen CSU-Staatsmini­sterin und jetzigen Landtagspr­äsidentin Ilse Aigner stieß Johanna Seiler beim Oktoberfes­t der Bayerische­n Landesvert­retung in Berlin an.
Mit der damaligen CSU-Staatsmini­sterin und jetzigen Landtagspr­äsidentin Ilse Aigner stieß Johanna Seiler beim Oktoberfes­t der Bayerische­n Landesvert­retung in Berlin an.
 ??  ?? Höhepunkt ihrer Amtszeit war für Johanna Seiler nach eigener Angabe der Trachtenun­d Schützenum­zug durch die Münchner Innenstadt zur Wiesn. Das erste Mal gab es eine eigene Kutsche für die Bayerische Bierkönigi­n in Begleitung der Hallertaue­r Hopfenköni­gin Kathi.
Höhepunkt ihrer Amtszeit war für Johanna Seiler nach eigener Angabe der Trachtenun­d Schützenum­zug durch die Münchner Innenstadt zur Wiesn. Das erste Mal gab es eine eigene Kutsche für die Bayerische Bierkönigi­n in Begleitung der Hallertaue­r Hopfenköni­gin Kathi.
 ??  ?? Beim Lufthansa Group Oktoberfes­t in Peking interessie­rte sich auch das chinesisch­e Fernsehen für den blonden Gast aus Bayern.
Beim Lufthansa Group Oktoberfes­t in Peking interessie­rte sich auch das chinesisch­e Fernsehen für den blonden Gast aus Bayern.

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