Donauwoerther Zeitung

Der Gastronomi­e geht das Personal aus

Fachkräfte­mangel In gut besuchten Restaurant­s kann die Arbeit kaum noch bewältigt werden. Konsequenz sind reduzierte Öffnungsze­iten oder gar Schließung. Zwei Beispiele aus Nördlingen

- VON ROBERT MILDE UND RENÉ LAUER

Nördlingen Dass die Gastronomi­e in der Region nicht nur brummt, sondern einige Betriebe sich arg nach der Decke strecken müssen, ist eine Binsenweis­heit. Dass aber gut laufende Unternehme­n aufgeben oder zumindest zurückstec­ken müssen, ist neu. Der Grund: Für Service und Küche sind kaum noch Fachkräfte zu finden.

Erst vor wenigen Wochen hatte das Nördlinger Traditions­gasthaus Zum Stuck mit der Nachricht überrascht, dass es künftig an den Wochenende­n geschlosse­n bleibt. Frauke und Jürgen Knie, die Inhaberfam­ilie in vierter Generation, hatten in den letzten Monaten mehrere Stellen über die Arbeitsage­ntur ausgeschri­eben, aber nur sehr wenige Rückmeldun­gen erhalten. Bei fast allen Interessen­ten habe es an der Bereitscha­ft gemangelt, an den Wochenende­n zu arbeiten. Die Konsequenz: Das „Knie“, wie die Nördlinger das Gasthaus an der Ecke Drehergass­e/Henkergass­e gerne nennen, hat nur noch von Montag bis Freitag abends geöffnet, an den Wochenende­n bleibt es geschlosse­n. Vor allem für die Küche sei derzeit kaum Personal zu bekommen, beklagt Jürgen Knie, und alleine sei die Arbeit nicht zu bewältigen. Weil sein gut eingeführt­es Gasthaus viele Stammgäste hat und auch Geschäftsl­eute mit ihren Kunden zum Essen kommen, wird es trotz der eingeschrä­nkten Öffnungsze­iten überleben.

Gut gelaufen ist es auch im Yasas! (griechisch­er Gruß, der so etwas wie Hallo bedeutet) in der Baldinger Straße, das Spiros Stratis vor rund zwei Jahren eröffnet hatte. In Oettingen hieß er zuvor „Der kleine Grieche“, wobei man nicht genau weiß, ob das seiner Statur oder der schnucklig­en Lokalität in der Wörnitzsta­dt geschuldet war. Tatsache ist, dass Oettingen seinerzeit dem gastronomi­schen Verlust nachtrauer­te und Nördlingen sich freute. Nun geht das Spielchen umgekehrt: Stratis schließt in der Baldinger Straße und geht zurück nach Oettingen. Und das trotz stetig steigender Gästezahle­n und damit sehr guter Umsätze, bestätigt Stratis.

Warum also? „Das einzige und größte Problem ist das Personal. Es will einfach keiner mehr arbeiten“, sagt der junge Familienva­ter, der sich am vergangene­n Samstag mit einer großen Farewell-Party von seinen Gästen verabschie­det und auch an Silvester noch einmal geöffnet hatte. Dann war Schluss. „Seit fast zwei Jahren arbeite ich sechs Tage die Woche zwölf bis 15 Stunden täglich. Im Jahr 2018 habe ich gerade mal vier Tage Urlaub gehabt. Ich will das einfach nicht mehr. Da leide ich und vor allem leidet meine Familie darunter“, sagt Stratis klipp und klar.

Der 26-jährige Grieche wird in Oettingen, wo er wohnt und gutes Potenzial für ein Speiseloka­l sieht, voraussich­tlich Mitte 2019 ein Projekt eröffnen, bei dem es auch Fremdenzim­mer geben wird; derzeit steht erst der Rohbau. Er schließt allerdings auch nicht aus, „irgendwann einmal“nach Nördlingen zurückzuke­hren, wenn sich die Arbeitskrä­fte-Situation bessert. Für das Yasas! gibt es eine Nachfolger­in, die bereits am 4. Januar weitermach­en wird. Sie heißt Vasiliki Karatziou, wird auf der FacebookSe­ite des Restaurant­s bereits verraten, und ist Neuling in der GastroBran­che. Mit welcher Konzeption und welchen vielleicht neuen Ideen sie das Yasas! führen will, ist noch nicht bekannt.

Dass Gastwirte wie in Nördlingen kein Personal finden, sei keine Seltenheit, sagt Frank-Ulrich John, Sprecher des Bayerische­n Hotel- und Gaststätte­nverbandes. „Das Gastgewerb­e leidet extrem unter dem Fachkräfte­mangel.“Deshalb sei in ganz Bayern zu beobachten, dass Betriebe wegen des fehlenden Personals die Küchenzeit­en einschränk­en, an weniger Tagen öffnen oder den Laden komplett schließen, berichtet John. „In den Städten kann man sich oft mit Minijobber­n wie Studenten behelfen, in ländlichen Bereichen ist das deutlich schwierige­r.“

Dabei komme Restaurant­s und Wirtshäuse­rn gerade in kleineren Orten eine wichtige soziale und kulturelle Bedeutung zu, sagt John. Die Wirtschaft sei Treffpunkt für die Bürger, Anziehungs­punkt für Gäste und neue Einwohner. Um den Personalma­ngel zu entschärfe­n, fordert der Hotel- und Gaststätte­nverband unter anderem, Restaurant­betreiber bei der Verwaltung zu entlasten. „Ein Wirt ist im Schnitt 13 Stunden pro Woche nur mit Bürokratie beschäftig­t. Das kann man mittlerwei­le nicht mehr nebenbei leisten“, klagt John. Auch flexiblere Arbeitszei­tenregelun­gen würden dem Verband zufolge helfen, mehr Arbeitskrä­fte und Aushilfen für die Wirtschaft­en zu gewinnen.

 ?? Foto: Robert Milde ?? Gastronom Spiros Stratis vor der großen Theke des Yasas!, das er vor zwei Jahren in Nördlingen eröffnet hat. Mit der Silvesterp­arty war Schluss für ihn, weil er vor allem für die Küche kein geeignetes Personal mehr findet.
Foto: Robert Milde Gastronom Spiros Stratis vor der großen Theke des Yasas!, das er vor zwei Jahren in Nördlingen eröffnet hat. Mit der Silvesterp­arty war Schluss für ihn, weil er vor allem für die Küche kein geeignetes Personal mehr findet.

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