Der Gastronomie geht das Personal aus
Fachkräftemangel In gut besuchten Restaurants kann die Arbeit kaum noch bewältigt werden. Konsequenz sind reduzierte Öffnungszeiten oder gar Schließung. Zwei Beispiele aus Nördlingen
Nördlingen Dass die Gastronomie in der Region nicht nur brummt, sondern einige Betriebe sich arg nach der Decke strecken müssen, ist eine Binsenweisheit. Dass aber gut laufende Unternehmen aufgeben oder zumindest zurückstecken müssen, ist neu. Der Grund: Für Service und Küche sind kaum noch Fachkräfte zu finden.
Erst vor wenigen Wochen hatte das Nördlinger Traditionsgasthaus Zum Stuck mit der Nachricht überrascht, dass es künftig an den Wochenenden geschlossen bleibt. Frauke und Jürgen Knie, die Inhaberfamilie in vierter Generation, hatten in den letzten Monaten mehrere Stellen über die Arbeitsagentur ausgeschrieben, aber nur sehr wenige Rückmeldungen erhalten. Bei fast allen Interessenten habe es an der Bereitschaft gemangelt, an den Wochenenden zu arbeiten. Die Konsequenz: Das „Knie“, wie die Nördlinger das Gasthaus an der Ecke Drehergasse/Henkergasse gerne nennen, hat nur noch von Montag bis Freitag abends geöffnet, an den Wochenenden bleibt es geschlossen. Vor allem für die Küche sei derzeit kaum Personal zu bekommen, beklagt Jürgen Knie, und alleine sei die Arbeit nicht zu bewältigen. Weil sein gut eingeführtes Gasthaus viele Stammgäste hat und auch Geschäftsleute mit ihren Kunden zum Essen kommen, wird es trotz der eingeschränkten Öffnungszeiten überleben.
Gut gelaufen ist es auch im Yasas! (griechischer Gruß, der so etwas wie Hallo bedeutet) in der Baldinger Straße, das Spiros Stratis vor rund zwei Jahren eröffnet hatte. In Oettingen hieß er zuvor „Der kleine Grieche“, wobei man nicht genau weiß, ob das seiner Statur oder der schnuckligen Lokalität in der Wörnitzstadt geschuldet war. Tatsache ist, dass Oettingen seinerzeit dem gastronomischen Verlust nachtrauerte und Nördlingen sich freute. Nun geht das Spielchen umgekehrt: Stratis schließt in der Baldinger Straße und geht zurück nach Oettingen. Und das trotz stetig steigender Gästezahlen und damit sehr guter Umsätze, bestätigt Stratis.
Warum also? „Das einzige und größte Problem ist das Personal. Es will einfach keiner mehr arbeiten“, sagt der junge Familienvater, der sich am vergangenen Samstag mit einer großen Farewell-Party von seinen Gästen verabschiedet und auch an Silvester noch einmal geöffnet hatte. Dann war Schluss. „Seit fast zwei Jahren arbeite ich sechs Tage die Woche zwölf bis 15 Stunden täglich. Im Jahr 2018 habe ich gerade mal vier Tage Urlaub gehabt. Ich will das einfach nicht mehr. Da leide ich und vor allem leidet meine Familie darunter“, sagt Stratis klipp und klar.
Der 26-jährige Grieche wird in Oettingen, wo er wohnt und gutes Potenzial für ein Speiselokal sieht, voraussichtlich Mitte 2019 ein Projekt eröffnen, bei dem es auch Fremdenzimmer geben wird; derzeit steht erst der Rohbau. Er schließt allerdings auch nicht aus, „irgendwann einmal“nach Nördlingen zurückzukehren, wenn sich die Arbeitskräfte-Situation bessert. Für das Yasas! gibt es eine Nachfolgerin, die bereits am 4. Januar weitermachen wird. Sie heißt Vasiliki Karatziou, wird auf der FacebookSeite des Restaurants bereits verraten, und ist Neuling in der GastroBranche. Mit welcher Konzeption und welchen vielleicht neuen Ideen sie das Yasas! führen will, ist noch nicht bekannt.
Dass Gastwirte wie in Nördlingen kein Personal finden, sei keine Seltenheit, sagt Frank-Ulrich John, Sprecher des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes. „Das Gastgewerbe leidet extrem unter dem Fachkräftemangel.“Deshalb sei in ganz Bayern zu beobachten, dass Betriebe wegen des fehlenden Personals die Küchenzeiten einschränken, an weniger Tagen öffnen oder den Laden komplett schließen, berichtet John. „In den Städten kann man sich oft mit Minijobbern wie Studenten behelfen, in ländlichen Bereichen ist das deutlich schwieriger.“
Dabei komme Restaurants und Wirtshäusern gerade in kleineren Orten eine wichtige soziale und kulturelle Bedeutung zu, sagt John. Die Wirtschaft sei Treffpunkt für die Bürger, Anziehungspunkt für Gäste und neue Einwohner. Um den Personalmangel zu entschärfen, fordert der Hotel- und Gaststättenverband unter anderem, Restaurantbetreiber bei der Verwaltung zu entlasten. „Ein Wirt ist im Schnitt 13 Stunden pro Woche nur mit Bürokratie beschäftigt. Das kann man mittlerweile nicht mehr nebenbei leisten“, klagt John. Auch flexiblere Arbeitszeitenregelungen würden dem Verband zufolge helfen, mehr Arbeitskräfte und Aushilfen für die Wirtschaften zu gewinnen.