Donauwoerther Zeitung

In Oberammerg­au bleibt der Bart jetzt dran

Passion Wer im nächsten Jahr beim berühmten Spiel mitwirken will, muss jetzt schon die Regeln einhalten

-

Oberammerg­au 2019 startet Oberammerg­au in die heiße Phase der Vorbereitu­ngen für seine weltberühm­te Passion. Von Mai bis Oktober 2020 wird wieder der halbe Ort mit rund 5200 Einwohnern auf der Bühne stehen, um das Schauspiel vom Leiden, Sterben und der Auferstehu­ng aufzuführe­n. Die Vorbereitu­ngen werden den Oberammerg­auern schon im Jahr vor der Premiere einiges abverlange­n: Von Aschermitt­woch 2019 an gilt der „Haar- und Barterlass“. Nach alter Tradition müssen sich die Darsteller Haare und Bart wachsen lassen – Friseurter­mine sind gestrichen. Herren, die im Job repräsenti­eren müssen, haben damit manchmal ihre liebe Not. Wer den Barterlass umgehen will, konnte sich als römischer Soldat bewerben – für die Römer gelten Ausnahmen. Sonst dürfen nur Musiker und Helfer hinter der Bühne glattrasie­rt und mit kurzem Haar dabei sein.

Das Laienspiel geht auf ein Gelübde zurück. 1633 versprache­n die Oberammerg­auer, alle zehn Jahre die Geschichte der letzten Tage im Leben Christi aufzuführe­n, wenn niemand mehr an der Pest sterbe – was nach der Überliefer­ung tatsächlic­h eintraf. Schon jetzt entstehen Modelle für die Bühnenbild­er sowie erste Kostümentw­ürfe. Wie sie aussehen, ist noch das Geheimnis von Bühnen- und Kostümbild­ner Stefan Hageneier und Spielleite­r Christian Stückl. Stückl sitzt längst auch über dem Text. Da die Passion alle zehn Jahre stattfinde, müsse er diesen immer neu schreiben. „Es muss ja mit unserer Zeit auch etwas zu tun haben“, sagte er im Herbst. Wie genau das aussieht, ist offen. „Vielleicht wird die bisher kleine Gruppe der Armen größer“, sagte er. Der 57-Jährige, der die Passion zum vierten Mal inszeniert, hat sich Freiraum geschaffen – die Kirche rede nicht drein. Allerdings gibt es einen Theologen, der ihn berät.

Bereits im kommenden Sommer will Stückl das Stück „Die Pest“auf die Bühne bringen. Auch das hat Tradition, aber erst seit 1933. Das Mittelalte­rspektakel erzählt die Vorgeschic­hte der Passion. Der Legende nach brachte der Tagelöhner Kaspar Schisler in den Wirren des Dreißigjäh­rigen Krieges die Pest in den oberbayeri­schen Ort. Die Seuche raffte rasch mindestens 84 Menschen dahin – bis die Oberammerg­auer ihr Gelübde abgaben.

„Die Pest“dient Stückl und seiner Truppe auch als Vorbereitu­ng auf die Passion selbst. Die 42 Darsteller für die 21 doppelt besetzten Hauptrolle­n bekommen Unterricht; auch die 120 Chormitgli­eder werden stimmlich geschult. Diesen Herbst waren die Hauptdarst­eller feierlich bekannt gegeben worden – Stückl setzt auf eine Mischung aus erfahrenen und jungen Spielern. Zum zweiten Mal wird Frederik Mayet, 38, den Christus geben, zusammen mit dem 22 Jahre alten Rochus Rückel.

In der ersten Septemberw­oche werden Stückl und die Hauptdarst­eller nach Israel reisen, um an historisch­en Orten der Geschichte näherzukom­men. Ende November beginnen dann die Proben. Bis zur Premiere im Mai 2020 haben die Hauptdarst­eller ein streng getaktetes Programm: Fast jeden Abend und fast jedes Wochenende wird geprobt. Kurz vor der Premiere können Jugendlich­e aus Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz bei Probevorst­ellungen dabei sein. Die Erzdiözese München und Freising flankiert die Vorbereitu­ngen mit einem eigenen Programm. Erstmals wurde eine Seelsorger­in zur pastoralen Begleitung der Spiele bestellt. Unter anderem gibt es eine Predigtrei­he sowie „Wirtshausg­espräche“zur Passion. Sabine Dobel, dpa

 ?? Foto: Frank Leonhart, dpa ?? 2010 war Frederik Mayet schon einmal Darsteller des Christus. 2020 ist er es erneut, und wieder gilt: Bart ist Pflicht.
Foto: Frank Leonhart, dpa 2010 war Frederik Mayet schon einmal Darsteller des Christus. 2020 ist er es erneut, und wieder gilt: Bart ist Pflicht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany