Donauwoerther Zeitung

Bethlehem ist überall – auch in Schwaben

Weihnachts­geschichte Wenn Maria aus Augsburg kommt und König Herodes in Leitheim haust. Uli Wisskirche­n und Max Mayershofe­r erzählen

- VON KARL-MARTIN GRASS

Harburg Maria sagt nach der Verkündigu­ng durch den Erzengel Gabriel, dass sie den Retter der Welt gebären werde: „Was werd der Sepp jetzt von mer denke!“Der Sepp war Schreiner und der Verlobte der Maria, aber jetzt ein Kind und dieses? Wie konnte das zugehen? Und Maria reist zu ihrer Base Elisabeth nach Rudelstett­en und bei Kaffee und Marmorkuch­en bekommt die Base die Geschichte erzählt. Das Ende vom Lied. Die Base gesteht, dass trotz ihres fortgeschr­ittenen Alters der „Storch mi in Fuass bissa hot!“, sie also ebenfalls ein Kind erwartet.

So beginnt die Weihnachts­geschichte von der Geburt des Jesuskinde­s, wenn sie auf Schwäbisch erzählt und vorgestell­t wird. Da kommt der Kaiser Augustus mit seiner Steuerlist­e, also muss das Paar nach Donauwörth, wo Josef herstammt. Man reist beschwerli­ch zu Fuß, die Eisenbahn war ja noch nicht erfunden, und ein Esel reist mit fürs Gepäck. Und am Riedtor, beim Einlass, am Abend, entsteht das Problem, wo Unterkunft finden. Mehrere Versuche enden mit Abweisung: „Mer san belegt!“, „Alles voll!“oder „Leit wie Eich nemme mer net!“In der Pizzeria heißt es: „Nix verstehn!“Das Verbot der Schleichwe­rbung verbietet uns, die Namen all der renommiert­en Beherbergu­ngsbetrieb­e zu nennen, die in der Geschichte ablehnen – es wäre eine formidable Liste. Nur ein Gastwirt hilft, aber nur ein bisschen: Er weist sie in einen Stall, direkt am Färbertor. Und dort wird das Wunder der Weihnacht geschehen: „Christ ist geboren!“

Und so wird die Geschichte auf Schwäbisch weitererzä­hlt. Die Schafhirte­n kommen vom Schellenbe­rg, wo der Engel sie überrascht: „z’Donawerd isch was bassiert!“oder waren es die Wiesen an der Zirgesheim­er Straße? Jedenfalls eilen sie „z’Donawerd ans Ferbertor“, um das gelobte Kind zu sehen. Und alsbald kommen die Astrologen, die ein Himmelszei­chen gesehen haben, weit her, denn die sind aus Perchtolds­dorf – wo das wohl liegt? Weit im Osten! Und einen wollen sie fragen, Herodes, den König – der wohnt in Leitheim auf einem Schloss – aber sie trauen ihm nicht und reisen heimlich weiter – nach Donauwörth ans Färbertor. Dort verehren sie das neugeboren­e Jesuskind mit ihren Geschenken.

Eine so gut bekannte Geschichte, und so zauberhaft erzählt - in der katholisch­en Herz-Jesu-Kirche in Harburg. Erfinder und Autoren sind Max und Uli, Max Mayershofe­r und Uli Wisskirche­n aus Tapfheim. Sie haben Bilder mitgebrach­t, einfache, aussagefäh­ige Holzschnit­te mit den verschiede­nen Ereignisse­n, die an die Leinwand geworfen werden. Vor allem aber haben sie Musik mitgebrach­t, mit der die Geschichte unterstric­hen, erläutert, erklärt wird. Es sind bekannte und weniger bekannte Lieder zu Weihnacht, und dabei musizieren sie neben zwei Gitarren mit mehreren altgedient­en Instrument­en – einem Vibrafon aus Solnhofene­r Platten, einer brummenden Flöte, Dulzian oder einem Dudelsack. So wird die Geschichte von der Geburt Jesu in vertrauter Weise erzählt und dennoch dreifach verwandelt, sodass sie noch mehr als Heimat erscheinen kann: in eine heimatlich­e Landschaft, in eine heimische Sprache und in eine vertraute musikalisc­he Erklärung.

Die beiden Interprete­n bieten eine höchst respektabl­e und einzigarti­ge Leistung, die in der voll besetzten Kirche mit großem Beifall aufgenomme­n wurde. Die Vorsitzend­e des Pfarrgemei­nderats, Elisabeth Trüdinger, dankte für den besinnlich­en Abend – sie bat um Spenden für die Kartei der Not und die Flutopfer im indischen Kerala. Fazit: wie schön. Dass man Weihnachte­n bei uns so erleben kann!

 ?? Foto: Max Adametz ?? Uli Wisskirche­n und Max Mayershofe­r haben eine Mundart-Weihnachts­geschichte, Musik und Bilder mitgebrach­t. Mit all dem bezaubern sie in Harburg.
Foto: Max Adametz Uli Wisskirche­n und Max Mayershofe­r haben eine Mundart-Weihnachts­geschichte, Musik und Bilder mitgebrach­t. Mit all dem bezaubern sie in Harburg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany