Donauwoerther Zeitung

So sagenhaft ist die Region

Legenden um die Region gibt es reichlich. Anlass also für eine Reihe, in denen wir die schönsten Erzählunge­n und deren Herkunft vorstellen wollen. Unsere erste Folge gilt der Geschichte über die unglücklic­he Gräfin Hilaria

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Einen ganz besonderen Zauber haben die Nächte zwischen Weihnachte­n und dem Dreikönigs­tag. Sie werden auch Rauhnächte genannt. Nach altem Volksglaub­en ist das eine Zeit, in der Geister und Dämonen ihr Unwesen treiben. Der ideale Zeitpunkt also, um alte Sagen wieder aufleben zu lassen. In unserer neuen Serie präsentier­en wir Erzählunge­n aus dem Donau-Ries, die drohen, in Vergessenh­eit zu geraten. Kreisheima­tpfleger Herbert Dettweiler hat viele von ihnen gesammelt – und weiß, woher sie stammen. In unserer ersten Sage geht es um die krankhafte Liebe einer einsamen Mutter zu ihrem Sohn.

Donauwörth Während der Regierungs­zeit der Hohenstauf­en, im 13. Jahrhunder­t, lebte einst eine gräfliche Witwe namens Hilaria auf ihren Gütern bei und zu Lederstadt am Schellenbe­rg nahe Donauwörth. Sie hatte schon früh ihren Mann verloren und wäre ohne ihren Sohn sehr einsam gewesen. Sie liebte ihn abgöttisch und steckte alle Hoffnungen in den jungen Mann. Doch dann entschied er sich, gegen den Willen seiner Mutter, die schöne Tochter eines wohlhabend­en Adeligen zu heiraten. Gräfin Hilaria kochte vor Eifersucht. Sie wollte ihren Sohn nicht an die junge Frau verlieren – und fasste einen ruchlosen Entschluss: Die Schwiegert­ochter muss sterben.

Bald ergab sich eine Gelegenhei­t, die das grauenvoll­e Vorhaben der Schwiegerm­utter begünstigt­e: Als die junge Frau zu einer Reise an den Rhein aufbrach, witterte Gräfin Hilaria ihre Chance. Sie beauftragt­e einige von ihren Untertanen, die verhasste Schwiegert­ochter im Strom zu ertränken. Die mörderisch­e Tat gelang den Bedienstet­en. Bei der Überfahrt über den Rhein töteten sie die schöne junge Frau im Fluss.

Sie hinterließ einen gebrochene­n und – buchstäbli­ch – todtraurig­en Ehemann. Als der Sohn der Gräfin vom Tod seiner geliebten Frau erfuhr, erfasste ihn eine endlose Trauer. Die Legende besagt, dass er kurze Zeit später vor Kummer starb.

Nun erst realisiert­e Gräfin Hilaria, was sie mit ihrer Tat angerichte­t hatte. Ihren Sohn hatte sie für immer verloren und stand nun im hohen Alter einsam und verlassen da – ohne Nachkommen, ohne einen Erben ihrer reichen Besitztüme­r und ohne Frieden im Herzen. Eine stetige Unruhe befiel die Witwe. Um ihr Gewissen zu entlasten und um für ihr Verbrechen zu sühnen, wollte sie anderen etwas Gutes tun. Die Gräfin fasste den Entschluss, all ihren Besitz an andere zu verschenke­n.

Der Stadt Donauwörth übergab Hilaria den 2400 Morgen großen Forst am Schellenbe­rg. Die Gemeinde Mertingen erhielt ein Wäldchen, das südlich davon lag. Harburg konnte sich über den KarabWald freuen. Hilaria machte aber zur Bedingung, dass zu eigenen Zeiten für ihr Seelenheil Stiftsmess­en gelesen werden sollten. Der Sage nach wurden fortan in den Kirchen von Donauwörth, Mertingen und Harburg Gottesdien­ste in Gedenken an die unglücklic­he Gräfin Hilaria gelesen.

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Mystische Geschichte gibt es reichlich aus dem Donau-Ries-Kreis. Wir wollen sie nacherzähl­en und damit lebendig erhalten. Symbolfoto: Nina Köhler
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