Wie alt ist Yusra Yusuf?
Der Fall der Äthiopierin Yusra Yusuf zeigt, wie schwer sich Behörden tun, das Alter von Flüchtlingen zu bestimmen. Sie sagt, sie sei 17. Man glaubt ihr nicht und schiebt sie ab.
Eichstätt Darf eine Asylbewerberin abgeschoben werden, die angibt, 17 Jahre alt zu sein, deren tatsächliches Alter aber nie festgestellt werden konnte? In Yusra Yusufs Fall ist nun genau das geschehen.
Die junge Frau, die zuletzt in Eichstätter Abschiebehaft saß, wurde am Donnerstag in den Morgenstunden von der Polizei abgeholt und in einen Flieger Richtung Äthiopien gesetzt.
Da Yusra sich in der Vergangenheit schon heftig gegen eine Abschiebung gewehrt hatte, panisch schrie und ein Pilot sich Anfang Dezember geweigert hatte, die junge Frau in seinem Flugzeug mitzunehmen, hatten die Behörden für die Abschiebung nun extra ein Kleinflugzeug gechartert.
Neben Polizisten und einem Dolmetscher sollte auch ein Arzt mitfliegen, wie Loulou Kinski vom Münchner Flüchtlingsrat erklärte. Für sie ist dieses harte Vorgehen schwer nachzuvollziehen.
„Das ist doch absolut unverhältnismäßig“, sagte sie im Hinblick auf die Kosten für den Charter-Flug. Kinski glaubt, dass hier wohl ein Exempel statuiert werden sollte: Die Politik wolle so deutlich machen, dass man bei Flüchtlingen, die mit gefälschtem Pass nach Deutschland einreisten, konsequent vorgehen werde. Überhaupt wirft der Fall viele Fragen auf. Denn Yusra beteuerte bis zum Schluss, sie sei minderjährig.
Davon waren auch lange Zeit die Behörden überzeugt, bis sich das Blatt für die junge Frau zum Negativen gewendet hat. Denn es war ein gefälschter Pass aufgetaucht.
Aber von Anfang an: Yusra kommt ursprünglich aus Eritrea, zuletzt hatte sie mit ihrer Familie in Äthiopien gewohnt. Dort, so erklärt Kinski, wird Yusra vergewaltigt – und ihr Peiniger hatte es als sein Recht betrachtet, sie zu heiraten.
Da ihr die Zwangsverheiratung drohte, verhalf Yusras Vater seiner Tochter zur Flucht. Vor gut zwei Jahren kam die Asylbewerberin in Deutschland an – mit einem gefälschten Ausweis, der ihr Alter auf 27 angab. Denn als Minderjährige hätte sie nicht ausreisen können.
Sie landete zunächst im Landkreis Donau-Ries, wo sie damals angab, keine Ausweisdokumente zu besitzen. Da sie nicht beweisen konnte, minderjährig zu sein, wurde sie dort vom Jugendamt einer „qualifizierten Inaugenscheinnahme“unterzogen.
Mitarbeiter des Amtes bewerteten also, wie sie wirkt, wie sie sich verhält und kamen zu dem Schluss, dass sie wohl minderjährig sein muss, und nahmen sie in Obhut. Denn die Behörden sind verpflichtet, ein ausländisches Kind oder einen Jugendlichen zu betreuen, sobald dessen unbegleitete Einreise nach Deutschland festgestellt wird. Yusra bekam einen Vormund und lebte von da an in einer Wohngruppe. Als das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Yusras Asylantrag prüft, stößt man auf den Pass, der sie als volljährig ausweist, von dem die junge Frau aber sagt, dass er gefälscht ist. Doch man glaubt ihr nicht, der Asylantrag wird als „offensichtlich unbegründet“abgelehnt. Da sie bei der Angabe ihrer Identität wohl gelogen habe, wird sie in die Abschiebehaft nach Eichstätt gebracht. Da sie aber weiterhin angibt, 17 Jahre alt zu sein, wird das Jugendamt Eichstätt eingeschaltet und mit ihrem Fall betraut.
„Wir haben das Mädchen gesprochen und auch alle Informationen gesichtet“, erklärte Siegmund Hammel, der Leiter der Behörde. Nach gründlicher Prüfung entschied man sich dann dagegen, sie in Obhut zu nehmen. Yusra wurde wie eine Erwachsene behandelt – eine Abschiebung war so möglich. Kinski kann nicht verstehen, dass man keinen Altersnachweis durchgeführt hat. Auch der ist zwar umstritten, was die Genauigkeit angeht, aber er könne zumindest aufklären, ob sie schon Ende zwanzig ist. In Äthiopien soll Yusra nun erst einmal bei einer Freundin unterkommen, in ihr altes Dorf kann sie nicht zurück.
Der Flüchtlingsrat möchte eine Entschädigung für die lange Haft erreichen, sollte Yusra tatsächlich minderjährig sein.
Sie landete zunächst im Kreis Donau-Ries