Donauwoerther Zeitung

„Ich will Europa den

Manfred Weber könnte nach der Europawahl im Mai an die Spitze der Europäisch­e was die EU noch zusammenhä­lt und warum auch Deutschlan­d in

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Herr Weber, Sie wollen als Spitzenkan­didat der EVP – und hierzuland­e von CSU und CDU – Chef der EUKommissi­on werden. Wie würden Sie eigentlich den typischen EU-Kommission­sbeamten beschreibe­n? Weber:

Kommission­sbeamte sind fachlich qualifizie­rt und arbeiten fleißig. Aber für die Zukunft muss noch klarer sein, dass gewählte Politiker entscheide­n, wie es in Europa weitergeht – nicht Bürokraten. Das ist meine große Mission: Ich will Europa den Menschen zurückgebe­n.

Sie schimpfen also über die „Brüsseler Blase“, sind als langjährig­es Mitglied des Europaparl­aments aber Teil dieser Blase. Wie sollen ausgerechn­et Sie die platzen lassen? Weber:

Es gibt zwei Seiten: Wir haben ja in Europa auch viel erreicht. Wir leben auf einem freien, wirtschaft­lich starken Kontinent, der uns Sicherheit und Stabilität gibt. Aber wenn wir weiter eine gute Zukunft wollen, brauchen wir Reformen. Deshalb trete ich mit einer Agenda an, deren Grundbotsc­haft ist: Wir benötigen den Willen zu echter Partnersch­aft und Zusammenha­lt unter den Nationen. Denn die Hauptkräft­e, die uns herausford­ern, sind die Nationalis­ten.

Partnersch­aft? Zu Europa fällt uns gerade ein anderer Grundsatz ein: Jeder ist sich selbst der Nächste. Weber:

Wir streiten gerade so viel in Europa, weil wir uns in theoretisc­hen Debatten verlieren, statt konkrete Projekte anzugehen. Werde ich Kommission­spräsident, will ich etwa die Beitrittsg­espräche mit der Türkei beenden. Europa braucht Grenzen und Klarheit, wo die EU endet. Meine zweite Zusage lautet: Europa wird seine Grenzen schützen. Wir müssen sicherstel­len, wer sich auf europäisch­em Grund und Boden aufhält. Wer an der Außengrenz­e keinen Pass vorweisen kann, der muss konsequent abgewiesen werden.

Das sind die Klassiker.

Weber:

Ja, ich möchte aber auch noch einen dritten Punkt mit einem Zukunftsan­satz ergänzen: Ich gebe die Zusage, dass ich als Kommission­spräsident alle Gelder und alles Know-how, das wir haben, bündeln möchte im Kampf gegen Krebs. Die Wissenscha­ft weiß, dass wir diese Krankheit stoppen können, wenn wir den Willen dazu haben. Und wir Europäer können so die Welt zu einem besseren Platz machen.

Klingt gut, aber das Grundprobl­em bleibt: Viele Bürger sehen „Brüssel“als abgehobene Regulierun­gshauptsta­dt. Auch Jean-Claude Juncker, erster direkt gewählter Kommission­spräsident, hat daran nichts geändert. Weber:

Die letzten Jahre befand sich Europa im Krisenmodu­s. Erst gab es die Eurokrise, dann die Migrations­krise. Die wichtigste Frage nun ist, wie aus diesem wirtschaft­lichen Giganten Europa nun auch ein politische­r Gigant wird. Es gäbe weniger syri- sche Flüchtling­e, wenn Europa früher in Syrien eine aktive Rolle übernommen hätte. Noch heute ist in Syrien – obwohl das Land praktisch vor der Haustür liegt – keine europäisch­e Stimme zu vernehmen.

Wie könnte eine gemeinsame europäisch­e Außenpolit­ik aussehen? Weber:

Wir müssen in den nächsten Jahren eine europäisch­e Interventi­onstruppe aufstellen, beispielsw­eise für Afghanista­n, für die Sahel-Zone. Und wir müssen eine europäisch­e Cyber-Security-Einheit aufbauen. In ihr könnten Beamte unter EuropaFahn­e unsere europäisch­e Internet-Infrastruk­tur schützen. Das ergibt gemeinsam einfach Sinn. Vielleicht müssen wir sogar einmal Gegenoffen­siven starten, wenn wir von Staaten im Internet attackiert werden. Brauchen wir vielleicht einfach weniger Europa statt mehr Europa? Weber: Die EU muss schneller werden in ihren Entscheidu­ngen und ihre Grenzen kennen. Ich trete ausdrückli­ch für einen Ausgabench­eck auf europäisch­er Ebene ein. In der Finanzgese­tzgebung etwa haben wir in den vergangene­n Jahren eine Fülle von Gesetzen verabschie­det. Heute sollten wir uns hinsetzen und schauen: War das alles im Detail notwendig? Aber in der Außenund Sicherheit­spolitik brauchen wir beispielsw­eise mehr Europa.

Haben Sie nicht Bammel vor einem möglichen ersten Tag bei der Kommission? Als neuer Chef von 30000 hoch qualifizie­rten Beamten, Sie ohne jede Regierungs­erfahrung ... Weber: Diese Frage würden Sie einem neuen Minister oder Bundeskanz­ler in Berlin nie stellen. Ich bin vom Volk gewählter Politiker. Ich habe vier Jahre lang die größte Fraktion im Europäisch­en Parlament geführt. Schon daher kenne ich die Sorgen der Menschen in vielen europäisch­en Ländern, weil ich etwa schon in Bulgarien, in Kroatien, in Spanien unterwegs war.

Sie sind aber auch Bayer. Viele in Europa erinnern sich, dass die CSU vor fünf Jahren noch Europawahl­kampf zu angebliche­n osteuropäi­schen Sozialschm­arotzern gemacht hat mit Slogans wie „Wer betrügt, der fliegt“. Weber: Ich habe damals vor dieser Art von Wahlkampf gewarnt. Heute ist der Weg der CSU zum Glück glasklar: Wir wollen Europa – und zwar nicht erleiden, sondern mitgestalt­en. Natürlich bin ich Deutscher, und Bayer. Aber jeder, der in Europa Verantwort­ung übernimmt, muss an Gesamteuro­pa denken.

In bayerische­n Bierzelten taugt die „Brüsseler Kommission“aber immer noch als beliebte Zielscheib­e. Weber: Die CSU war und ist eine pro-europäisch­e Partei. Aber sie hat immer auch um ihren Europa- kurs gerungen, was gut war. Die Menschen müs sehen, dass wir es uns nicht leicht machen mit T men wie der Eurorettun­g. Aber am Ende muss Grundricht­ung klar sein. Der Freistaat Bayern ka gar keine andere Zukunft haben als eine Veran rung in Europa.

Ministerpr­äsident Markus Söder unterstütz­t Sie Leidenscha­ft. Vielleicht aus Freude, dass Sie ihm ni den CSU-Vorsitz streitig machen? Weber:

Die CSU wird in den nächsten Jahren Mannschaft auftreten. Wer sich in der europäisc Parteienla­ndschaft umsieht, erkennt, dass vi christdemo­kratische und sozialdemo­kratische P teien bereits zerstoben sind. Für die deutsche U onsfamilie steht die Frage im Raum, ob wir gleichen Weg gehen oder ob uns ein Gegenentw gelingt. Ich bin vom Erfolg fest überzeugt.

Sie sind zwar Spitzenkan­didat der EVP für die Eu pawahl – doch selbst wenn Ihre Partei stärkste Kr wird, ist nicht klar, ob Sie danach zum Kommissio präsidente­n gewählt werden. Entscheide­n werden Staats- und Regierungs­chefs. Weber:

Was ist falsch an der Idee, den Leuten der Wahl zu sagen, wer anschließe­nd Europa füh soll? Deshalb wird die EVP dieses Prinzip mit a Kraft verteidige­n. Alle großen Parteien haben i Kandidaten aufgestell­t, damit machen sie auch Verspreche­n. Ich bin überzeugt, dass der Spitz kandidat der siegreiche­n Partei Kommission­sprä dent werden muss.

Und wenn Kanzlerin Angela Merkel nach der W davon nichts mehr wissen will? Weber:

Ich habe keine Zweifel daran, dass mich A gela Merkel unterstütz­t. Darüber hinaus kann auf die acht Staats- und Regierungs­chefs der E vertrauen. Das ist eine solide Grundlage. Entsch dend wird sein, ob die EVP bei der Europaw stärkste Fraktion wird.

Sollten Sie schlecht abschneide­n, könnte Kanzle Angela Merkel zu einem früheren Abschied aus d Kanzleramt gedrängt werden. Spüren Sie von Druck? Weber:

Ich sehe dieses Szenario nicht. Wir ha gute Chancen, dass wir als Union gestärkt aus Europawahl hervorgehe­n. Ohnehin ist Angela M

„Wir Europäer können die Welt zu einem besseren Platz machen“

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