Donauwoerther Zeitung

Mit Oberliezhe­imer Gütern die Schulden bezahlt

Geschichte 1269 wurde das Albdorf erstmals urkundlich erwähnt. Mitten durch die einstige Dorfwirtsc­haft verlief der Rennweg. Heute ist es ein Ortsteil der Marktgemei­nde Bissingen

- VON HELMUT HERREINER

Bissingen Es war eine Übereignun­g von Gütern und Rechten, die vor genau 750 Jahren zur ersten urkundlich­en Nennung des Ortes Oberliezhe­im führte. Wernher von Höchstädt, damals als Wernherus de Höchsteten bezeichnet, übergab in einer am 17. April 1269 ausgestell­ten Urkunde alle seine Güter mit den dazugehöri­gen Rechten „zu dauerndem Besitz“an das Kloster Kaisheim, um sich damit seiner Schulden zu entledigen. Somit können die Oberliezhe­imer im Jahre 2019 die eine oder andere Festivität planen, um eine 750-Jahr-Feier gebührend zu begehen.

Gemeindera­t Peter Sporer, Kirchenpfl­eger Hermann Nippert und Pastoralra­tsvorsitze­nder Gerd Broersen machen sich diesbezügl­ich be- seit einiger Zeit Gedanken, nehmen dabei aber weitere Unterstütz­ung gerne an. Angedacht sind bislang zwei historisch­e Vorträge, ein Festwochen­ende und sogar ein Theaterstü­ck, nachdem man mit Leo Veh einen versierten Verfasser von Theaterstü­cken in den eigenen Reihen hat.

Die historisch­en Zeugnisse in und um Oberliezhe­im reichen allerdings weiter zurück als bis in das 13. Jahrhunder­t. Funde aus der Hallstattu­nd der Römerzeit belegen die Anwesenhei­t von Siedlern in den Jahrhunder­ten vor und nach Christi Geburt. Die Ortschaft selbst, mit einer Höhe von rund 530 Metern über dem Meer eine der höchstgele­genen im Landkreis Dillingen, ist eine alemannisc­he Gründung aus der Zeit nach der Völkerwand­erung. Die Ortsnennun­g als „Ödenliedes­heim“ in jener Urkunde vom 17. April 1269 könnte darauf hindeuten, dass es hier oben auf der Alb zwischen Donau- und Kesseltal eine Vorgängers­iedlung gegeben haben könnte, die aus unbekannte­n Gründen verschwand und dann – wohl von Unterliezh­eim aus – neu gegründet wurde. Vermutlich bestand in diesem Ödenliedes­heim auch schon im 13. Jahrhunder­t eine eigene Pfarrei.

Die weltliche Herrschaft jedenfalls trat Wernher von Höchstädt mit der besagten Urkunde an das Kloster Kaisheim ab. Er übergab die jährlichen Nutzungen, die ihm aufgrund seines Vogteirech­tes am Widemshof und am Maierhof seines Bruders Haeinricus sowie an den Besitzgüte­rn am Hungerberg zustanden, dem etwa eine halbe Tagesreise zu Fuß entfernten Kloster „zu ewigem Besitz“. Diese dauerreits hafte Besitzüber­eignung wurde in der Urkunde unter anderem bezeugt durch Adlige aus Thurneck, Altheim, Sonderheim, Mörslingen, Blindheim und Knöringen.

In den nachfolgen­den Jahrhunder­ten prägte die herrschaft­liche Teilung des Ortes das Dorf, das ab dem 15. Jahrhunder­t aufgrund der Höhenlage und als Unterschei­dung zum benachbart­en Unterliezh­eim meist als „Oberliezhe­im“, manchmal auch als „Hinterliez­heim“in schriftlic­hen Überliefer­ungen auftaucht. Mitten durch den Ort und sogar mitten durch die einstige Dorfwirtsc­haft verlief in früheren Zeiten der „Rennweg“, der Höhenweg entlang der Wassersche­ide zwischen dem Donautal und dem Kesseltal. Der sagenumwob­ene Rennweg bildete die Grenze zwischen der Grafschaft Oettingen einerseits und dem Herzogtum Pfalz-Neuburg anderersei­ts. Man erzählt bis heute, dass in alter Zeit die Wirtshausb­esucher, wenn eine Polizeistr­eife von einer der beiden Obrigkeite­n zur Kontrolle kam, die Gäste einfach vom betreffend­en Teil der Gaststätte in den anderen wechselten, in dem die Polizei nicht handlungsb­efugt war.

Während der südliche Teil Oberliezhe­ims bereits seit dem Spätmittel­alter bayerisch war, gelangte der nördliche Teil erst im Jahre 1806 zu Bayern. Sechs Häuser unterstand­en sogar noch bis 1851 dem oettingisc­hen Oberamt Bissingen und wurden erst 1851 dem Landgerich­t Höchstädt zugeteilt. Aus Oberliezhe­im stammte als berühmtest­er Sohn des Ortes der Feuerwerke­r und Ballonfahr­er Johann Georg Stuwer. Hier am 2. August 1732 geboren, erlangte er als Feuerwerks­künstler in Wien hohes Ansehen. Er führte auch 1784 den ersten bemannten Ballonaufs­tieg im damaligen Kaiserreic­h Österreich-Ungarn durch und gilt damit als europäisch­er Luftfahrtp­ionier, nach dem in Wien ein ganzes Stadtviert­el, das Stuwer-Viertel nahe der Donau, benannt ist.

Bleibende Verdienste um die Erforschun­g der Ortsgeschi­chte Oberund Unterliezh­eims erwarben sich der Ortspfarre­r beider Orte, Joseph Bartl, der diese von 1940 bis 1978 betreute und jeweils eine ausführlic­he Ortschroni­k verfasste, sowie Alois Zengerle, der sich ebenfalls über Jahrzehnte hinweg der Erforschun­g der Historie der beiden „Liezheims“widmete und der dafür sorgte, dass die Ortschroni­ken auch in Schriftfor­m erhältlich waren.

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Fotos/Repro: Helmut Herreiner Ansicht des Dorfes Oberliezhe­im auf den südlichen Anhöhen des Kesseltals.
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