Für den Wiederaufbau in der syrischen Heimat
Modellprojekt Wie junge Syrer sich in Deutschland das Rüstzeug holen sollen, um im Nahen Osten nach einer Befriedung neue Strukturen zu schaffen. Bundesweites Treffen in Donauwörth
Junge Syrer holen sich im Landratsamt das Rüstzeug, um später einmal in ihrer Heimat eine Verwaltung aufbauen zu können.
Donauwörth Was die Zukunft für ihn bringt, kann Hane Moshmosh nicht voraussehen. Eigentlich will er auch nicht zu weit nach vorne blicken – „denn man weiß nicht, was kommen wird“. Der Syrer ist gerade dabei, in Deutschland Fuß zu fassen. Dass er mit seiner Qualifikation „später einmal“mithelfen könne, in seinem Heimatland nach einer möglichen Befriedung funktionierende kommunale Strukturen aufzubauen, sei eine gute Perspektive. Der 22-Jährige hofft darauf, hat aber gelernt, „erst einmal im Moment zu leben“.
Hane Moshmosh ist einer von 25 syrischen Flüchtlingen, die sich im Landratsamt Donau-Ries zu einem bundesweiten Erfahrungsaustausch trafen. Sie sind Praktikanten in deutschen Kommunalverwaltungen. Moshmosh absolviert sein Praktikum gemeinsam mit drei Landsleuten am Landratsamt Donau-Ries. Von dort ist er aber für ein halbes Jahr für die Stadt Nördlingen abgestellt. „Ich bin sehr froh, diese Chance bekommen zu haben“, sagt er. Erst seit drei Jahren ist er in Deutschland, nachdem er sein Wirtschaftsstudium an der Universität Damaskus abgebrochen hatte und über die Türkei geflüchtet war. Ein Jahr hat er in der Türkei in einer Bettenfabrik gearbeitet, um schließlich über die griechische Insel Chios nach Deutschland zu kommen.
Die deutsche Sprache war für Moshmosh wie die anderen Syrer, die für das Projekt von sieben Modellkommunen in Deutschland berücksichtigt wurden, der Schlüssel zum Weiterkommen. In der Stadt Nördlingen habe er die verschiedensten Abteilungen kennengelernt: vom Ordnungsamt über Lie- genschaften bis hin zur Kämmerei. Nun hofft der junge Mann, eine Ausbildungsstelle zum Verwaltungsfachwirt zu erhalten.
Der Landkreis Donau-Ries ist Teil des Projekts „zur Qualifizierung von syrischen Geflüchteten in deutschen Kommunalverwaltungen“, so der offizielle Titel der Initiative „Know-how für Nahost“, initiiert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Natürlich brennt Moshmosh wie die anderen Syrer, die am zweitägigen Erfahrungstaustausch teilnehmen, geradezu darauf, seine Fähigkeiten einzusetzen. Um seinem Ziel näherzukommen, wäre die Aufgabe in einer Verwaltung „eine große Möglichkeit“.
Ziel der Aktion sei es, wie Landrat Stefan Rößle und Jennifer Ichikawa von „Engagement Global“gleichermaßen betonten, dass man die Syrer professionell begleiten und ihnen das Rüstzeug geben wolle, um sie für die Zeit vorzubereiten, wenn sie in ihre Heimat zurückkehren. Der Landkreis Donau-Ries sei stolz, mit Darmstadt, Maintal, Gießen, Beverstedt, Krefeld und Hameln-Pyrmont zum Modellprojekt zu gehören.
Wie viele der Praktikanten damit liebäugeln, ließ sich an den Reaktionen nicht abschätzen. Voraussetzung sei aber – das wurde in mehreren Äußerungen deutlich –, dass das derzeitige Regime nicht mehr an der Macht sei. Die größte Erfahrung für einen Syrer, der bei der Stadt Darmstadt Einblick in die Verwaltungen in Deutschland erhält: „Hier ist es möglich, frei zu sprechen und nichts befürchten zu müssen.“
Für alle ist es eine neue Erfahrung, ein ihnen bislang unbekanntes System zu erlernen.