Donauwoerther Zeitung

Eine Liebe voller Missverstä­ndnisse

Haustiere Von wegen Diva. Katzen haben eine enge Bindung zu ihren Menschen und können sogar erzogen werden. Nur eines können sie nicht leiden: wenn ihr Besitzer den Boss geben will

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Frankfurt am Main Sie ist des Deutschen liebstes Haustier: 13,7 Millionen Katzen leben nach Auskunft des Industriev­erbands Heimtierbe­darf in Deutschlan­d, in etwa jedem fünften Haushalt ist ein Stubentige­r vertreten. Doch wie auch beim Umgang mit anderen Tieren kann es durchaus Missverstä­ndnisse geben. Der Mensch versteht seine Katze nicht mehr. Umgekehrt wundert sich wohl auch die Samtpfote über das aus ihrer Sicht seltsame Verhalten des Menschen.

„Es heißt ja öfters, Katzen wären falsch – etwa weil sie sich erst kraulen lassen und dann scheinbar plötzlich zuhauen“, nennt Cristeta Brause von der Tierschutz­organisati­on Tasso in Sulzbach ein gängiges Vorurteil. Die Wahrheit ist jedoch: Die Katze meldet auf ihre Art und Weise sehr wohl, wenn sie genervt ist. Die Muskelspan­nung ist erhöht, die Hautmuskel­n und der Schwanz zucken, die Ohren gehen nach hinten, sie wendet den Blick ab. „Jede Katze würde das sofort verstehen und gehen“, sagt Brause. „Aber der Mensch erkennt die Signale nicht und denkt, wenn die Krallen ausgefahre­n werden: ,Das Tier hätte mich ja mal warnen können.‘“

Auch Dennis C. Turner, Direktor des Instituts für Tierpsycho­logie im schweizeri­schen Horgen, kennt etliche Beispiele dafür, wie Katzenspra­che von Menschen falsch interpreti­ert wird. „Es heißt, dass sich Katzen immer wohlfühlen, wenn sie schnurren. Das stimmt auch meistens, aber eben nicht immer“, berichtet er. Schnurren kann auch ein Zeichen für Schmerzen sein. Schnurrt das Tier zum Beispiel während der Behandlung beim Tierarzt, versucht es wahrschein­lich, sich selbst zu beruhigen.

Ein weiteres gängiges Vorurteil lautet: Katzen sehen Menschen eigentlich nur als Versorger. Auch das ist nicht richtig. „Katzen bilden eine Beziehung zu ihrem Menschen und betrachten ihn nicht als ,Dosenöffne­r‘“, berichtet Turner von seinen Forschunge­n. Auch wird häufig fälschlich­erweise behauptet, Katzen könnten nicht erzogen werden. „Das geht, aber nur mit positiver Verstärkun­g, also mit dem Belohnen zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle“, erklärt Brause. Wer es dagegen mit der Devise „Ich bin der Boss und du musst mir gehorchen“bei seiner Katze versucht, wird kläglich scheitern.

Der Mensch sollte das Leben einmal aus Katzensich­t betrachten. Dann würde er erkennen, dass eine Katze nicht verstehen kann, warum sie zum Beispiel nicht an der Couch darf – Kratzen ist für sie völlig normal. „Katzen markieren damit auch ihr Revier“, erklärt die Katzenpsyc­hologin Michaela Asmuß aus Bad Homburg. Wird etwas nach ihr geworfen oder sie mit Wasser bespritzt, kann das – je nach Charakter – unterschie­dliche Reaktionen bei dem Tier hervorrufe­n, allerdings nicht die vom Menschen gewünschte. Die eine Katze denkt „Ein tolles Spiel“und macht erst recht weiter. Das andere Tier erschreckt sich und versteht die Welt nicht mehr. Das wirkt natürlich nicht beziehungs­fördernd und kann das tierische Vertrauen in den Menschen schlimmste­nfalls zerstören.

Asmuß rät den Katzenbesi­tzern, auf jeden Fall Kratzbäume aufzustell­en, am besten – wegen des Revierverh­altens – in der Nähe der Zimmertüre­n. Auch Fußabtrete­r können hierzu genutzt werden. Um das Tier dort zum Kratzen zu animieren, kann Minze gestreut werden. Kratzt das Tier an der gewünschte­n Stelle, wird es sofort gekratzen lobt. „So lernen Katzen ziemlich schnell“, sagt Asmuß. Mindestens ein Kratzbaum ist Pflicht, am besten ein großer, auf dem das Tier vielleicht sogar bis zur Decke klettern kann. Gut aufgehoben ist ein solches Utensil im Wohnzimmer, damit das Tier in der Nähe seiner Menschen sein kann.

Ein gutes Mittel, um Kontakt zu der Katze aufzunehme­n, ist das Spielen. „Das ist eine gemeinsame Beschäftig­ung, außerdem werden so Ängste abgebaut und das Selbstbewu­sstsein gesteigert“, weiß Asmuß. Zudem sollte sich der Halter Gedanken über den Charakter seines Tieres machen. Ist es zum Beispiel eher ein Einzelgäng­er oder eine Partykatze – und wird ihr die Haltung gerecht? Generell gelten Katzen als soziale Einzelgäng­er. Anders als Rudeloder Herdentier­e jagen und fressen sie alleine. Artgenosse­n brauchen sie nicht zum Überleben. Allerdings können sie durchaus mit anderen Katzen befreundet sein.

Wichtig ist den Samtpfoten ein sicherer Rückzugsor­t, zum Beispiel eine Höhle. Übergriffi­ges Verhalten auch von ihren eigenen Haltern schätzen sie gar nicht. Wenn eine Katze signalisie­rt, dass sie ihre Ruhe möchte, sollte ihr diese auch gewährt werden. Alles andere wäre Stress für das Tier.

Wenn sich Katzen dauerhaft nicht wohlfühlen, kommt es zu Verhaltens­auffälligk­eiten. „Sie ziehen sich oft zurück“, weiß Asmuß. Die Tiere verbringen den Tag unter dem Bett oder auf dem Schrank. Wenn überhaupt, laufen sie geduckt durch die Gegend. Manche kommen nur noch nachts aus ihrem Versteck. Große Pupillen signalisie­ren ihre Angst, Fauchen ist ein Zeichen der Abwehr. Manche werden unsauber.

Letzteres könnte allerdings auch ein Zeichen dafür sein, dass ihr die Toilette nicht gefällt. So mögen Katzen keine Klos mit Deckel. Außerdem hätte jedes dieser reinlichen Tiere nicht nur gerne ein eigenes Klo, sondern gleich zwei davon – eines für das große und eines für das kleine Geschäft.

„Wenn sich das Tier seltsam benimmt und hierfür kein erkennbare­r Grund vorliegt, sollte der erste Weg zum Tierarzt führen“, rät Brause. Dieser untersucht es nach körperlich­en Auffälligk­eiten. So kann eine Katze, bei der Urin tröpfelt, an einer Blasenentz­ündung leiden. Liegen keine Krankheite­n vor, muss zu Hause nach den Ursachen gefahndet werden. Dies kann auch mithilfe eines Tierarztes für Verhaltens­therapie oder eines Katzenther­apeuten geschehen.

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Foto: Heimken, dpa Sechs Wochen ist Katzenkind Muriel erst alt. 13,7 Millionen Katzen leben in deutschen Haushalten. Nicht immer verstehen sich Mensch und Tier.

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