Die lange Reise der Bio-Lebensmittel
Handel Warum Öko-Waren zu einem großen Teil aus dem Ausland kommen
Nürnberg Wenn Supermärkte oder Discounter für Bio-Waren werben, dann sieht das meist ähnlich aus. Die Werbung zeigt zufriedene Bauern, grüne Wiesen und wohlgenährte Tiere. Bio-Lebensmittel, so die Botschaft, sind Produkte für das gute Gewissen: gesünder, umweltfreundlicher und auch: regionaler. Nach Angaben des „Ökobarometers“aus dem Landwirtschaftsministerium kaufen 87 Prozent der Befragten Naturkost, weil sie Bio-Betriebe vor Ort unterstützen wollen. Das ist aber häufig nur Wunschdenken. Denn aus der Region stammen ökologisch angebaute Lebensmittel oft nicht, meist kommen sie nicht einmal aus eigenen Land.
Ein großer Teil der in Deutschland verkauften Bio-Waren wird importiert. Dabei handelt es sich nicht nur um Südfrüchte wie Bananen, Orangen oder Mangos. Nach einer Schätzung der Agrar-MarktInformationsgesellschaft, kurz AMI, stammen auch jede dritte BioKartoffel und 28 Prozent aller ÖkoApfel aus dem Ausland, bei Karotten sind es 41 Prozent, selbst BioMilch wird zu mehr als einem Drittel eingeführt. 80 Prozent aller Tomaten und 90 Prozent aller Paprika werden importiert. Die Kartoffeln kommen dabei oft aus Israel, Ägypten oder Österreich, die Niederlande liefern die meisten Möhren, Zwiebeln und Eier. In Spanien und Italien wird der Großteil der Tomaten und Paprika angebaut. Die Äpfel stammen häufig aus Italien.
Aber wie lässt es sich erklären, dass die vermeintlich heimischen Bio-Lebensmittel oft eine kleine Weltreise hinter sich haben? Die Antwort ist einfach: Die Branche stolpert über ihren eigenen Erfolg. Denn das Geschäft mit Naturkost boomt. Zuletzt lag der Umsatz nach Angaben des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft bei fast elf Milliarden Euro. Die heimischen Anbauflächen wachsen allerdings nicht schnell genug, um die Nachfrage zu befriedigen. Das hat vor allem zwei Gründe: Viele Betriebe sind nach AMI-Angaben bereits an den Kapazitätsgrenzen, neue BioBauern kommen nicht schnell genug nach.
Glaubt man den großen ÖkoVerbänden, dann liegt das vor allem an der Agrarpolitik der Bundesregierung, die die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft lange unnötig schwer gemacht habe. Für Britta Klein hat das Problem allerdings mehr Facetten. Die Wissenschaftsredakteurin der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung glaubt, dass eine Entscheidung für die Bio-Landwirtschaft nicht immer einfach ist. „Viele Bauern sich lange schwergetan haben, zum Bio-Landwirt zu werden“, sagt sie. Zu groß seien die Vorurteile gewesen, zu groß die Angst, letztlich mit dem neuen Konzept zu scheitern. Erst jetzt würden viele sehen, wie erfolgreich viele ihrer Bio-Kollegen seien, und nach und nach umstellen.
Mittlerweile lässt sich an den Importzahlen denn auch ein Trend in die andere Richtung ablesen: Bei vielen Produkten geht die eingeführte Menge langsam zurück, gleichzeitig klettert die Zahl der im Land produzierten Bio-Artikel nach oben. So wuchs allein die Menge deutscher Bio-Milch im vergangenen Jahr außergewöhnlich stark – um ganze 20 Prozent.