Warum Lachen ansteckend und gesund ist
Psychologie Lachen hilft gegen Stress, löst Glücksmomente aus und springt auf andere Menschen über. Es kann sogar monatelange Lachepidemien auslösen. Forscher ergründen, ob Lachen wirklich eine Medizin ist und wie es bei uns wirkt
Ein falsches, gespieltes Lachen erkennen die allermeisten Menschen sofort. Unbewusst verraten die Augen es sofort, wenn das dynamische Funkeln oder die richtige Blickrichtung fehlt. Der offene Mund oder das Spiel über ein Dutzend Gesichtsmuskeln nicht die richtige Sprache sprechen. Ein echtes Lachen steckt dagegen fast immer an. Was aber beim Mitlachen nun im Detail im Gehirn abläuft, ist immer noch nicht bis ins letzte Detail erforscht. Fest steht aber, dass es sogenannte „Spiegelneuronen“gibt, die aktiv sind, wenn wir sehen oder hören, wie andere Menschen lachen. Dabei sind diese Nervenzellen auch dann aktiv, wenn wir selber lachen. Einige Experten sind der Ansicht, dass sich das Lachen der anderen in unserem Gehirn so nicht nur im wahrsten Sinne des Wortes widerspiegelt, sondern dass wir auf diese Art und Weise auch wieder angeregt werden, selbst mitzulachen.
Der Psychologe Richard Wiseman von der britischen Universität Hertfordshire geht davon aus, dass dieses automatische und unbewusste Spiegeln und Kopieren des Lachens und anderer Gefühlsäußerungen im Alltag dabei hilft, festzustellen, was andere empfinden. Dadurch fällt es leichter, uns in deren Lage zu versetzen und mit ihnen zu kommunizieren. „Das ist wichtig für den sozialen Zusammenhalt“, erklärt Wiseman. „Wenn in einer Gruppe von Menschen eine Person lächelt und die anderen den Gesichtsausdruck dieser Person nachahmen, werden alle heiterer.“
Die amerikanischen Psychologen Verlin Hinsz und Judith Tomhave haben dazu mit ihrem Team ein interessantes Experiment durchgeführt. Der Versuchsaufbau war ganz simpel: In einem Supermarkt lächelte einer der Forscher einige der zufällig vorbeikommenden Passanten an. Aus einem Versteck heraus beobachteten die Wissenschaftler dann genau, wer zurücklächelte und wer nicht. Das Ergebnis: Etwa jeder Zweite erwiderte das Lächeln.
Aber nicht nur leichtes Lächeln oder herzhaftes Lachen wirken mitreißend. Sogar regelrechte Lachkrämpfe können ansteckend sein. Der vielleicht drastischste Fall der Geschichte dürfte wohl die sogenannte Tanganjika-Lachepidemie sein. Am 30. Januar des Jahres 1962 begannen in einer Schule in Kashasha im afrikanischen Tanganjika, dem heutigen Tansania, drei Mädchen zu lachen – und konnten nicht wieder aufhören. Schon bald lachte die Mehrzahl der insgesamt 159 Schüler mit – und konnte ebenfalls nicht wieder aufhören. Die Schulleitung fand das damals gar nicht lustig und sah sich gezwungen, die Schule nach drei Monaten vorübergehend zu schließen, denn die Schüler lachten immer noch.
Nachdem die Schule zwei Monate später wiedereröffnet wurde, begann das Ganze von vorn. Dieses Mal waren mehrere dutzend Schüler betroffen. Ende Juni musste die Schule abermals geschlossen werden, da das kollektive Lachen einfach kein Ende nahm. Damit war das Problem allerdings keineswegs gelöst, denn zu Hause angekommen, wurde fröhlich weitergelacht. Auch in den Heimatorten der Schüler verbreitete sich die seltsame Lachepidemie nun. Hunderte Menschen lachten mit, bis schließlich die gesamte Region von den Lachanfällen angesteckt wurde.
Die einzelnen Lachattacken führten zu regelrechten Lachkrämpfen, mit Atemproblemen, Ohnmachtsgefühlen, Schmerzen und sogar Gewaltausbrüchen einhergingen. Die Betroffenen konnten einfach nicht wieder aufhören zu lachen, und zwar über Stunden und Tage hinweg nicht. Nach kurzen Pausen begann sofort alles wieder von vorn. Nach Monaten kam die seltsame Lachepidemie von selbst zum Erliegen. Doch die Experten fanden zunächst nichts, was für das ansteckende Lachen verantwortlich gewesen sein könnte.
Der amerikanische Linguist Christian F. Hempelmann erforschte das Ereignis und kommt in seiner Untersuchung 2007 zu dem Schluss, dass es sich um eine stressinduzierte Massenhysterie gehandelt haben muss: „Das Lachen war ein typisches Symptom.“Hempelmann verwies dabei nicht nur auf individuellen Stress der Internatskinder, sondern weiterer Teile des Landes: Es erlangte erst einen Monat vor der Lachepidemie die Unabhängigkeit und war von politischer Instabilität, Malaria und Armut erschüttert.
Tatsächlich liefern immer Studien wissenschaftliche Belege, dass Lachen tatsächlich eine Art „Medizin“gegen Stress ist. Vom griechischen Wort für Lachen – gelos –abgeleitet, nennt sich das relativ junge wissenschaftliche Fachgebiet der Lachforschung Gelotologie und untersucht die Auswirkungen des Lachens auf die körperliche und psychische Gesundheit. Und tatsächlich: Je länger und je öfter man lacht, umso intensiver lassen sich heilsame Effekte feststellen. Wer diese nutzen will, sollte bewusst Reize suchen, die zum Lachen anregen.
Es gibt Anregungen durch eine positive Grundstimmung etwa bei romantischen Gesprächen frisch Verliebter, im Urlaub oder bei schönen Erinnerungen. Dann gibt es Auslöser durch Witze, Bemerkungen oder Situationskomik. Die Experten sprechen von „kognitiven Anregungen“sowie von „motorischen Anredie gungen“durch Kitzeln. Beide verbindet der Überraschungseffekt als nötiges „Kontrasterlebnis“.
Insgesamt sind beim Lachen bis zu 135 Muskeln im ganzen Körper beteiligt, von der Gesichtsmuskulatur bis zur Atemmuskulatur. Es wird deutlich tiefer geatmet als sonst. Die Körperzellen werden mit mehr Sauerstoff versorgt und die Bronchien durchlüftet, Verbrennungsvorgänge befördert, Muskeln entspannt sowie Herz und Kreislauf angeregt, wie es der Pionier der deutschen Lachforschung, der Psychoanalytiker Michael Titze beschreibt. Eine Minute Lachen gilt dabei den Experten zufolge als so erfrischend wie 45 Minuten Entspannungstraining. Es hilft damit hervorragend zum Abbau von negativem Stress in Alltag und Beruf.
Da beim Lachen verstärkt das stimmungsaufhellende Hormon Serotonin ausgeschüttet wird, empfinden es die meisten Menschen als besonderes Glücksgefühl. Zudem bremst das Gehirn beim Lachen die Produktion von Stresshormonen wie Adrenalin und Kortison. Damit werden Anspannung und Stress wie
Eine Minute Lachen ist so gut wie 45 Minuten Entspannen
durch ein Ventil abgelassen und das Lachen als ein Gefühl der Befreiung empfunden.
Untersuchungen aus den USA deuten darauf hin, dass Lachen auch die Immunabwehr stärkt: Es aktiviert offenbar körpereigene Mechanismen wie T-Lymphozyten, die bei der Abwehr von Krebs von Bedeutung sind, sowie Gamma-Interferon, das der Zellabwehr gegen Viren und Bakterien helfen soll. Aber auch wenn die letzten wissenschaftlichen Beweise dafür fehlen, ob Lachen tatsächlich eine „Medizin“ist, die positive psychologische Wirkung steht außer Frage. Zwar gibt es Hinweise, dass auch Gene für die Lach-Neigungen eine Rolle spielen. Doch das Lachen kann ein Mensch nicht verlieren – eher schon verlernen oder abtrainieren.
Bereits zwischen dem zweiten und sechsten Monat beginnen Kleinkinder damit, ihre Freude etwa über das Wiedererkennen eines bekannten Gesichts bewusst durch hochgezogene Mundwinkel oder glucksende Lachlaute auszudrücken. Auch ältere Kinder lachen laut der Forschung der Gelotologen am Tag rund 400 mal. Ein Erwachsener schafft es dagegen im Durchschnitt gerade mal noch auf 15 bis 20 Lacher am Tag.