Donauwoerther Zeitung

Was die Reform des Urheberrec­hts bedeutet

Internet Die EU stärkt die Verlage und erlegt Internet-Giganten wie Google neue Regeln auf

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Straßburg Die EU bekommt ein neues Urheberrec­ht. Monatelang wurde heftig darum gestritten – bis sich Unterhändl­er der EU-Staaten und des Europaparl­aments am Mittwochab­end vorläufig auf eine Reform einigten, inklusive Leistungss­chutzrecht für Presseverl­eger.

Worum geht es in der Reform?

Die Urheberrec­htsreform soll an das digitale Zeitalter angepasst werden. Bisher ist es so, dass Zeitungsve­rlage, Autoren, Plattenfir­men und andere Rechte-Inhaber unter teils großem Aufwand Inhalte erstellen, die online verbreitet werden – verdienen daran mitunter aber wenig. Internet-Giganten wie Google hingegen verdienen sehr viel mit diesen fremden Inhalten. „Ich möchte, dass Journalist­en, Verleger und sonstige Urheber eine faire Vergütung für ihre Arbeit erhalten“, sagte EUKommissi­onschef Jean-Claude Juncker. Neben der Einführung des Leistungss­chutzrecht­s nimmt die Einigung in Artikel 13 auch Plattforme­n wie Youtube stärker in die Pflicht. Sie müssen künftig alles ihnen Mögliche tun, um Urheberrec­htsverletz­ungen zu verhindern.

Wie sieht die Einigung nun aus?

Zum einen sollen Zeitungsve­rlage und Autoren mehr für ihre Inhalte bekommen. Suchmaschi­nen wie Google dürfen nicht mehr ohne Weiteres kleine Artikel-Ausschnitt­e in ihren Suchergebn­issen oder bei Google News anzeigen. Vielmehr sollen sie die Verlage um Erlaubnis bitten und gegebenenf­alls dafür zahlen. Zum anderen werden Plattforme­n wie Youtube nach Artikel 13 stärker in die Pflicht genommen. Geschützte Werke müssen lizenziert werden, bevor sie auf den Plattforme­n landen – oder dürfen nicht hochgelade­n werden. Ausgenomme­n sind Firmen, die drei Kriterien erfüllen: Sie müssen jünger als drei Jahre sein, dürfen einen Jahresumsa­tz von maximal zehn Millionen Euro und weniger als fünf Millionen Nutzer im Monat haben. In der Realität betrifft das nur wenige Plattforme­n. Das Parlament hatte eigentlich Ausnahmen für alle Unternehme­n mit einem Jahresumsa­tz von bis zu 20 Millionen Euro gefordert. Das soll vor allem Start-ups und junge Firmen schützen.

Warum ist das Thema so brisant?

Monatelang gab es heftige Diskussion­en. Lobbyverbä­nde machten Stimmung und warnten vor Zensur, dem Ende des Internets sowie dem Ende der unabhängig­en Presse. Google und Wikipedia sprachen sich öffentlich gegen Teile der Reform aus. Es geht nach Einschätzu­ng der Kritiker um nichts weniger als die des Internets in seiner heutigen Form. Die Einigung berge die Gefahr, „das Internet, wie wir es kennen, ausschließ­lich in die Hände der Technologi­e- und Medienries­en zu legen“, sagte die Piraten-Europapoli­tikerin Julia Reda. Rund fünf Millionen Menschen unterschri­eben eine Petition, die sich gegen Teile der Reform richtet. Von allen Seiten wurde versucht, Einfluss auf das Vorhaben zu nehmen. Google, aber auch Wikipedia und Digitalver­bände stemmten sich dagegen, Presseverl­age, Medienunte­rnehmen und Start-ups sprachen sich vehement dafür aus.

Wie reagieren die Verlage auf die Einführung des Leistungss­chutzes?

Verleger sehen die Einigung als große Chance. „Unsere Redaktione­n leisten die Arbeit, wir tragen die Kosten, die Einnahmen erzielen jedoch die Internet-Plattforme­n über die Werbebudge­ts“, sagt Andreas Scherer, Vorsitzend­er des Verbandes bayerische­r Zeitungsve­rleger und Geschäftsf­ührer der Mediengrup­pe Pressedruc­k. Das sei kein tragfähiZu­kunft ges Geschäftsm­odell für die Verlage und Autoren. „Anders gesagt, für die europäisch­e freie Presse geht es um die Überlebens­fähigkeit“, sagt Scherer. Das Leistungss­chutzrecht schaffe nun einen fairen Ausgleichs­mechanismu­s zwischen Verlagen und Internet-Plattforme­n. „Insgesamt ein riesiger Schritt, um die digitale Zukunft der unabhängig­en Presse zu sichern“, betont Andreas Scherer.

Warum gibt es so starke Kritik an Artikel 13? Was sagen die Kritiker?

Sie warnen, Plattforme­n müssten wegen Artikel 13 Uploadfilt­er einsetzen. Diese sind zwar nicht explizit in der Reform erwähnt. Allerdings müssen die Unternehme­n alles ihnen Mögliche tun, um Urheberrec­htsverstöß­e zu verhindern. Kritiker aus fast allen Parteien befürchten, dass die Filter auch legale Inhalte wie Parodien oder Zitate blockieren – und so die freie Meinungsäu­ßerung einschränk­en. Die deutsche Digital-Staatsmini­sterin Dorothee Bär (CSU) hatte sich gegen Uploadfilt­er ausgesproc­hen – und auf den Koalitions­vertrag von Union und SPD verwiesen. Darin wird die Verpflicht­ung zu Filtern als „unverhältn­ismäßig“abgelehnt. Axel Voss (CDU), der die Verhandlun­gen für das Parlament führte, betonte hingegen, die Einigung habe „nichts mit „Filtern“zu tun, wie das von manchen Unterstütz­ern rechtsfrei­er Räume im Internet propagiert wird“. Gegner des Leistungss­chutzrecht­s sehen Nachteile für Verlage. Diese seien darauf angewiesen, von Suchmaschi­nen gelistet zu werden, und hätten daher eine schwache Verhandlun­gsposition gegenüber Google & Co. Zudem verweisen sie auf Deutschlan­d: Hier gibt es schon seit 2013 ein Leistungss­chutzrecht – doch es führt nicht zu nennenswer­ten Geldzahlun­gen an die Verlage.

Ist damit das letzte Wort gesprochen?

Nicht ganz. Die Einigung muss noch vom Parlament und den EU-Staaten bestätigt werden. Normalerwe­ise ist das reine Formsache. Die Copyright-Reform erhitzt die Gemüter aber besonders – vor allem im Parlament ist mit Widerstand zu rechnen. Denn das wollte bei Artikel 13 eine großzügige­re Ausnahme. Wenn das Plenum sich dagegenste­llt, scheitert die Reform doch noch. Gegner des Vorhabens haben schon angekündig­t, am 23. März in ganz Deutschlan­d gegen das Vorhaben auf die Straße zu gehen. Google will die Richtlinie nach eigenen Angaben nun eingehend im Detail analysiere­n und dann über die nächsten Schritte entscheide­n. Das werde aber „einige Zeit dauern“.

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Foto: Lukas Schulze Seit Jahren ringen Verlage und Internet-Plattforme­n wie Google um den fairen Umgang mit Inhalten. Nun greift die EU durch.

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