Donauwoerther Zeitung

Dieser Arbeitspro­zess könnte Symbolkraf­t bekommen

Gericht Eine Frau ist seit 1985 im AKW Gundremmin­gen tätig. Statt bei einer Fremdfirma will sie dort angestellt werden

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

München/Gundremmin­gen Seit 1985 ist eine Frau im Atomkraftw­erk (AKW) Gundremmin­gen im Bereich der technische­n Dokumentat­ion tätig. Doch sie ist nicht beim Betreiber, sondern bei einer Fremdfirma angestellt. Da sie fürchtet, dass ihr mit der Abschaltun­g des letzten Blocks Ende 2021 die Kündigung droht, will sie direkt bei der Kernkraftw­erk Gundremmin­gen GmbH, kurz KGG, angestellt werden. Damit möchte sie von der Altersvers­orgung profitiere­n, die ihre dort beschäftig­ten Kollegen erhalten. Der Betreiber lehnt das ab.

Da ihre Stelle neu ausgeschri­eben wurde, reifte in der Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung genannt haben möchte, der Entschluss zu einer Klage. Die Neu-Ulmer Kammer des Arbeitsger­ichts Augsburg hatte diese jedoch im vergangene­n Sommer abgewiesen, weshalb sich jetzt das Landesarbe­itsgericht in München in der nächsten Instanz mit diesem Fall beschäftig­te.

Die 55-Jährige möchte zwar auch ein Jubiläumsg­eld für 25 Jahre Betriebszu­gehörigkei­t von gut 9500 Euro plus Zinsen und eine Jubiläumsu­hr haben, für die der Kraftwerks­betreiber auf jeden Fall 400 Euro zahlen soll. Aber in erster Linie dreht es sich darum, dass die Frau mit rückwirken­der Festanstel­lung und somit der betrieblic­hen Altersvers­orgung finanziell abgesicher­t sein möchte – und dass es sich hier um eine unerlaubte Arbeitnehm­erüberlass­ung handele. Die Kraftwerks­betreiber stehen auf dem Standpunkt, dass die Beschäftig­ung auf einem Werkvertra­g fuße und durch die lange Zeit im Betrieb kein Arbeitsver­hältnis entstanden sei.

Ihr waren als eine Art Entschädig­ung 75000 Euro angeboten worden, was sie ablehnt. Die Vorsitzend­e Richterin Karoline Schönleben versuchte dennoch, einen Vergleich zu ermögliche­n, woraufhin die Vertreter des im Kreis Günzburg stehenden Kraftwerks ihr Angebot auf 125000 Euro nachbesser­ten. Eine Festanstel­lung wollen sie aber weiter verhindern. Solche Verfahren habe es hin und wieder gegeben, es sollten aber nicht zu viele werden, meinte der Rechtsanwa­lt. Sollte man sich hier nicht einigen und sollte das Gericht schließlic­h im Sinne der Frau entscheide­n, könnte das durchaus Signalwirk­ung haben, sagt Verdi-Gewerkscha­ftssekretä­r Florian Böhme im Gespräch mit unserer Zeitung. Für ihn ist klar, dass die Arbeitnehm­erüberlass­ungsgesetz­e es weder früher noch heute zuließen, jemanden über solch einen langen Zeitraum im Betrieb zu haben und nicht fest anzustelle­n.

Die Anwältin der Klägerin hielt eine Entschädig­ung von 240000 Euro für überlegens­wert, was der KGG zu viel wäre. Daraufhin schlug die Richterin als Kompromiss 183 000 Euro vor. Beide Seiten können es sich bis Mitte März überlegen. Sollte bereits eine Seite ablehnen, würde das Gericht im April Zeugen hören – und entscheide­n.

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Foto: Weizenegge­r Das AKW Gundremmin­gen ist der Arbeitspla­tz der Klägerin.

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